Ein Wegbereiter deutscher Demokratie
Sein ganzes Streben gilt der freiheitlichen Demokratie und dem sozialen Rechtsstaat. Umso tragischer ist sein Schicksal: In der Nazi-Diktatur ist er eines der ersten Mordopfer unter den deutschen Parlamentariern.
Marum wird am 5. November 1882 in Frankenthal geboren als Spross einer assimilierten jüdischen Kaufmannsfamilie, die den demokratischen Ideen der Revolution von 1848/49 nahe steht. Mit Mutter und Schwester muss er nach dem Tod des Vaters 1889 nach Bruchsal übersiedeln, wo er – gefördert von einem Onkel – das Gymnasium besucht, um dann Jura zu studieren. Nach dem Referendarexamen lässt er sich 1908 in Karlsruhe als Anwalt nieder und hat bald einen guten Ruf als Strafverteidiger, der Solidarität mit wirtschaftlich Benachteiligten übt. Dem Beruf bleibt er mit Leib und Seele während seiner politischen Karriere treu. 1910 heiratet er Johanna Benedick, mit der er literarische und kulturelle Interessen teilt – bekannte Künstler und Intellektuelle zählen zum Freundeskreis.
Drei Kinder wachsen in einem Klima liberaler Offenheit und Toleranz auf. Die jüdische Gemeinde verlässt Marum im Jahr der Eheschließung und wendet sich später den Freireligiösen zu, ohne je seine jüdische Herkunft zu leugnen.
Die politische Karriere beginnt Marum, der 1904 in die SPD eintritt, als Mitglied des Karlsruher Bürgerausschusses (1911 – 1921). 1914 rückt er für den gefallenen Ludwig Frank in den badischen Landtag ein. Er profiliert sich in der Ausschussarbeit, wird 1918 stellvertretender Fraktionsvorsitzender und fordert gegen Kriegsende eine demokratische Verfassungsreform. Nach dem Zusammenbruch der Monarchie 1918 ist der weitgehend friedliche Übergang zur Republik in Baden wesentlich Marum zu verdanken. Er ist der Architekt der „Weimarer Koalition“, die in Baden bis 1932 regiert und für stabile Verhältnisse sorgt. Als Justizminister bis 1919, als Fraktionsvorsitzender seiner Partei wie als Staatsrat (Minister ohne Portefeuille) und als Reichstagsabgeordneter (seit 1928) setzt sich Marum engagiert für die Ausgestaltung der Republik und gegen antidemokratische Bestrebungen von rechts und links ein.
Nur fünf Tage nach der Reichstagswahl 1933 wird Marum unter Missachtung seiner Immunität in Karlsruhe verhaftet und gut zwei Monate später in einer inszenierten Schaufahrt mit sechs anderen Sozialdemokraten in das KZ Kislau gebracht. Dort lassen die neuen Machthaber den verhassten „Novemberverbrecher“ und „badischen Rathenau“ am 29. März 1934 nachts heimtückisch ermorden.
Angesichts der Bedeutung Marums für die erste deutsche Demokratie und seines frühen Widerstands gegen die Nazis fallen seine Würdigungen im öffentlichen Raum eher bescheiden aus: Straßenbenennungen in Karlsruhe und Bruchsal, eine Erinnerungsstele in der Vollzugsanstalt Kislau und ein Gymnasium, das auf Initiative von Schülern seinen Namen trägt.
Ein Beitrag von Manfred Koch in Momente 01|2013.