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Ängste abbauen, Vertrauen schaffen, zusammen leben

Staatsanzeiger: Ausgabe 38/2016
Von: Cames, Pasacal 

Projekt 25: Neuried Kategorie 2

Ein reger Helferkreis unterstützt in Neuried im Ortenaukreis sowohl die Flüchtlinge als auch die Gemeinde bei der Aufgabe der Integration. Von Sprachkursen über Hausaufgabenhilfe bis zur Begleitung beim Behördengang: das Engagement der vielen Ehrenamtlichen ist vielfältig. NEURIED. Links neben dem Wohnhaus in der Dorfmitte von Ichenheim, einem Ortsteil von Neuried, ist eine große Rasenfläche, dort hat jemand zwei Tore platziert. Kinder rennen einem Fußball hinterher. Hinterm Haus ist ein großer Gemüsegarten. Die Tomaten sind schon prall, aber noch grün. Vor dem Haus stehen viele Fahrräder, was auf viele Bewohner schließen lässt. Auf 250 Quadratmetern wohnen 25 Kinder und Erwachsene aus Albanien, Kamerun, Kosovo, Nigeria und Syrien. Die Zusammensetzung kann jederzeit wechseln, denn die Bewohner sind Flüchtlinge. Die bunte Zusammensetzung wird als Chance fürs Zusammenleben gesehen, doch hat jede Familie auch Privatsphäre beim Wohnen, Kochen und Essen. Von drei Monaten bis zu zwei Jahren kann der Aufenthalt in der Gemeinschaftsunterkunft dauern. Ob die Flüchtlinge kurz oder lang da sind – der Helferkreis hilft allen. Klaus Person vom Rathaus Neuried erzählt, dass eine Bürgerin der Gemeinde Neuried das Haus zur Verfügung stellte, weil die Gemeinde händeringend Wohnraum für Flüchtlinge suchte. Neuried mit seinen 9350 Einwohnern wurde, wie alle Gemeinden, von den Ereignissen überrascht. Wohin mit all den Menschen? Dass das Angebot einer Bürgerin kam, war ein Glücksfall. Haus und Gelände waren schnell und kostengünstig vom Bauhof auf Vordermann gebracht.
Schon vor Ankunft der Flüchtlinge gab es hier viele engagierte Helfer
Zweiter Glücksfall war, dass es in der Gemeinde eine lebendige Helfer-Szene gibt. Diese hat ihren Ursprung in der Ökobewegung und hält schon seit 20 Jahren einen Weltladen am Laufen. Die Flüchtlinge wurden für die 50 Helfer im Alter zwischen 14 und über 70 Jahren quasi zur Herzensangelegenheit. Zudem wurde noch eine ehemalige Grundschule im Ortsteil Dundenheim zum Flüchtlingsheim umfunktioniert. Viele Vereine hatten eigentlich auf die Schule gehofft, zeigten aber angesichts der aktuellen Situation Verständnis. „Hier herrscht ein gutes Klima“, stellt Klaus Person fest. Die Gemeinde hat sich erst kürzlich mit einem orientalischen Buffet bei den Helfern bedankt. Der Helferkreis gibt Sprachkurse, begleitet bei Behördengängen, übersetzt Briefe, versucht Analphabeten Lesen und Schreiben beizubringen, unterstützt Kinder bei den Hausaufgaben, hat ein offenes Ohr bei Kummer – und kümmert sich auch um Flüchtlinge mit Bleibestatus, die dann eigentlich auf sich alleine gestellt sind. Denn auch sie brauchen hilfsbereite Zeitgenossen, die Behördenbriefe übersetzen, zum Arzt mitgehen oder in Sachen Kindergarten und Schule helfen. Stefanie Kopf, die seit diesem Jahr eine 50 Prozent-Stelle hat, sieht die Ehrenamtlichen als echte Unterstützung ihrer Arbeit. „Jeden Tag wird man vor eine spontane Herausforderung gestellt. Und jeden Abend: Ja! Irgendjemand hat eine Lösung!“, sagt sie lachend.
Engagement hat Beispielcharakter und Signalwirkung für andere
Karin Geiser gehört zum Helferkreis. „Ich finde es wichtig, wenn es ein gutes Miteinander in der Gemeinde gibt“, erläutert sie ihre Motivation. Die Tagesmutter saß lange im Kirchengemeinderat, jetzt ist sie eine der Schnittstellen zwischen der Kommune und den beiden Kirchen sowie Flüchtlingen, Bürgern und Helfern. Wenn sie und ihre Kollegen Flüchtlinge auf Feste oder im Alltag begleiten, hat das Beispielcharakter und eine Signalwirkung. „Das baut Ängste ab.“ Dann fällt es den anderen Bürgern viel leichter, mit den Flüchtlingen ins Gespräch zu kommen. Wie gut das funktioniert, zeigt sich bei den Vereinen. Fußball- und Musikvereine sind froh über neue Mitglieder. In Neuried ist man stolz, das etwas passiert und vieles gelingt. Vor kurzem wurde das erste schwarzafrikanische Kind in Neuried getauft, ein weiteres bekam die erste Heilige Kommunion.

Übersicht der Leuchttürme der Bürgerbeteiligung

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