Artikel als PDF herunterladenArtikel druckenArtikel versenden

Multiplikatoren informieren in Schulfragen

Staatsanzeiger: Ausgabe 34/2016
Von: Geckeler, Markus 

Projekt 17: Tübingen Kategorie 4

Die Stadt Tübingen bildet Multiplikatoren aus, die Eltern beraten. Das Besondere dabei: Die Multiplikatoren haben in der Regel einen Migrationshintergrund und können in ihrer eigenen Sprache beraten, auf Unterschiede im Schulsystem hinweisen und Tipps für die Schullaufbahn der Kinder geben. Tübingen. „Die Schule ist immer noch ein geschlossenes System“. Mihriban Sahin kennt das deutsche Schulsystem bestens. Sie selbst ist über Haupt-, Realschule und Gymnasium an die Uni Tübingen gekommen und hat Sozialwissenschaften studiert. „Meine zwei älteren Schwestern waren meine Multiplikatorinnen“, sagt die 37jährige. Gemeinsam mit ihren Kolleginnen Lâle Tipieser und Dagmar Schön-Luetkens leitet sie das Projekt INET, das interkulturelle Netzwerk Elternbildung Tübingen. Ziel dieses Bündnisses ist es, die Bildungschancen von Kindern mit Zuwanderungsgeschichte zu erhöhen. Die Stadt Tübingen setzt dabei auf einen „Peer to Peer-Ansatz“, das bedeutet, dass insgesamt 95 ausgebildete Multiplikatoren und Multiplikatorinnen mit insgesamt 25 Sprachen aus allen Bereichen der Bevölkerung Eltern in Grundschulen oder auch höheren Schulen in ihren eigenen Sprachen beraten und Tipps für die Schullaufbahn ihrer Kinder geben. Das Projekt wird derzeit an sieben Kooperationsschulen durchgeführt. Die Multiplikatoren und Multiplikatorinnen bieten Veranstaltungen wie „interkulturelle Elterncafés“ oder Themencafés wie „Gesundes Pausenbrot“ an. Sie wurden dafür in acht Einheiten mit jeweils drei Stunden über ein halbes Jahr geschult. Sie engagieren sich verbindlich für eine gewisse Zeit und stehen unter Schweigepflicht.
Multiplikatoren informieren über unterschiedliche Schulsysteme
Die Multiplikatoren Initiative Tübingen ist jedoch lediglich einer von fünf Bausteinen des INET-Projekts. Weitere Maßnahmen sind das Netzwerk Elternbildung, die Initiative „Mütter im Gespräch“, die „Tübinger Talente“ und ab dem kommenden Schuljahr auch eine Maßnahme zur Berufsorientierung in den sogenannten internationalen Vorbereitungsklassen, in denen sich vor allem geflüchtete Jugendliche befinden. Die Multiplikatoren übersetzen nicht nur sprachlich, sondern auch kulturell. „Beispielsweise gibt es das dreigliedrige Schulsystem, wie wir es in Deutschland kennen, nicht in allen Ländern“, sagt Sahin. In der Türkei gebe es ein völlig anderes Schulsystem mit Sekundarstufen und Lycée. Da auch die Schulen meist die unterschiedlichen Schulsysteme nicht kennen, profitieren nicht nur die Eltern, sondern auch die Schulen von der interkulturellen Unterstützung durch die Multiplikatoren. Derzeit sind besonders arabisch sprechende Multiplikatoren gesucht, denn viele Geflüchtete kommen aus dem Mittleren Osten. INET arbeitet deshalb mit Internationalen Vereinen wie beispielsweise dem „Verein für arabische Studierende und Akademiker“ zusammen, um engagierte Menschen zur Mitarbeit zu gewinnen.
Mehrsprachigkeit und Multikulturalität als Plus sehen
Wichtig ist Sahin auch der „Empowerment“-Ansatz: Die Freiwilligen knüpfen durch ihr Engagement vielseitige Kontakte und erweitern ihre sozialen und beruflichen Kompetenzen. „Mehrsprachigkeit, Multikulturalität und Migrationserfahrung sind ein Plus“, stellt Mihriban Sahin klar. Dieses „Talent“ gelte es in der Gesellschaft sichtbar zu machen. „Das Herausstellen eigener Ressourcen führt zu einem gestärkten Umgang mit Schule, Kindern und Eltern – eine Stärke, die an alle Beteiligten weitergegeben wird“, sagt Sahin. Tübingen mit einem Anteil von gut 25 Prozent an Menschen mit Migrationshintergrund will hier Vorbild sein.

Übersicht der Leuchttürme der Bürgerbeteiligung

Kontakt

Gerne beantworten wir Ihre Fragen.

Redakteur Staatsanzeiger/Politik & Verwaltung/Leuchttürme
Michael Schwarz
Telefon: 07 11.6 66 01-599
E-Mail senden

Redaktionsassistentin Staatsanzeiger
Doris Kugel
Telefon: 07 11.6 66 01-290
E-Mail senden

Titelbild Staatsanzeiger

Newsletter

Icon Newsletter

Immer informiert zu Themen und Terminen des Staatsanzeigers? Fordern Sie unseren Newsletter an!