Am 14. März 2021 war die Landtagswahl in Baden-Württemberg. Die Bürgerinnen und Bürger haben mit ihrer Stimme entschieden, welche Abgeordneten ins Parlament einziehen dürfen.
Auf dieser Seite wollen wir einen Überblick zur Wahl im Allgemeinen geben, aber auch einen Überblick über alle Inhalte, die wir für Sie zusammengestellt haben.
1| Die Spitzenkandidaten der Landtagswahl 2021 im Video-Interview
2| Alle Ministerpräsidenten des Landes seit 1952 im Überblick
3| Bilanz Grün-Schwarz: Was wurde erreicht und was nicht?
4| Was sich Verbände von einer neuen Landesregierung wünschen
5 | Die Minister von Baden-Württemberg
Die Grünen sind der klare Sieger der Landtagswahl in Baden-Württemberg. Das amtliche Endergebnis zeigt, dass sie am Sonntag ihr bislang bestes Ergebnis in dem Land erzielten. Der bisherige Koalitionspartner CDU schnitt so schlecht ab wie dort nie zuvor.
Nach Angaben des Statistischen Landesamts erzielten die Grünen mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann an der Spitze 32,6 Prozent (2016: 30,2). Zweitstärkste Kraft wurde die CDU mit 24,1 Prozent (2016: 27). Die SPD holte 11 Prozent (2016: 12,7). Die AfD kommt auf 9,7 Prozent (2016: 15,1) und die FDP auf 10,5 Prozent (2016: 8,3). Die Linke verpasst den Einzug in den Landtag mit 3,6 Prozent (2016: 2,9).
Die Wahlbeteiligung lag laut Statistischem Landesamt bei 63,8 Prozent - das sind 6,6 Prozentpunkte weniger als 2016. Rein rechnerisch wäre eine Grün-Schwarze Koalition oder eine Ampelkoalition möglich. (sta)
Nur die Grünen und die CDU konnten sich Direktmandate bei der Landtagswahl 2021 sichern. In 58 von 70 Wahlkreisen erhielten die Grünen die meisten Stimmen, während die CDU in den restlichen 12 ihre Direktmandate verteidigen konnte. Bei der Landtagswahl 2016 bekamen die Grünen 46 Direktmandate, die CDU 22. Letztere verlor somit 2021 insgesamt zehn Wahlkreise.
In sechs Wahlkreisen kam es zu sehr knappen Ergebnissen: Die Unterschiede lagen bei weniger als einem Prozentpunkt, berichtet die Heinrich-Böll-Stiftung. „In Wangen und Backnang entschied sich der Zweikampf zu Gunsten der Grünen, während Geislingen, Rottweil und Bruchsal weiterhin durch Abgeordnete der CDU vertreten werden“, heißt es im Bericht. Besonders bemerkenswert sei, dass die Grünen zudem zwei Direktmandate in Wahlkreisen erhielten, die in der Landtagswahl von 2016 an die AfD gingen, heißt es weiter. In Pforzheim lag der Vorsprung für die Grünen bei 10,4 und in Mannheim I bei 15,1 Prozentpunkten.
Nach Analysen der Heinrich-Böll-Stiftung liegen die Grünen bei allen Altersgruppen vorne und erzielten im Jahr 2021 im Jungwählersegment (18 bis 24-Jährige) sowie neuerdings bei der Generation 60 plus Zuwächse. Dies sei bemerkenswert, da bislang die CDU von dieser Wählerschaft profitierte, so Politikwissenschaftlerin Stefanie John. Sie erklärt es damit, dass es Solidaritätsverbindungen zwischen den Jungen und Alten gibt – ein Beispiel ist die Fridays-for-future-Bewegung, die sich auch bei Älteren etabliert hat. „Es tritt ein „Enkeleffekt“ auf“, sagt John. Die Solidarität gibt es aber auch in umgekehrter Richtung.
Des Weiteren wurden die Grünen besonders stark von Wählern mit formal hoher Schulbildung und von Angestellten gewählt. Dabei sticht die zusätzlich gewonnene Unterstützung durch Beamte heraus. „Wie die Grünen Themen angehen und aufbereiten sowie die Themenauswahl, da besteht durchaus eine hohe Affinität“, so John zu dieser Beobachtung. Zudem konnte die Partei bei den Arbeitern nach AfD und CDU einen Stimmenanteil von 20 Prozent erreichen, wie die Analyse ergab.
Die CDU wird von Älteren, Selbständigen sowie Wählern mit formal einfacher Schulbildung häufiger gewählt als von anderen Gruppen. "Im Gegensatz zu den Grünen verliert die CDU auch bei Beamten und damit eine Wählergruppe, die den Christdemokraten traditionell nahesteht", ergänzt die Stiftung. Für die CDU werde es zunehmend schwieriger, Jungwähler für sich zu gewinnen.
