Herta-Maria Witzemann (1918 bis 1999)
Herta-Maria Witzemann (1918 – 1999) (Foto: saai Südwestdeutsches Archiv für Architektur und Ingenieurbau, KIT Karlsruhe)

Die Innenarchitektin Herta-Maria Witzemann prägt mit ihren Arbeiten das Innere vieler Gebäude in Baden-Württemberg. Mit ihrem Engagement für die Belange der Innenarchitekten verhilft sie ihnen zu einer gleichberechtigten Fachrichtung in der Architektur.

Herta-Maria Witzemann wird am 10. Dezember 1918 in Dornbirn im österreichischen Voralberg geboren. Bald zieht sie mit ihrer Familie nach Württemberg und besucht von 1924 bis 1937 die Grundschule und das Realgymnasium in Reutlingen. Nach einem Schreinerpraktikum kehrt sie zurück nach Österreich und studiert von 1938 bis 1940 an der Kunstgewerbeschule in Wien in der Fachklasse für Architektur und industrielle Entwürfe bei Oswald Haerdtl. Anschließend zieht es sie nach München, wo sie bis 1942 an der Akademie für Angewandte Kunst in der Fachklasse von Georg Buchner und Josef Hillerbrand weiterstudiert und ihre Studien mit einem Diplom abschließt.

Ihre erste Anstellung findet Herta-Maria Witzemann als Assistentin der Fachklasse für Architektur von Haerdtl in Wien und als Mitarbeiterin in seinem Atelier. Sie bleibt bis 1945 in Österreich und zieht dann wieder zurück

nach Württemberg, dieses Mal nach Stuttgart, wo sie Mitarbeiterin bei den bekannten Stuttgarter Architekturbüros Daldrop und Ensmann und H. P. Schmohl wird. 1948 macht sie sich als Innenarchitektin und Möbeldesignerin selbstständig und erhält mit ihren modernen Entwürfen erste eigene Aufträge.

1952 folgt der wohl größte Schritt in ihrer jungen Karriere: Mit 33 Jahren wird Witzemann als erste Frau auf den renommierten Lehrstuhl für Innenarchitektur und Möbeldesign an die Staatliche Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart berufen. Dort bleibt sie, bis sie 1985 emeritiert wird. Sie selbst sagt zu ihrer Lehre und ihren Werken: „Geborgenheit, Besinnung, Ruhe, Behagen, Atmosphäre und ein bewussteres Lebensgefühl sind einige Wesenheiten, die aus der irrationalen Welt in unsere rational erfassbare Umwelt hineingetragen werden wollen.“

Neben ihrem Lehrauftrag führt sie vor allem in Baden-Württemberg viele Aufträge zur Innenarchitektur aus. So gestaltet sie zum Beispiel die Innenräume der Rathäuser in Bietigheim, Pforzheim und Reutlingen, das Spielkasino in Baden-Baden, das Neue Schloss und den Landtag in Stuttgart. Für das Wilhelmpalais in Stuttgart, das zur Stadtbücherei umgebaut wird, entwirft sie die Büchereimöbel und -regale. (Inzwischen wurde das Wilhelmspalais zum Museum für Stuttgart umgestaltet.) Außerhalb von Baden-Württemberg gestaltet sie die Innenräume des Kanzlerbungalows in Bonn und einen Regierungspalast im saudi-arabischen Riad.

Jahrelang engagiert sich Herta-Maria Witzemann für die Interessen der Innenarchitekten. 1967 wird sie Landesvorsitzende des Bundes Deutscher Innenarchitekten und 1972 dessen Präsidentin. Durch ihr Engagement wird 1976 an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste der Abschluss „Dipl.-Ing.“ in der Innenarchitektur eingeführt, was in Deutschland einmalig ist und anderen Ausbildungsstätten als Vorbild dient.

Für ihr Schaffen bekommt sie 1978 die Verdienstmedaille des Landes Baden- Württemberg, 1980 das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland und 1994 das Bundesverdienstkreuz. Bis zu ihrem Tod am 8. März 1999 lebt sie in einem der Kavaliershäuser auf der Stuttgarter Solitude. Ihren Nachlass bewahrt das „Südwestdeutsche Archiv für Architektur und Ingenieurbau“ in Karlsruhe.

Ein Beitrag von Johanna Klein in Momente 4|2018.