Ein angesehener Lutheraner in Baden und Württemberg
Hexen, die einen Pakt mit dem Teufel geschlossen haben, kann es gar nicht geben, davon ist der angesehene Theologe Jacob Heerbrand überzeugt. Denn Gottes Allmacht ist so groß, dass niemand gegen seinen Willen Schadenzauber betreiben kann. Als Sohn eines Teppichwebers wird Jacob Heerbrand am 12. August 1521 in Giengen an der Brenz geboren. Ab 1536 besucht er die Lateinschule in Ulm. Zwei Jahre später beginnt er dem Wunsch seines Vaters folgend in Wittenberg Theologie und Philosophie zu studieren. Er lernt dort unter anderem bei Martin Luther und Philipp Melanchthon, der ihn so nachhaltig begeistert, dass er viele Jahre später einen Nachruf auf seinen Lehrer verfassen wird.
Nach bestandener Magisterprüfung zieht Heerbrand 1543 nach Tübingen, die damalige Hauptstadt der Reformation im Herzogtum Württemberg. Dort wirkt er als Vikar an der Stiftskirche. Schnell macht er
sich einen Namen und predigt auch vor Herzog Ulrich auf dem Schloss.
1547 verliert die protestantische Seite den Schmalkaldischen Krieg gegen den katholischen Kaiser Karl V. Doch Heerbrand weigert sich, das ein Jahr später vom Kaiser erlassene Augsburger Interim anzuerkennen, das quasi die Rückkehr zum Katholizismmus verlangt, und muss sein Amt verlassen. Im selben Jahr heiratet Heerbrand Margarethe Stammler, die Tochter des Tübinger Bürgermeisters.
1550 promoviert er in Tübingen zum Doktor der Theologie und im Jahr darauf verschafft ihm Herzog Christoph eine Stelle als Pfarrer in Herrenberg. Ein Jahr später gehört er zu den Unterzeichnern der „Confessio Virtembergica“ und ist danach – u.a. mit dem Reformator Johannes Brenz – auch Mitglied der württembergischen Delegation beim Konzil von Trient. In dessen zweiter Sitzungsperiode dürfen 1551/52 die protestantischen Reichsstände ihre Anliegen vertreten.
1556 beruft Markgraf Karl II. von Baden ihn in seine Dienste. Heerbrand ist von nun an in leitender Stellung damit beschäftigt, die Reformation in Baden und Pforzheim voranzutreiben. Ein Jahr darauf wird er Theologieprofessor an der Universität Tübingen, ein Amt, das er 40 Jahre lang ausüben wird. Mehrfach wird er Rektor der Universität.
Außerdem wirkt der angesehene lutherische Theologe ab 1561 als Dekan und ab 1590 als Probst an der Stiftskirche. Gemeinsam mit einigen württembergischen Kollegen wie Johannes Benz und Matthäus Alber spricht sich Heerbrand gegen den verbreiteten Hexenglauben aus. 1570 diskutiert er mit Nikolaus Falck über diese Frage. Heerbrand betont, es gebe zwar magisch anmutende Wunder, wie sie beispielsweise Mose vollbracht habe. Schadenszaubereien gegen den Willen des allmächtigen Gottes könne es jedoch nicht geben. Hexen, so folgert er, können deshalb auch kein Unglück über andere Menschen bringen und dürfen höchstens für den Abfall vom Glauben bestraft werden.
Heerbrands 1571 erschienenes „Compendium theologiae“ wird zu einem der bekanntesten Lehrbücher der lutherischen Kirche dieser Zeit. Jakob Heerbrand hält bis ins hohe Alter hinein Vorlesungen (die letzte 1598) und stirbt am 22. Mai 1600 in Tübingen. Einer seiner Nachfahren ist der Schriftsteller Johann Gottfried Herder.
Ein Beitrag von Uwe Birnstein in Momente 04|2015.