Der FDP sei es sehr gut gelungen, Erst- und Jungwähler bis 34 Jahre (+7 Prozentpunkte) und hier insbesondere junge Männer zu gewinnen. Des Weiteren punktet die FDP besonders stark bei den Selbständigen. Die SPD-Wähler sind tendenziell eher Senioren, Beamte sowie Wähler mit formal niedriger Bildung.
Die AfD profitiert besonders stark von den Stimmen von Arbeitern und Selbständigen. Eine weitere Erkenntnis, die die Stiftung aus ihrer Analyse zieht, ist die Etablierung der AfD. Die Bedeutung von Protestwahl ist bei den AfD-Wählern deutlich gesunken, heißt es, die Überzeugung von der Partei sei gestiegen. „Berücksichtigt man zudem die Schätzungen aus der Wählerwanderung, wonach der Stammwähleranteil bei knapp 77 Prozent liegt, bedeutet das eine Verfestigung der verbliebenen Anhängerschaft, die sich zugleich in absoluten Zahlen verringert hat“, heißt es im Bericht der Heinrich-Böll-Stiftung.
Beim Wahlverhalten lassen sich regionale Unterschiede erkennen. So stellt das Statistische Landesamt fest, dass die CDU im ländlichen Raum besonders erfolgreich war (29 Prozent). In Wahlkreisen mit hoher Bevölkerungsdichte schnitten Grüne mit 37,5 Prozent und die SPD mit 12,8 Prozent überdurchschnittlich in Wahlkreisen ab. Die FDP schnitt in Wahlkreisen mit niedriger Bevölkerungsdichte (10,4 Prozent) nur geringfügig besser ab als in Wahlkreisen mit hoher Bevölkerungsdichte (9,4 Prozent), beschreibt das Statistische Landesamt. Die AfD erreichte in Wahlkreisen mit niedriger Bevölkerungsdichte überdurchschnittliche Stimmenanteile und erreichte im Schnitt 11,5 Prozent.
Auch spielte es den Analysen zufolge eine Rolle, ob die Wähler aus einer Region mit hohem Anteil an Dienstleistungsgewerbe kommen: Dort sind die Grünen besonders stark (38,7 Prozent), die CDU erreicht in Gebieten mit hohem Anteil an produzierendem Gewerbe bessere Ergebnisse (27,3 Prozent).
Des Weiteren stellt das Statistische Landesamt fest, dass die AfD mit einem Stimmenanteil von 11,5 Prozent in Gebieten mit hohem Anteil an produzierendem Gewerbe ein besseres Ergebnis als im Landesdurchschnitt erreichen konnte. Die Ergebnisse der SPD unterschieden sich in Wahlkreisen mit hohem Anteil an produzierendem Gewerbe nur geringfügig (2,6 Prozentpunkte weniger) von denen in Wahlkreisen mit hohem Anteil an Dienstleistungsgewerbe. Die Ergebnisse der FDP fielen bei einem hohen Anteil an produzierendem Gewerbe leicht positiver aus (3,1 Prozentpunkte mehr).
Auf den ersten Blick ist ersichtlich: CDU und SPD verloren seit 2011 kontinuierlich an Stimmen, während die Grünen an Beliebtheit gewonnen haben. Vor allem 2011 im Kontext der Nuklearkatastrophe in Fukushima und der Debatte um das Projekt "Stuttgart 21" konnten die Grünen Wähler gewinnen. Ihr bisher bestes Ergebnis haben sie 2016 mit 30,3 Prozent erzielt. Damit wurden sie erstmals stärkste Kraft und überholten die CDU.
Bei der Landtagswahl 2021 erreichten die Grünen dem vorläufigen Endergebnis zufolge einen Anteil von 32,6 Prozent und verbessern damit ihren Stimmenanteil um 2,3 Prozentpunkte. Das ist das bisher höchste jemals erzielte Ergebnis der Grünen bei einer Landtagswahl, so das Statistische Landesamt. Spitzenkandidat der Grünen war Winfried Kretschmann.
Eine absolute Mehrheit hat die CDU in ihrem Stammland Baden-Württemberg zwar seit 1988 nicht mehr, doch bis 2011 konnte sie sich immer bei ungefähr 40 Prozent halten. Trotzdem landete die CDU 2011 erstmals seit 1953 in der Opposition. 2016 stürzte das Ergebnis der Partei dann auf 27 Prozent ab. Auch 2021 sieht es nicht besser aus: Die CDU erreichte 24,1 Prozent. Sie ist seit 2016 Teil der von den Grünen geführten Landesregierung. Spitzenkandidatin für die Landtagswahl 2021 war Susanne Eisenmann.
