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Mit Musik für mehr Verständnis werben

Staatsanzeiger: Ausgabe 7/2017
Von: Heiland, Simone 

Projekt 63: Maulburg Kategorie 1

Mit Musik geht alles besser. Davon können die Flüchtlinge in Maulburg wahrlich ein Lied singen. Vier Musikvideos haben sie inzwischen gedreht. Zwei weitere sind in Arbeit. Den Ausschlag für dieses Projekt gab ein Shit-storm auf Facebook, der aus der Bevölkerung kam. Maulburg. „Wir möchten den Flüchtlingen Gelegenheit geben, ihre Erlebnisse in Texten zu verarbeiten“, sagt Sonja Traxel, die Hauptkoordinatorin der Initiative „Maulburg hilft!“. „Wir möchten sie in ihrem Selbstbewusstsein stärken, indem wir ihre eigenen Songs aufnehmen, dazu Amateur-Musikvideos drehen und über Youtube veröffentlichen.“ Auf diese Weise soll die Gesellschaft auf die individuellen Schicksale und zum Teil tragischen Erlebnisse der jungen Leute aufmerksam gemacht werden. Denn die Akzeptanz in der Bevölkerung war ein echtes Problem. Musik aber sei eine Sprache, die jeder versteht. „Es macht Spaß, gemeinsam zu tanzen, und das lenkt die Menschen von ihren aktuellen Problemen ab“, so Sonja Traxel. Dass Tanzen verbindet, merkt man deutlich, wenn in der Gemeinschaftsunterkunft die syrischen Mädchen spontan Hip-Hop-Schritte nachtanzen und orientalische Einflüsse einbringen. Die Flüchtlinge haben meistens viel Zeit – und Langeweile. Sie hören über Handy einen Beat und überlegen sich dann dazu einen Text. „Wir sind überrascht, was dabei herauskommt, und halten es für eine sinnvolle Beschäftigung, das möchten wir fördern. Wenn ein Projekt fertig ist, sind sie unheimlich stolz, wenn sie einen Youtube-Link mit ihren Familien zu Hause teilen können.“
Langes Warten auf Entscheidungen belastet Asylbewerber am meisten
Aktuell befinden sich knapp 120 Flüchtlinge in der Gemeinschaftsunterkunft: Sie stammen aus Syrien, Afghanistan, dem Irak, Gambia und Nigeria. 107 Helfer sind registriert, etwa die Hälfte von ihnen ist regelmäßig aktiv. Jedem Flüchtling stehen gesetzlich 4,5 Quadratmeter zur Verfügung. Es gibt Achter-Parzellen: Holzverschläge mit Etagenbetten aus Metall. Ohne jede Privatsphäre. Einige leben bereits seit mehr als zwölf Monaten in der Gemeinschaftsunterkunft. Die psychische Belastung ist hoch. Das Schlimmste allerdings sei es, dass alles so lange dauere. „Wir sehen es als unsere Aufgabe an, die Hauptamtlichen möglichst effizient zu unterstützen“, meint Sonja Traxel. „Durch Gesetzesänderungen und komplizierte Regelungen ist es sehr schwer, einen Überblick zu bekommen, zumal auch jeder Fall anders ist.“ Ein großes Problem stellt ferner die Wohnungsnot dar. Es fehlt an Wohnungen für Anschlussunterbringungen. Der Bedarf sei zwar erkannt, aber es geschehe nichts. Selbst bei Härtefällen gebe es keine Ausnahmen. Als Beispiel führt die engagierte Koordinatorin nicht genehmigte Familienzusammenführungen an, die trotz des Einsatzes von Bundesministern über die Landesgrenzen hinweg nicht gelängen.
Koordinatorin Traxel hat „von den Flüchtlingen fürs Leben gelernt“
Verlegungswünsche würden selbst bei ernsthaften Erkrankungen selten berücksichtigt. Es gebe Asyl-Ablehnungsbescheide selbst dann, wenn Menschen auf medizinische Hilfe angewiesen seien, Abschiebungen würden trotz Arbeitserlaubnis und bestehendem Arbeitsverhältnis durchgeführt. Die enge Zusammenarbeit der Ehrenamtlichen mit den unterschiedlichsten Charakteren, die sich vorher zumeist nicht kannten, sei herausfordernd. „Noch nie habe ich so viel fürs Leben gelernt wie in den letzten Monaten“, sagt Sonja Traxel. „Uns verbindet Toleranz und Respekt vor den Menschen, die geflüchtet sind.“
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Weitere Informationen zum Projekt in Maulburg finden Sie unter: www.maulburg-hilft.de

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