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Eigene Haltung zum Thema Sexualität finden

Staatsanzeiger: Ausgabe 32/2016
Von: Mehlin, Beate 

Projekt 14: Freiburg Kategorie 4

Geflüchtete Jugendliche sind auch Heranwachsende mit Fragen zum eigenen Körper, Geschlechterbeziehungen und Sexualität. Das Projekt „Go for“ von Pro Familia Freiburg bietet dafür einen Gesprächsrahmen. Jugendliche können Werte und Haltungen der Herkunfts- wie Ankunftsgesellschaft abwägen und ihre eigene Position finden. FREIBURG. „In muslimisch geprägten Familien wird über Sexualität zwischen den Lebenspartnern gesprochen, gegenüber den Kindern ist das weniger ein Thema“, sagt Katharina Böhmer-Kastens. Sie ist Sozialarbeiterin und Sexualpädagogin bei Pro Familia in Freiburg. „Natürlich ist das milieuabhängig, aber die Erfahrungen hier sind teilweise ein Kulturschock“, sagt Böhmer-Kastens. Die Heranwachsenden erleben einen anderen Umgang mit Körperlichkeit, Ver- und Enthüllung, Sexualität – und zudem die Veränderungen am eigenen Körper, die ebenso Fragen entstehen lassen. Auf diese Situation möchte das Team von Pro Familia in Freiburg, Fachteam Sexuelle Bildung, mit dem Projekt „Go for“ reagieren. Go for ist ein sexualpädagogisches Angebot, das sich vorrangig an Mädchen in Flüchtlingswohnheimen richtet; es , ist aber auch auf Jungen als Zielgruppe abgestimmt.
Konzept beruht auf in Schulklassen schon erprobten Strukturen
Die Sozialpädagogen vor Ort leisten die Vorarbeit und sprechen mit Eltern und Kindern. Wenn sich dabei Gesprächsbedarf zeigt, kommt „Go for“ zu den Jugendlichen. Der Spagat, den die jugendlichen Geflüchtete dabei zu vollziehen haben, ist groß: Sie müssen nämlich die Werte und Erfahrungen aus ihrer Herkunftsgesellschaft und jene aus der Ankunftsgesellschaft für sich abwägen und ihre eigene Position finden. Ziel des Projektes ist es, Körperwissen zu vermitteln, den Zugang zur eigenen Geschlechtlichkeit zu öffnen, über Rechte und Stellung von Frauen in der hiesigen Gesellschaft und über vorhandene Hilfeangebote zu informieren. „Go for“ basiert auf Strukturen und interkulturellen Kompetenzen, die in Schulklassen erprobt sind. Dort hat das Team von Pro Familia mit Kindern mit Migrationshintergrund oder Flüchtlingen gearbeitet. „Die Zugänge sind ganz unterschiedlich“, sagt Böhmer-Kastens. „Die Jugendlichen interessieren sich für das Thema. Wir wollen zeigen, wie das hier funktioniert, was möglich ist, und wir begleiten die Jugendlichen dahin, wohin sie möchten.“ Sexualpädagoge Moritz Kaufmann ergänzt: „Die Fragen sind je nach Alter ganz unterschiedlich. Da geht es von der Beziehungsgestaltung oder vorehelichen Geschlechtsverkehr über viele Fragen zu ,bin ich normal’ bis hin zum Thema Homosexualität.“
Austausch und Dialog sollen jedem ermöglichen, eigenen Weg zu finden
Die kleinen Gruppen, die nach Geschlechtern getrennt zusammenkommen, bieten einen vertraulichen Rahmen, sodass auch intimere Fragen gestellt werden können. „Wir wollen klarmachen, dass man über Sexualität reden darf“, so Böhmer-Kastens. Die Eltern und vor allem Mütter bringen den Gesprächen viel Interesse entgegen, wenn erklärt wird, warum es in Deutschland Aufklärungsunterricht an Schulen gibt und wie er abläuft. „Wir wollen in einen Austausch und Dialog über die Vorstellungen und Werte treten und gezielt Infos geben“, sagt Kaufmann. Sechs Termine von jeweils eineinhalb Stunden Länge werden im Projekt angeboten, welche die Jugendlichen für ihre Fragen nutzen können: „Es ist eine Impulssetzung, um für das Thema zu öffnen“, sagt Böhmer-Kastens dazu. Denn eigentlich, so erläutert ihr Kollege Kaufmann, gehe es darum, „dass sie die Gesellschaft, in der sie sind, kennen und verstehen und ihr eigenes Glück finden“.

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