Wie die CDU musste auch die FDP bei der Landtagswahl 2011 mit dem Spitzenkandidat Ulrich Goll eine empfindliche Niederlage einstecken und schaffte nur knapp den Einzug in den Landtag. Sie war zum ersten Mal seit 1996 nicht an der Regierung beteiligt. 2016 stabilisierte sich das Ergebnis der FDP wieder auf 8,3 Prozent. Die Partei blieb aber weiterhin in der Opposition. 2021 erzielte die Partei ihr bisher bestes Ergebnis seit 2006: 10,5 Prozent. Spitzenkandidat für die Landtagswahl 2021 war Hans-Ulrich Rülke.
Ein sozialdemokratisches Stammland war Baden-Württemberg nie. Doch bis 2006 erreichte die SPD stets mindestens ein Viertel der Stimmen und behauptete Platz 2 hinter der CDU. Seither zeigt die Entwicklung nach unten. 2016 landete die SPD mit 12,7 Prozent auf Platz 4, 2021 auf Platz 3 mit 11 Prozent. Andreas Stoch war der Spitzenkandidat für die Landtagswahl 2021.
Die AfD Baden-Württemberg wurde 2013 in Karlsruhe gegründet. Nachdem sie 2013 bei der Bundestagswahl 5,2 Prozent und bei der Europawahl 2014 7,9 Prozent der Stimmen erhielt, zog sie 2016 mit 15,1 Prozent auch in den Landtag in Baden-Württemberg ein. Die AfD wurde die stärkste Oppositionspartei, wobei sie die SPD dann wieder abgelöst hatte, da es mehrere Fraktionsaustritte gab. 9,7 Prozent erreichte die AfD bei der Landtagswahl 2021 und verlor damit 5,4 Prozentpunkte im Vergleich zur Wahl davor. Bernd Gögel war Spitzenkandidat für die Landtagswahl 2021.
Insgesamt stellten sich 21 Parteien für die Landtagswahl 2021 zur Wahl. Neben Grüne, CDU, SPD, FDP und AfD, standen noch folgende Parteien zur Wahl: Die Linke, Ödp, Piratenpartei, Die Partei, Freie Wähler, Menschliche Welt, Bündnis C, DKP, dieBasis, Demokratie in Bewegung, Eine für alle, Klimaliste Baden-Württemberg, Partei der Humanisten, Partei für Gesundheitsforschung, Wir2020, Volt
Grundsätzlich sind alle Bürgerinnen und Bürger Baden-Württembergs wahlberechtigt, sofern sie Deutsche im Sinne von Artikel 116 Abs. 1. des Grundgesetzes sind. Des Weiteren müssen sie am Wahltag das 18. Lebensjahr vollendet haben, seit mindestens drei Monaten ihren (Haupt-)Wohnsitz in Baden-Württemberg haben, dürfen nicht durch einen Richterspruch vom Wahlrecht ausgeschlossen worden sein und sie müssen im Wählerverzeichnis der Heimatgemeinde geführt werden.
Die Landtagswahl findet alle fünf Jahre statt. Jeder wahlberechtigte Bürger hat eine Stimme. Damit wählt jeder Bürger eine in ihrem Wahlkreis von den Parteien nominierte Person (Persönlichkeitswahl). Die Wählerstimmen werden hochgerechnet und so die prozentualen Gesamtstimmenanteile aller Parteien bestimmt - daraus ergibt sich die Sitzverteilung im Landtag (Verhältniswahl).
Das sieht im Detail so aus: Es gibt ingesamt 70 Wahlkreise in Baden-Württemberg und genauso viele Direktmandate. Die Kandidaten, die in den jeweiligen Wahlkreisen die meisten Wählerstimmen bekommen haben, holen sich ein Direktmandat und ziehen direkt in den Landtag ein.
Der Landtag hat jedoch mindestens 120 Sitze - daher müssen noch die übrigen Sitze - also mindestens 50 - verteilt werden. Dies geschieht dann über Zweitmandate. Entscheidend hierfür ist das Wahlergebnis der Partei und die Zahl der errungenen Direktmandate. Gewinnt eine Partei zum Beispiel 50 Prozent der Wählerstimmen, sind ihr 60 Sitze im Landtag sicher. Hat die Partei 20 Direktmandate erhalten, fehlen ihr also noch 40 Zweitmandate, um die 60 Sitze, die ihr zustehen, zu vervollständigen.
Bekommt eine Partei in einem der vier Regierungsbezirke mehr Direktmandate, als ihr aufgrund ihres Gesamtstimmenanteils zustehen, darf sie diese Überhangmandate als zusätzliche Sitze im Landtag behalten. Dann muss wiederum geprüft werden, ob die Sitzverteilung noch den Stimmenanteilen der Parteien entspricht. Falls nicht, erhalten die anderen Parteien dafür Ausgleichsmandate.