ZAISENHAUSEN. Cathrin Wöhrle, 35 Jahre alt, ist seit 2014 amtierende Bürgermeisterin der 1.800-Seelen-Gemeinde Zaisenhausen (Landkreis Karlsruhe). Mit Studierenden der Hochschule Kehl spricht sie über ihre Erfahrungen als Verwaltungschefin in einer Männerdomäne.
Ich habe mich bereits als Kind gerne für andere eingesetzt und schon in der Schulzeit entsprechende Ämter übernommen. Während meines Studiums an der Hochschule Kehl wuchs mein Interesse an der Kommunalpolitik. In dieser Zeit war ich auch Ortschaftsrätin in meiner Heimatgemeinde. Nach dem Studium arbeitete ich als Verwaltungsleiterin bei der Stadt Karlsruhe und unterrichtete im Einführungslehrgang der Hochschulen für Öffentliche Verwaltung das Fach Kommunalverfassungsrecht. Als dann in Zaisenhausen die Stelle des Bürgermeisters frei wurde, habe ich mich nach reiflicher Überlegung und in Abwägung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf für eine Kandidatur entschieden. Mein privates Umfeld, darunter amtierende Mandatsträger, haben mich in dieser Entscheidung bestärkt.
Ich sehe, dass sich Frauen immer mehr zutrauen und häufiger ins Bürgermeisteramt gewählt werden. Ob das Geschlechterverhältnis je ausgeglichen sein wird, ist schwer vorauszusagen. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf bleibt nach wie vor ein wichtiger Faktor bei der Entscheidung, für das Amt zu kandidieren. Dieses Abwägungskriterium fällt gerade bei jungen Frauen mehr ins Gewicht als bei den männlichen Kollegen.
In erster Linie kommt es sicher auf die Persönlichkeit sowie die fachlichen Kompetenzen der Kandidaten an. Die Kombination aus „Frau“ und „jung“ haben einige bei meiner Wahl als kritisch angesehen. Andererseits erhielt ich insbesondere Zuspruch von vielen Senioren. Ein öffentlich diskutiertes Thema stellte die Geschlechterfrage bei der Wahl in Zaisenhausen jedoch nicht dar. Darum würde ich festhalten, dass es Frauen nicht grundsätzlich schwerer haben eine Wahl für sich zu entscheiden, als ein Mann.
Ich selbst nehme keine wirklichen Nachteile wahr. Eventuell wird man das ein oder andere Mal unterschätzt. Dies muss jedoch kein Nachteil sein.
Bei einer guten Organisation und mit Rückhalt der Familie ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gut zu meistern.
Mein Sohn kam 2018 zur Welt. Nach der Geburt war ich zunächst drei Monate zu Hause und arbeitete ein Jahr in Teilzeit in Elternzeit. Am Freitag hatte ich - wenn keine wichtigen Termine anstanden frei - die anderen Tage gestaltete ich mit festen Präsenzzeiten im Büro sowie der Möglichkeit im Homeoffice zu arbeiten. Mein Gehalt wurde in dieser Zeit entsprechend angepasst. Teilzeit in Elternzeit hatte nach meinen Recherchen bis zu diesem Zeitpunkt noch keine Kollegin in Anspruch genommen. Darum prüfte die Rechtsaufsichtsbehörde zunächst diese Möglichkeit. Dies war eine sehr gute Möglichkeit gerade in den ersten Monaten viel Zeit für mein neugeborenes Kind zu verbringen und dabei weiterhin meinem Amt gerecht zu werden. Dabei war ich in alle wichtigen Projekte der Gemeinde jederzeit eingebunden.
Zwischenteilich besucht mein Sohn die Kita und freut sich auch seine Omas regelmäßig zu sehen. Mein gutes Familiennetzwerk sowie moderne Arbeitsmethoden und die gewisse Flexibilität, die das Amt des Bürgermeisters mit sich bringt, ermöglichen mir und meiner Familie eine gute Vereinbarkeit mit meinem Beruf.
Zunächst einmal würde ich sie dazu ermuntern, den Schritt zur Kandidatur zu wagen. Möchte eine junge Frau beruflich vorankommen, wird sich immer die Frage nach der Vereinbarkeit von Familie und Beruf stellen. Nach einem Studium für öffentliche Verwaltung hat man für den Bürgermeisterberuf natürlich das beste Handwerkszeug in der Tasche. Liegt einem die Arbeit mit Menschen am Herzen und gestaltet man gerne, so bringt man die besten Voraussetzungen für dieses Wahlamt mit.
Ja, Stand heute auf jeden Fall! Viele Projekte wurden in meiner Amtszeit bereits umgesetzt, viele weitere angestoßen, die ich unbedingt weiter gestalten möchte. Acht Jahre gehen sehr schnell vorüber. Weiter sind es die Begegnungen mit den Menschen, die das Bürgermeisteramt auszeichnen. Auf diese möchte ich nicht verzichten.
Das Gespräch führten Daniela Bernhard, Thomas Kiesel, Sabine Kimmich, Jonathan Mülhaupt und Amelie Rosewich von der Hochschule für öffentliche Verwaltung Kehl (Studiengang Public Management, Modul Öffentlichkeitsarbeit). Alle Artikel der Studierenden finden Sie im Überblick.