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„Fast jeder hat bereits zumindest ein Praktikum absolviert“

Staatsanzeiger: Ausgabe 29/2016
Von: Kuhnert, Hannes 

Projekt 7: Waldachtal Kategorie 2

Allen Flüchtlingen sollen in der Schwarzwaldgemeinde Waldachtal (Kreis Freudenstadt) langfristig eine Tätigkeit und eigener Wohnraum ermöglicht werden. Dabei sind dem Freundeskreis Asyl das Miteinander, die Sicherheit und ein guter Umgangston sehr wichtig. WALDACHTAL. In diesen Wochen haben Bürger und Helfer in der 5800 Einwohner zählenden Gemeinde Waldachtal einen Fragebogen zugeschickt bekommen. Der Freundeskreis Asyl möchte wissen, wie die Betreuung der Flüchtlingen besser werden kann. Und es wird gefragt, ob, wo und wie sich weitere Bürger in die Asylarbeit einbringen wollen. Die Auswertung soll nach der Sommerpause vorliegen. „Vielleicht müssen wir dann die Arbeit in unserem Freundeskreis neu strukturieren“, sagt Bürgermeisterin Annick Grassi (parteilos). Dabei läuft es doch bemerkenswert glatt.
Viele Bürger engagieren sich ehrenamtlich für die Flüchtlinge
Frühzeitig, bereits im September 2015, hatte die gerade ein gutes Jahr amtierende 30-jährige Bürgermeisterin mit den beiden Kirchengemeinden die Bürger zu einem Informationsabend geladen. Wenige Wochen zuvor waren die ersten Pakistani in ein altes Pfarrhaus eingezogen. Von den über 100 zum Informationsabend gekommenen Bürgerinnen und Bürger trug sich etwa die Hälfte in Helferlisten ein, eingeteilt in die Bereiche Sprache, Hauswirtschaft, Kleiderkammer, Freizeit/Kultur/Vereine. Man wollte den Flüchtlingen die Chance zur Integration in praktisch allen Lebensbereichen geben. Die Sachbereiche verselbständigten sich, wählten jeweils einen Sprecher, der mit Grassi und den Pfarrern beider Kirchengemeinden, Anton Romer und Markus Arnold, im Lenkungsausschuss sitzt.
85 Flüchtlinge aus vier Nationen leben in der Gemeinde
Allein in der Arbeitsgruppe Sprache mühen sich über 30 ehrenamtliche Sprachlehrer, die inzwischen etwa 85 Flüchtlinge aus vier Nationen in die Geheimnisse der deutschen Sprache einzuweihen. Regelmäßige Begegnungscafés und Begegnungstage, an denen Flüchtlinge ihre Nationalgerichte kochen und backen, überwinden Sprachbarrieren und schlagen neue Brücken, die bis in die Vereine reichen. „Es war einfach toll, was da an einer Riesentafel alles geboten wurde“, erinnert sich Grassi. Die Flüchtlinge, zumeist junge Männer, leben in sechs Häusern in verschiedenen Gemeindeteilen. Für jedes Gebäude gibt es einen ehrenamtlichen Hausansprechpartner, der sich um Einzelprobleme kümmert und dem Lenkungskreis angehört. „Gelegentlich stoßen sie an ihre Grenzen, vor allem dann, wenn es bürokratisch wird, wenn es um Duldung oder Abschiebung geht“, so die Bürgermeisterin. Neue Aufgaben kommen hinzu. Die rund 50 Helferinnen und Helfer waren darauf eingerichtet, Flüchtlinge freundlich zu empfangen und ihnen bei den ersten Schritten in einer neuen Welt behilflich zu sein. Inzwischen aber sind die meisten Asylbewerber schon mehrere Monate in der Gemeinde. Es gilt, ihnen eine eigene Wohnung zu besorgen, Schule und Arbeit zu ermöglichen. Da tut sich in Waldachtal sehr viel. „Die Zahl jener, die den ganzen Tag herumsitzen, ist verschwindend gering. Zumindest ein Praktikum hat inzwischen wohl jeder gemacht“, so Bürgermeisterin Grassi. Sie ist der Agentur für Arbeit sehr dankbar, die Lehrgänge ermöglicht, vor allem aber dem Handwerk und Gewerbe der Region. Es gibt Stellenangebote, es wurden Arbeitsverhältnisse vermittelt. Dieser immer wichtiger werdenden Aufgabe nehmen sich einige engagierte Ehrenamtliche an. Das Begleiten der Flüchtlinge hat bisher kein Geld gekostet. Die Asylarbeit lebt von Geld- und Sachspenden. Der Gemeinderat hat inzwischen die Stelle eines Flüchtlingsbeauftragten ausgeschrieben. Sie wird für drei Jahre zu knapp 60 Prozent vom Land bezuschusst. Ein Flüchtlingsbeauftragter kann jedoch den Einsatz der Ehrenamtlichen nicht ersetzen.

Übersicht der Leuchttürme der Bürgerbeteiligung

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