Blick ins Innenleben der Landesregierung jenseits von Stuttgart 21

18.08.2011 
Redaktion
 
100 Tage Grün-Rot
Foto: Staatsministerium Baden-Württemberg

Stuttgart. Die grün-rote Landesregierung ist am Freitag 100 Tage im Amt. Staatsanzeiger.de bietet in Form einer Chronik einen Blick ins Innenleben der Landesregierung jenseits von Stuttgart 21.

12. Mai Winfried Kretschmann zieht in die Villa Reitzenstein ein. Wenige Wochen später wird er wissen, dass er sich dort nicht wohlfühlt. Es möchte raus aus dem historischen Amtssitz seiner Vorgänger, runter in den Talkessel zum Volk. Eine neue Bleibe gibt es noch nicht.    

17. Mai Die erste Regierungspressekonferenz fällt auf den 63.Geburstag des Ministerpräsidenten. Die landespolitische Journalistenschar schenkt ihm einen gläsernen Elefanten.  

25. Mai Kretschmann gibt vor dem Landtag seine erste Regierungserklärung ab. In einem „Stern“-Interview hat er jüngst preisgegeben, was ihm bei Plenardebatten mal durch den Kopf geht:  „Wenn ich die CDU-Kollegen vor mir sehe, denke ich mir manchmal schon: ‚So, jetzt müsst ihr die Kleinen Anfragen schreiben.‘“. Das sei „ein Gefühl der verdienten Genugtuung“.  

27. Mai Gleich bei seinem ersten Auftritt im Bundesrat leitet Kretschmann, weil er nach der Geschäftsordnung an der Reihe ist, die Beratungen. Er kann, anders als Stefan Mappus und Günther Oettinger (beide CDU), auch Bundesratspräsident werden, weil der Südwesten im Herbst 2012 den Vorsitz in der Länderkammer übernimmt.  

31. Mai Der Ministerrat beschließt, Baden-Württemberg zur „führenden Energie- und Klimaschutzregion“ zu machen, um einen „wesentlichen Beitrag zur Umsetzung der bundesweiten energie- und klimapolitischen Ziele zu leisten".  

3. Juni Kretschmann ist mit allen Länderchefs und -chefinnen bei Angela Merkel, um den Atomausstieg zu beraten. Anschließend lobt er – zur Verwunderung mancher Parteifreunde und Sozialdemokraten - die Bundeskanzlerin für ihren energiepolitischen Schwenk.  

7. Juni Die Landesregierung legt Eckpunkte des Nachtragshaushalts 2011 vor. Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid beklagt, Lücken „in Höhe von rund drei  Milliarden Euro jährlich“. Dennoch werden – auf Drängen der SPD – rund 200 zusätzliche Stellen in den Ressorts geschaffen, von denen die meisten aber sukzessive wieder abgebaut werden sollen.  

8. Juni Innenminister Reinhold Gall (SPD) empfängt den türkischen Generalkonsul M. Türker Ari zum Antrittsbesuch und kündigt einen „regelmäßigen Austausch“ an.  

9. Juni Der grüne Umweltminister Franz Untersteller vereinbart mit Verbands- und Wirtschaftsvertretern, gemeinsam ein Papier zur Ausgestaltung der Energiewende zu erarbeiten.    

10. Juni Kretschmann und sein Verkehrsminister Winfried Hermann nehmen zwei Mercedes-Benz-Elektrofahrzeuge für den Fuhrpark des Landes in Empfang.  

28. Juni SPD-Sozialministerin Katrin Altpeter stoppt die Personalverordnung für die Heime im Land und kündigt an, mit den Anbietern sozialer Dienste Qualitätsregeln auszuarbeiten.  

29. Juni Nils Schmid legt dem Landtag einen Kassensturz vor: „Nach 57 Jahren CDU-geführter Regierungen ist es selbstverständlich, dass sich die Landesregierung einen Überblick über die tatsächliche Finanzlage des Landes verschafft.“ Einen Tag später spricht er zur Energiewende im Bundestag, was ihm Ärger mit dem Ministerpräsidenten einbringt, mit dem der Auftritt nicht abgesprochen war.  

30. Juni Die Koalition führt mit sofortiger Wirkung ein Umwandlungsverbot für Dauergrünland ein. „Bei uns hat die Grünlandbewirtschaftung eine lange Tradition, unsere Wiesen und Weiden gehören zu den artenreichsten in Europa“, sagt Agrarminister Alex Bonde. Dieses „wertvolle Kulturgut“ müsse geschützt werden.  

5. Juli Das Kabinett beschließt einen Gesetzentwurf zur Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften im Öffentlichen Dienst. Außerdem ist – wie in allen anderen Bundesländern- künftig das Standesamt auch für Lesben und Schwule zuständig.  

12.Juli Die Kommunen sollen beim Ausbau von Kleinkindbetreuung und Sprachförderung durch die Erlöse aus einer Erhöhung der Grunderwerbsteuer unterstützt werden.

13. Juli Die Ministerin im Staatsministerium Silke Krebs (Grüne) vertritt den Regierungschef beim Präsidententreffen der vom Vorvorvorvorgänger Lothar Späth gegründeten Vereinigung der "Vier Motoren für Europa" in Barcelona.  

