Artikel als PDF herunterladenArtikel druckenArtikel versenden

Drei Geflüchtete bringen Flüchtlingen Deutsch bei

Staatsanzeiger: Ausgabe 40/2016
Von: Kuhnert, Hannes 

Projekt 30: Gaggenau Kategorie 3

Flüchtlinge lernen in Gaggenau auf besondere Weise die ihnen neue deutsche Sprache: Schon früher hierher Geflüchtete bringen ihnen diese bei - teilweise beginnend mit der Alphabetisierung. Vorkenntnisse werden berücksichtigt, die Schnelligkeit des Spracherwerbs ist mitunter staunenswert. Gaggenau. Sprache, so erklärt Ingrid Chaventré, ist das wichtigste Element für Integration und Wohlbefinden – und somit wesentlich fürs Weiterkommen. Die Sozial- und Berufspädagogin hat im badischen Städtchen Gaggenau (Landkreis Rastatt) ehrenamtlich ein interessantes Modell der Selbsthilfe aufgebaut. Drei junge Frauen, selbst Geflüchtete, unterrichten Flüchtlinge mehrmals in der Woche in der deutschen Sprache. Ihr Angebot reicht dabei von der Alphabetisierung bis hin zum Fortgeschrittenenkurs. Annika Weber ist im städtischen Amt für Gesellschaft und Bildung Mitarbeiterin der Koordinierungsstelle Flüchtlinge. Sie betreut die Ehrenamtlichen der Flüchtlingsinitiativen in Gaggenau und kümmert sich mit um die Maßnahmen zur Integration und zur Sprachförderung.
Das Angebot wird vor allem von Frauen genutzt
In diesem ehrenamtlichen Unterrichtsmodell sieht Weber große Chancen sowohl für die “Schüler“ als auch für die „Lehrerinnen“ Suuad Said Azis und Shaima Al-Giraiti. Diese hatte Ingrid Chaventré in ihren Sprachkursen gefunden, ermutigt und motiviert. Es sind vorwiegend Frauen im Alter von 20 bis 60 Jahren, die dieses Sprachangebot nutzen. Es sitzen Syrer neben Irakern, Somalier neben Flüchtlingen aus Togo oder Eritrea. Der Unterricht ist in Leistungsstufen eingeteilt. Zunächst erfolgt die Alphabetisierung, bei der arabische Schriftzeichen behutsam in die lateinische Schrift transferiert werden. Shaima Al-Giraiti, eine Computerspezialistin aus dem Iran, hat vor acht Monaten noch überhaupt kein Deutsch gesprochen, jetzt vermittelt sie ihre erstaunlichen Sprachkenntnisse an Flüchtlinge. Mit ihr zusammen unterrichtet Suaad Said Azis, Mathematiklehrerin aus dem Irak. Beide Frauen bereiten den Unterricht gemeinsam vor, Ingrid Chaventré muss kaum mehr in die Deutschstunde eingreifen. Häufig kümmert sie sich dafür um die Kinder, die die Frauen mitbringen.
Die Sprachschüler verstehen sich als eine große Familie
Der Unterricht ist bedarfsgerecht, das heißt, die Vorkenntnisse der Lernenden werden berücksichtigt. Dabei ist das deutsche ABC ist die Basis – vom Buchstaben zur Silbe, vom Wort zum Satz. Alle freuen sich über die Spracherfolge. Die Klassengröße schwankt, meist besteht eine Klasse aus einem Dutzend Schüler. Der Ton ist herzlich. Man lacht viel, fühlt sich als große Familie, kennt sich und hilft sich: „So viel laut, aber alle verstehen“, schildert Shaima Al-Giraiti lächelnd die Atmosphäre in ihren Unterricht. Erfolge stellen sich mitunter sehr schnell ein. So zum Beispiel bei Elena aus Syrien. Die Mutter von zwei Kindern kam vor gerade einmal drei Monaten als Analphabetin nach Gaggenau, inzwischen kann sie schon lesen und schreiben. Oder die vierjährige Schwester einer Schülerin, die nach jeder Unterrichtsstunde deutsche Worte nachplappert, die ihre große Schwester gerade eben gelernt hat.
Arbeitsstelle oder Ausbildung sollen direkt nach Spracherwerb folgen
Erfolge vermeldet auch Samira Zarei, die vor ihrer Flucht und der Ankunft in Gaggenau bereits sieben Jahre als Deutschlehrerin im Iran gearbeitet hat. Sie unterrichtet Fortgeschrittene in kleinen Gruppen von bis zu fünf Personen. Ihr Ziel dabei ist klar: Ihren Schüler soll möglichst bald eine Arbeitsstelle vermittelt werden, zumindest eine Ausbildung. „Sprache“, seufzt Samira, „ist der wichtigste Baustein zur Integration.“
mehr zum thema
Weitere Informationen zum Projekt finden Sie unter: www.gaggenau.de/gaggenauer- woche.7972.htm

Übersicht der Leuchttürme der Bürgerbeteiligung

Kontakt

Gerne beantworten wir Ihre Fragen.

Redakteur Staatsanzeiger/Politik & Verwaltung/Leuchttürme
Michael Schwarz
Telefon: 07 11.6 66 01-599
E-Mail senden

Redaktionsassistentin Staatsanzeiger
Doris Kugel
Telefon: 07 11.6 66 01-290
E-Mail senden

Titelbild Staatsanzeiger

Newsletter

Icon Newsletter

Immer informiert zu Themen und Terminen des Staatsanzeigers? Fordern Sie unseren Newsletter an!