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Leichtathletik-Stadionals Stützpunkt der besonderen Art

Staatsanzeiger: Ausgabe 7/2017
Von: Dischinger, Marcus 

Projekt 64: Karlsruhe Kategorie 4

Mehrere junge Flüchtlinge trainieren bei den Wettkampf- und Leistungsathleten der Leichtathletik-Gemeinschaft Region Karlsruhe mit. Das Training ist nicht nur eine feste Konstante im Leben der Flüchtlinge. Sie lernen so auch die deutsche Sprache im Umgang mit den anderen Athleten gleich mit. Karlsruhe. Im Carl-Kaufmann-Stadion im Süden Karlsruhes treffen sich regelmäßig Jugendliche zum Leichtathletik-Training. „Wir sind ein Zusammenschluss von zwölf Vereinen aus Karlsruhe und der Region und bieten hier ein Stützpunkt-Training in den Bereichen Sprung, Mehrkampf, Lauf, Stabhochsprung und Wurf für Wettkampf- und Leistungsathleten an“, sagt Angelika Solibieda, Vorsitzende der Leichtathletik-Gemeinschaft Region (LGR) Karlsruhe. Die Bezeichnung „Stützpunkt“ verleiht dem Ort seit 2015 eine besondere Symbolik. Denn die LGR hat mehrere junge Geflüchtete in ihre Trainingsgruppen aufgenommen. Viele davon sind jünger als 18 Jahre. Teilweise sind sie ohne Begleitung von Erwachsenen hierhergekommen.
Früheres Mitglied der eritreischen Nationalmannschaft trainiert mit
Die jungen Menschen haben auf unterschiedlichen Wegen zur LGR gefunden. „Einmal ging das über private Kontakte“, erinnert sich Günther Scheefer, einer von fünf Trainern der Leistungsgruppen. Er sei von einer Bekannten aus der Erstaufnahmestelle angerufen worden, da aufgefallen war, dass ein Flüchtling früher der eritreischen Nationalmannschaft für Langstreckler angehörte. „Das war auch so die Initialzündung für uns, aktiv zu werden“, sagt Scheefer. In einem anderen Fall sei man von der Arbeiterwohlfahrt angerufen worden; es ging um einen Leichtathleten aus Gambia. Syrien und Afghanistan sind Herkunftsländer weiterer Sportler, die derzeit in der LGR mittrainieren. Die Teilnahme am Training ist für die Flüchtlinge eine feste Konstante. Es gibt bestimmte Trainingszeiten, es gibt Abläufe, es gibt ein System. Das ist zugleich eine Herausforderung für diejenigen, die aus einem Land kommen, wo es derzeit keine festgelegten Abläufe und schon gar kein System gibt. Scheefer unterstützt im Rahmen seiner Möglichkeiten die jungen Menschen auch bei der Suche nach einem Ausbildungs- und Arbeitsplatz. „Einer hat jetzt eine Ausbildung als Tischler begonnen, ein anderer kann ein Betriebspraktikum machen“, erzählt er. Es sind einzelne Erfolge, die Mut machen.
Verbleib in Karlsruher Unterkunft ist oft nicht sicher
Dennoch dauert es lange, bis die jungen Geflüchteten selbst längerfristige Perspektiven in den Blick nehmen. „Es gibt da jemanden unter den Flüchtlingen, der hat 29 Jahre jeden Tag um sein Leben gekämpft und musste von Tag zu Tag leben, und wir erwarten nun, dass er 20 Jahre weiter denkt“, betont Scheefer und breitet fragend die Hände aus. Auch was das Sportliche angeht, gibt es Unwägbarkeiten. Karlsruhe ist in der Regel nur Durchgangsstation für die Flüchtlinge. Von der Erstunterkunft geht es weiter in eine Sammelunterkunft an einem anderen Ort. „Wir setzen uns dafür ein, dass sie wenigstens im Landkreis bleiben können und damit weiter am Training teilnehmen können“, so Scheefer. Für die Leichtathleten der LGR zwischen 15 und 26 Jahren gehörten die jungen Flüchtlinge schnell dazu. „In meiner Trainingsgruppe finde ich wichtig, dass die jungen Leute mit dieser Realität konfrontiert werden“, sagt Günther Scheefer, im Hauptberuf Pädagoge. Im Kontakt miteinander lernen die Flüchtlinge die deutsche Sprache und Kultur „so nebenbei“. Zögerlich sind sie freilich, wenn es um ihre eigene Geschichte geht. Viele wollen nicht erzählen, was sie erlebt haben, da damit Geschehnisse ins Gedächtnis gerufen werden, die für sie schwer zu verarbeiten sind.

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