15. Juli Justizminister Rainer Stickelberger (SPD) kündigt in Offenburg ein Ende der Teilprivatisierung im Strafvollzug an. Er halte Gefängnisse „nicht für geeignet“ zur Privatisierung, da Freiheitsentzug einen schwerwiegenden Eingriff darstelle, der laut Grundgesetz allein den staatlichen Bediensteten vorbehalten bleibe.  

19. Juli Ein Gesetzentwurf wird verabschiedet, der das Universitätsmedizingesetz der CDU/FDP-Koalition in wesentlichen Teilen aufhebt, um, wie es heißt, „den Kliniken ihre Handlungsspielräume zu erhalten“. Außerdem wird das Ausbauprogramm „Hochschule 2012“ aufgestockt: bis zu 22 000 zusätzliche Studienanfängerplätze an den Landeshochschulen sollen entstehen.  

20. Juli Der neuen Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung Gisela Erler soll ein Kabinettsausschuss zuarbeiten. Kretschmann spricht von einem „Signal, welches Gewicht der Stärkung der gelebten Demokratie ressortübergreifend zukommt“.    

23. Juli Die Regierung geht in Klausur im Schloss Maurach am Bodensee. Menschlich näher gekommen seien sich die Akteure der beiden Regierungsparteien bei dieser Gelegenheit nicht, heißt es später.  

24. Juli Die Gemeinden bekommen mehr Freiheiten bei Trauungen. Damit werden auch Hochzeiten unter freiem Himmel möglich.  

25. Juli Der Regierungschef besucht die 10. Panzerdivision in Sigmaringen und verspricht, sich „für die Belange der Bundeswehr im Land einzusetzen“.  

26. Juli SPD-Arbeitsministerin Katrin Altpeter sagt dem Anstieg der Minijobs im Land den Kampf an. Sie verlangt nach mehr sozialversicherungspflichtiger Vollzeitbeschäftigung, „die so bezahlt wird, dass es zum Lebensunterhalt ausreicht“.  

Die Landesregierung beschließt das Aus für die allgemeinen Studiengebühren.  

SPD-Kultusministerin Gabriele Warminski-Leitheußer bringt im Kabinett einen Gesetzentwurf zur Abschaffung der Grundschulempfehlung ein: „Eltern sollen künftig bei der Wahl der weiterführenden Schule das Sagen haben.“  

28. Juli Das Innenministerium gibt bekannt, dass das Land im nächsten Jahr statt der bisher vorgesehenen 800 Auszubildenden 1200 in den Polizeidienst aufnehmen wird. Außerdem beschließt die Regierung  zusätzlich 150 Millionen Euro für Sanierung sowie Um- und Neubauten in Krankenhäusern auszugeben. Nach Berechnungen von Fachleuten besteht hier ein Investitionsstau von ca. einer Milliarde.  

29. Juli Der umstrittene Gesprächsleitfaden zum Umgang mit einbürgerungswilligen Migrantinnen und Migranten wird auf Initiative von SPD-Integrationsministerin Bilkay Öney aufgehoben.  

5. August Die grünen Minister Hermann (Verkehr) und Untersteller (Umwelt) weisen die Kritik der Regionalverbände am neuen Landesplanungsgesetz als unbegründet zurück. Das neue Gesetz soll die  Grundlage für Ausbau der Windenergie im Land schaffen. Grün-Rot will bis 2020 rund zehn Prozent des Stroms im Land mit heimischer Windkraft erzeugen lassen.  

9. August Umweltminister Untersteller kündigt eine Novellierung des Erneuerbare-Wärme-Gesetz ( EWärmeG) an, das Eigentümer verpflichtet, nach einer Erneuerung ihrer Heizungsanlage mindestens zehn Prozent des Wärmebedarfs aus erneuerbaren Quellen zu decken. In der Diskussion ist, den Anteil auf 15 Prozent zu erhöhen und nichtprivate Gebäude in die Verpflichtung aufzunehmen.  

12. August Agrarminister Bonde beklagt ein 33-Milliarden-Euro-Loch in der Förderung aus EU-Töpfen. Die Vorgängerregierung habe die Mittel aus der Finanzierungsperiode bis 2013 bereits ausgegeben, weitere Gelder stünden dem Land erst ab 2014 zu.  

16. August Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) kündigt bis Ende 2012 ein Gesetz an, in dem konkrete Ziele für Baden-Württemberg zur Minderung der Treibhausgasminimierung festgeschrieben werden: „Es geht uns darum, dem Klimaschutz endlich einen rechtlich verbindlichen Stellenwert zu verschaffen.“  


Kontakt

Ihre Ansprechpartnerin in der Redaktion

Redaktionsassistentin Staatsanzeiger
Doris Kugel
Telefon: 07 11.6 66 01-290
E-Mail senden

Unser Team

Ihr Kontakt zu unseren Redakteurinnen und Redakteuren

Zum Team

Praktikums-Tagebuch

Studierende der Hochschulen für öffentliche Verwaltung Kehl und Ludwigsburg berichten über ihr Praktikum im Rahmen des Praxisjahrs im Vertiefungsschwerpunkt Kommunalpolitik/ Führung im öffentlichen Sektor beim Staatsanzeiger. 

Zum aktuellen Tagebuch

Der Kommunal-Newsletter

Wissenswertes zu kommunalpolitischen Themen für Sie als Gemeinderat/Gemeinderätin mit einem wöchentlichen Newsletter direkt in Ihr E-Mail-Postfach. Abonnieren Sie jetzt den 
Kommunal-Newsletter.

Newsletter abonnieren