Wirtschaftsministerium: Beim Wohnungsbau hapert es noch

14.08.2020 
Redaktion
 
Foto: Leja

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STUTTGART. Nils Schmid, einst SPD-Landeschef, wollte Superminister sein unter Grün-Rot und holte die Wirtschaftsagenden ins Finanzministerium. Die CDU setzte die Rückkehr zum eigenständigen Wirtschaftsministerium durch, aufgewertet durch die Themen Arbeit und Wohnungsbau.

HAT SICH DER NEUZUSCHNITT BEWÄHRT?

Für viele ist er nicht erst aus heutiger Sicht ein Fehler. Schon 2016 wurden Forderungen laut, statt zum Wirtschaftsministerium zurückzukehren, ein eigenständiges Digitalisierungsministerium zu bilden.

Weil Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) die Verantwortung aber auf alle Häuser verteilt wissen und Innenminister Thomas Strobl (CDU) mit der Zukunftsaufgabe selber punkten wollte, blieb der neuen Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU), sich als Quasi-Innovationsbotschafterin zu profilieren, in Unternehmen, bei Start-ups, mit Initiativen wie Handwerk 2025 oder Handel 2030, mit immer neuen Paketen und Fördertöpfen. Und sie tourt durchs Land und durch die Welt, in derselben Rolle, die alle ihre Vorgänger auch besetzten: als Türöffner vor allem für den Mittelstand.

WELCHE ERFOLGE KANN DIE MINISTERIN VERBUCHEN?

Die Ernennung von Hoffmeister-Kraut war die größte Überraschung der Regierungsbildung. Die damals 43-Jährige hatte als Diplomkauffrau promoviert, war Gesellschafterin einer Firma, die im Besitz ihrer Familie ist. Sie hatte drei Monate bei Morgan Stanley und danach bei Ernst und Young gearbeitet. Schnell sahen Parteifreunde in der Gemeinde- und Kreisrätin, die mit ihrem Einzug in den Landtag zur Ministerin befördert wurde, die neue Strahlefrau im Landesverband.

Sie verstehe die Themen der Unternehmen, lobte der Parteifreund und Südwestmetall-Chef Stefan Wolf. Auch Wolfgang Grenke, Präsident des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertags, findet regelmäßig warme Worte. In den Corona-Monaten setzte sich die Mutter dreier Kinder frühzeitig für Lockerungen zugunsten der Wirtschaft ein, aktuell unter anderem dafür, dass Weihnachtsmärkte stattfinden können.

WO LIEGEN DIE GRÖßTEN PROBLEME?

Wirtschaftsminister der Länder haben grundsätzlich keinen großen Gestaltungsspielraum, weil vieles von Kompromissen mit dem Koalitionspartner abhängt, aber auch von Entscheidungen auf europäischer oder Bundesebene. Hoffmeister-Kraut ist mehrfach gescheitert mit dem Versuch, Duftmarken zu setzen. So verhinderte der grüne Koalitionspartner eine von ihr geforderte Evaluierung des Bildungszeitgesetzes und Lockerungen der Landesbauordnung.

Innenminister Strobl und die CDU-Landtagsfraktion legten sich quer, als die Wirtschaftsministerin klare Bleiberegeln für geduldete Flüchtlinge in Arbeit forderte, die von Arbeitgebern gebraucht wurden und werden. Und es gelang ihr und Kretschmann nicht, die Batterieforschungsfabrik des Bundes ins Land zu holen. Das Land will inzwischen eine eigene Batterieforschung aufbauen.

WARUM KOMMT DER WOHNUNGSBAU NICHT INS SCHWUNG?

Das Thema ist besonders misslich für die Ministerin, denn sie hatte Erwartungen geweckt, indem sie den Wohnungsbau zu einem ihrer Hauptanliegen erklärte. Und sogar eine Allianz gegründet, weil es „nötiger denn je“ sei, vor allem preisgünstige Wohnungen zu bauen. Die Förderung wurde mit Bundesmitteln zunächst von 50 auf 250 Millionen Euro angehoben und verstetigt. Spürbare Effekte stellten sich aber nicht ein, trotz der vielen Fachgespräche oder etlicher Exkursionen nach Wien und Zürich.

„Moderne Baukonzepte und nachhaltiges Bauen stehen für mich als baden-württembergische Wohnungsbauministerin ganz oben auf der Agenda“, betonte sie immer und immer wieder. So wurden die Probleme erst recht offenbar. Denn dafür, dass der Wohnungsbau „ganz oben auf der Agenda“ stand und steht, sind die Zahlen für Baden-Württemberg bescheiden.

Nach einer von ihr selbst beim Prognos-Institut in Auftrag gegebenen Studie von 2017 müssten 65 000 Wohnungen pro Jahr gebaut werden. Tatsächlich wurden in den Jahren 2018 und 2019 nach den Zahlen aus dem Statistischen Landesamt lediglich jeweils knapp 35 000 fertiggestellt. Und mit Landesmitteln sind im vergangenen Jahr 891 neue Sozialwohnungen entstanden.

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Im nächsten Teil unserer Bilanz von Grün-Schwarz geht es um die Wissenschaftspolitik.

Wirtschaftspolitik: Was im Koalitionsvertrag steht
„Nur gemeinsam wird uns der Aufbruch für mehr bezahlbaren Wohnraum gelingen. Der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum kann nur gedeckt werden, wenn die Politik geeignete Rahmenbedingungen schafft und den Wohnungsbau als gesamtgesellschaftliche Aufgabe aller am Wohnungsbau beteiligten Partner sieht. […] Bürger, besonders große Familien und Alleinerziehende, die keinen für sie bezahlbaren Wohnraum finden, benötigen Unterstützung durch mietpreisgebundenen sozialen Wohnungsbau. Wir werden den Bau neuer sozialer Mietwohnungen vorantreiben und dem drohenden Auslaufen der derzeit vorhandenen Sozialbindungen entgegenwirken. Die zusätzlichen Mittel des Bundes werden wir gezielt für den sozialen Wohnungsbau einsetzen.“


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