Fast ein König
Im Jahr 1186 tritt Bertold V. als letzter Zähringerherzog die Nachfolge seines gleichnamigen Vaters, Bertolds IV., an. Auf seinen Siegeln bezeichnet er sich stolz als „Bertold von Gottes Gnaden Herzog von Zähringen und Rektor von Burgund“ und führt als erster seiner Familie den (Reichs-)Adler im Wappen. Titel und Wappen verweisen auf seine hochrangige Stellung als Reichsfürst. Zugleich zeugt der von seinen Vorfahren übernommene Rektorentitel von der Bedeutung Burgunds, wo die Zähringer schon seit 1127 die Stellvertretung des Königs für sich in Anspruch nehmen. Doch die Herrschaft in Burgund ist umstritten und Bertold V. muss sich wiederholt des Widerstands des burgundischen Adels erwehren.
Wie seine Vorgänger tritt auch Bertold V. als Gründer und Förderer von Städten hervor. So geht insbesondere die Neugründung Berns (1191) auf Bertold V. zurück, doch entwickeln sich unter ihm auch Burgdorf und Thun sowie möglichweise auch Moudon zur Stadt. Zum zentralen Residenzort seines linksrheinischen Herrschaftsbereichs bestimmt Bertold V. Burgdorf, das dadurch zum burgundischen Pendant des breisgauischen Freiburg wird.
Als ihn 1198 antistaufisch eingestellte Fürsten gegen Philipp von Schwaben zum König wählen wollen, verzichtet er auf die Thronkandidatur, wofür ihm der Staufer Breisach und Schaffhausen überträgt. Sein Rücktritt von der Königswahl und die Feindschaft der Mönche des Zisterzienserklosters Tennenbach haben wesentlich dazu beigetragen, das Bild Bertolds V. in der Nachwelt nachhaltig zu verdunkeln. Der Zisterzienser Caesarius von Heisterbach wirft ihm vor, er sei „ein unmenschlicher Tyrann, ein Plünderer des Erbes von Edlen und Geringen und ein Verleugner des katholischen Glaubens“.
Anders als seine Vorgänger lässt sich der letzte Zähringerherzog nicht mehr im zähringischen Hauskloster St. Peter auf dem Schwarzwald beisetzen. Stattdessen wählt er die Pfarrkirche seiner Breisgauer Residenz Freiburg als letzte Ruhestätte. Allem Anschein nach erkennt er die Zeichen der Zeit und ergreift bewusst die Möglichkeiten, welche die Stadt ihm bietet – in wirtschaftlicher und repräsentativer Hinsicht sowie mit Blick auf die Sicherung seines Seelenheils. So beginnt Bertold V. den anspruchsvollen Neubau der städtischen Pfarrkirche als herzogliche Begräbniskirche, deren großzügiger Zuschnitt sich an Bischofskirchen orientiert. Ähnlich wie die vielgliedrige, monumentale Anlage des Schlosses in Burgdorf zeugen die spätromanischen Teile des Freiburger Münsters bis heute eindrücklich vom hohen reichsfürstlichen Ranganspruch des letzten Zähringerherzogs.
Als Bertold V. am 18. Februar 1218 kinderlos stirbt, hinterlässt er nur seine Witwe Clementia von Auxonne und zwei Schwestern, Agnes und Anna. Die Ehegatten der letzteren beiden, Graf Egino IV. von Urach und Graf Ulrich III. von Kyburg, sichern sich nach dem Tod ihres Schwagers die Hauptteile des Zähringererbes. Das Herzogtum Zähringen zerfällt, doch Bertold V. und die Zähringerherzöge insgesamt bleiben in der stadtbürgerlichen Traditionsbildung bis heute präsent.
Ein Beitrag von Dr. Heinz Krieg in Momente 4|2016.