Artikel als PDF herunterladenArtikel druckenArtikel versenden

Damit der schulische Erfolg nicht von der Herkunft abhängt

Staatsanzeiger: Ausgabe 30/2016
Von: Raab, Harald 

Projekt 9: Mannheim Kategorie 4

Wäre die Schule ein Wirtschaftsbetrieb, würde man von einer Win-win-Situation sprechen: In Mannheim haben Grundschüler und Studierende Tandems gebildet. Die einen sind danach in der Schule erfolgreicher, die anderen machen wichtige Erfahrungen für ihr Studium. Mannheim. „Ich bin mutiger geworden“, sagt die neunjährige Anna mit bewunderndem Augenaufschlag hin zu der jungen Julia Faust an ihrer Seite. Beide sitzen in einem Klassenzimmer in der Astrid-Lindgren-Schule im Mannheimer Stadtteil Hochstätt. Sie haben ein Aufgabenbuch vor sich. Was da wie Nachhilfeunterricht aussieht, ist viel mehr. Anna und Julia Faust, die Latein und Philosophie studiert, bilden eines von 40 Tandems des Projekts Mannheimer Cleverlinge.
Erkundung der Stadt über das eigene Viertel hinaus
Die Mentoren begleiten ihre Schützlinge mindestens ein Jahr und oft länger bei einem individuellen Reifungsprozess. Heranführen an schulische Leistungen ist dabei nur die eine Säule des Konzepts. Auf dem Programm stehen auch Spiel und Erkundung des städtischen Lebensraums über das eigene Viertel hinaus. Es geht darum, den Jungen und Mädchen Selbstbewusstsein zu vermitteln. Sie sollen lernen, sich etwas zuzutrauen. Das merkt man der Drittklässlerin Anna auch an. Sie berichtet stolz: „Wir hatten jetzt einen Mathe-Test. Ich habe ein gutes Gefühl, dass ich dabei nicht schlecht abgeschnitten habe.“ Sie habe ja auch mit Julia dafür geübt. Julia Faust studiert in Heidelberg für das Lehramt an Gymnasien. Weshalb widmet sie pro Woche drei bis vier Stunden der aufgeweckten Anna? Die Studentin sieht darin nicht nur ein Geben: „Meine Arbeit mit Anna hilft mir dabei, Kinder besser zu verstehen. So kann ich mein praktisches pädagogisches Wissen erweitern. Wir lernen ja nicht nur. Wenn ich merke, dass bei Anna die Konzentration nachlässt, gehen wir raus auf einen Spielplatz. Dort kann sie sich auspowern.“ Es sind aber nicht nur Studierende, die als Paten zur Verfügung stehen. „Bei uns engagieren sich auch Berufstätige aus den unterschiedlichsten Bereichen und Senioren, die ihr Wissen weitergeben wollen“, sagt Linn Schöllhorn. Sie ist Geschäftsführerin der bundesweit tätigen Initiative Kinder-Helden. Kinder stark zu machen, ist das Ziel. Neben Vater und Mutter und Lehrern soll eine weitere Bezugsperson ins Leben der Grundschüler und -schülerinnen treten. „50 Prozent der Kinder, die wir betreuen, wachsen bei alleinerziehenden Elternteilen auf. Viele kommen auch aus Familien mit Migrationshintergrund. Die Eltern freuen sich, wenn ihre Kinder Unterstützung im schulischen Bereich über ihre Mentoren erhalten und Einblicke in das deutsche Bildungssystem zusätzlich bekommen. Da ist es gut, wenn ein weiterer Erwachsener da ist, der zuhören und helfen kann.“ Ziel sei es, die Potenziale auszuschöpfen, die jedes Kind auf seine Weise hat. Besonders wenn der Übergang zur weiterführenden Schule ansteht.
Kinder bekommen Mentor, der zu ihnen passt
Mannheimer Cleverlinge ist ein Kooperationsprojekt mit der Stadt Mannheim, Fachbereich Bildung. Sie stellt die Finanzierung für das Projekt sicher und hat auch zwei Schulen ausgesucht, die in den Genuss des Mentorings kommen. Neben der Astrid-Lindgren-Schule ist es die Friedrich-Ebert-Schule im Stadtteil Waldhof. Beide Viertel sind eher isoliert, und die Kinder dort profitieren besonders von der Eins-zu-eins-Betreuung. Pädagogen und Psychologen der Dachorganisation Kinder-Helden wählen die Mentorinnen und Mentoren aus, schulen sie und begleiten deren Arbeit kontinuierlich. Schöllhorn sagt: „Wir achten sehr darauf, dass die Kinder den Mentor, die Mentorin bekommen, der oder die genau zu ihnen passt. Natürlich müssen die Eltern einverstanden sein.“ Das Angebot ist für sie kostenlos. Auf dem Schulhof wird Anna beneidet und hört öfter: „Ich möchte auch einen Mentor haben.“

Übersicht der Leuchttürme der Bürgerbeteiligung

Kontakt

Gerne beantworten wir Ihre Fragen.

Redakteur Staatsanzeiger/Politik & Verwaltung/Leuchttürme
Michael Schwarz
Telefon: 07 11.6 66 01-599
E-Mail senden

Redaktionsassistentin Staatsanzeiger
Doris Kugel
Telefon: 07 11.6 66 01-290
E-Mail senden

Titelbild Staatsanzeiger

Newsletter

Icon Newsletter

Immer informiert zu Themen und Terminen des Staatsanzeigers? Fordern Sie unseren Newsletter an!