Karlsruhe. Alle Beteiligten brauchten einen langen Atem: Rund zwei Jahre lang haben sich Bürger der Karlsruher Nordstadt Gedanken gemacht, wie ein neu zu entwickelndes Viertel, direkt angrenzend an das bestehende Wohnquartier, aussehen könnte. Ein Rahmenplan sollte entstehen, als Leitlinie für einen künftigen Bebauungsplan. Das ist gelungen. Dahinter stecken viele Stunden Arbeit – sowohl der Mitarbeiter des Stadtplanungsamts wie der Bürger. Und das in unterschiedlichen Formaten.
Schon zur Auftaktveranstaltung kamen 120 Personen. Das zeigte, wie groß das Interesse ist. Dann gab es Workshops mit je sechs bis acht Personen zu unterschiedlichen Themen, in denen in intensiven Diskussionen konkrete Vorschläge für das Viertel erarbeitet wurden. Sie sollen ein in die Jahre gekommenes Gewerbegebiet und früheres Militärareal der amerikanischen Streitkräfte in ein schmuckes Wohnviertel verwandeln. Ein Wohnviertel, das in Karlsruhe dringend gebraucht wird.
Auch Jugendliche wurden beteiligt. Denn mitten im Gebiet ist ein wichtiger Jugendtreff, der auch dort bleiben soll. „Wir haben drei Jugendliche ausgelost, die Teil der Jury für den städtebaulichen Wettbewerb wurden“, so Viola Steinmetz, die das Projekt „Zukunft Nord“ beim Stadtplanungsamt leitete.
Eine Jury gab es, weil mehrere Büros in einem Wettbewerb Entwürfe einreichten. Am Ende gewann nicht der vom Investor anfangs präferierte Entwurf. Nach intensiver Diskussion und Abwägung aller Vor- und Nachteile können sich aber alle damit arrangieren.
Im Mai 2016 beschloss der Gemeinderat genau den von den Bürgern erdachten Rahmenplan. Neben der fünfgeschossigen Wohnbebauung sind eine Kindertagesstätte, Gastronomie, Geschäfte, ein Gemeinschaftshof und Büros geplant.
Ein sogenanntes Parkfenster soll den Blick in ein angrenzendes Naturschutzgebiet ermöglichen. Auch elektronisch konnten sich Bürger einbringen und Vorschläge machen. Konkrete Punkte wurden abgefragt, etwa: „Wollen Sie am Quartiersplatz einen Kaffee trinken?“ Die Ergebnisse wurden an das externe Planungsteam weitergegeben.
Auch der Bürgerverein im Stadtteil nutzte den Prozess, um sich einzubringen. Er half durch Werbung mit, dass die Teilnehmerzahlen bei den Veranstaltungen konstant hoch blieben. „Insgesamt war es in Bezug auf die Leute bei allen Veranstaltungen eine gesunde Mischung, man merkte, da ist ein Gemeinschaftsgeist und es gibt ein Commitment in der Nordstadt, dass man da dabeisein will“, so Christine Krüger vom Büro Südlicht, das den Prozess moderierte.
Für das Stadtplanungsamt war der Prozess wegen Umfang und Größe ebenfalls etwas Besonderes und er brachte das Team um Viola Steinmetz bis an die Grenze der Leistungsfähigkeit.
Doch hat sich der Aufwand gelohnt.„Wir wollen das künftig auch in dieser Art in kleineren Quartieren so machen“, kündigt die Vertreterin des Stadtplanungsamts an. Im Oktober 2016 erhielt Bürgermeister Michael Obert (FDP) und die Leiterin des Stadtplanungsamts, Anke Karmann-Woessner, in München die Platin-Auszeichnung der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen für das Quartier, dessen Planung und den Prozess.
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