Landtag sagt europakritischen Parteien den Kampf an

06.11.2013 
Redaktion
 

Stuttgart. Die vier Fraktionen im Landtag sagen den europakritischen Parteien den Kampf an. Vor der Europawahl am 25. Mai kommenden Jahres wollen CDU, Grüne, SPD und FDP die Vorteile und Pluspunkte durch Europa mehr ins Bewusstsein der Baden-Württemberger bringen, um die Chancen von europafeindlichen Parteien und Gruppen zu schmälern.

In der Aussprache über den Bericht der Landesregierung zu aktuellen europapolitischen Themen sagte Europaminister Peter Friedrich (SPD), die Menschen würden immer dann skeptisch reagieren, wenn Europa für sie im Alltag spürbar wird. Bei großen außen- oder wirtschaftspolitischen Themen sei das Interesse dagegen eher gering.

Als gelungenes Beispiel einer sinnvollen europäischen Kooperation bezeichnete Friedrich die Rahmenvereinbarung zur grenzüberschreitenden beruflichen Bildung. Mittlerweile hätten sich 30 Jugendliche aus dem Elsass auf einen Ausbildungsplatz in Deutschland beworben. Auch im Rahmen der Donauraumstrategie und der Arbeitsgemeinschaft „Vier Motoren für Europa“ werbe Baden-Württemberg für das Modell der dualen Ausbildung.

Reinhart sieht Europa als „große Chance, aber auch als große Herausforderung“

Wolfgang Reinhart (CDU) befürchtet, dass die europaskeptischen Parteien bei der Wahl 2014 Erfolge feiern. Deshalb erwartet er „mehr Weitsicht und Zukunft“ aus Brüssel und Straßburg. Es müsse eine größere Akzeptanz für die europäischen Ideen geben. Positiv bewertete Reinhart, dass bei den derzeitigen Koalitionsverhandlungen über eine neue Bundesregierung in Berlin bei CDU und SPD  auch Europapolitiker mit am Tisch sitzen. „Diese Ansicht teilen wir“, sagte er in Bezug auf die Feststellung von EU-Kommissionspräsident José Barroso, wonach sich die EU zurücknehmen und nicht alles in Brüssel entscheiden müsse. Reinhart sieht Europa als „große Chance, aber auch als große Herausforderung“.

Nach Aussage von Josef Frey (Grüne) befindet sich Baden-Württemberg auf einem guten europapolitischen Weg. Entscheidend sei, dass am 25. Mai nicht nationalstaatlich, sondern europäisch gewählt werde. Er begrüßte die Aktivität des Landes auf der Ausbildungsebene und forderte außerdem Willkommensrituale für Migranten. „Solidarität muss auch für das Flüchtlingsthema gelten“, sagte Frey. Beim geplanten Handelskommen zwischen den USA und Europa dürfe Afrika nicht zum Verlierer werden. „Wir brauchen kein Flüchtlingsabwehrsystem, sondern ein Flüchtlingsrettungssystem“, betonte der Grünen-Politiker angesichts der Dramatik um die Bootsflüchtlinge im Mittelmeer. Auch Baden-Württemberg müsse die Flüchtlingspolitik forcieren.

Friedrich: EU setzt Bausparkassen nicht mit Hedgefonds gleich

Rita Haller-Haid (SPD) findet es „unerhört“, dass der EU-Rat die Flüchtlingsproblematik auf den nächsten Gipfel in einem halben Jahr verschoben hat. Auch sie will alles tun, um europaskeptische Parteien aus dem EU-Parlament fernzuhalten. Gleichzeitig schlug sie für die SPD einen Schuldentilgungsfonds für die finanziell in Schieflage geratenen Mitgliedsstaaten vor.

Den europäischen Gedanken näher an die Bevölkerung heranbringen will Leopold Grimm (FDP). Der Liberale wünscht sich eine effektivere Bankenaufsicht und eine unabhängige Zentralbank in Europa. Außerdem dürften Förderbanken und Bausparkassen im Südwesten von EU-Richtlinien nicht so tangiert werden wie international tätige Großbanken.

Auch Minister Friedrich will eine Doppelbelastung der deutschen Banken im Rahmen der Bankenregulierung ausschließen. Die deutschen Banken hätten bereits abgesicherte Risiken, da „muss Europa nicht noch einmal tätig werden“. Außerdem sprach er sich gegen die Vermischung der Themen Einlagesicherung und Bankenabwicklung auf europäischer Ebene aus; diese Themen müssten grundsätzlich getrennt werden. Nach Friedrichs Wissensstand setzt die EU die Bausparkassen nicht mit Hedgefonds gleich. Zur Flüchtlingspolitik erklärte er, er halte es für unwahrscheinlich, dass die europäische Flüchtlingspolitik durch Entwicklungspartnerschaften in Baden-Württemberg ernsthaft beeinflusst werden können.


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Titelbild Staatsanzeiger