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Musik als Sprache, die jeder versteht und die zusammenführt

Staatsanzeiger: Ausgabe 15/2017
Von: Heiland, Simone 

Kategorie 4

Der Freiburger Verein „zeug und quer“ hat es sich mit seinem Projekt „MusiCasa“ zur Aufgabe gemacht, Flüchtlingskindern durch gemeinsames Musizieren und musikalisches Experimentieren mit Einheimischen zu ermöglichen, ihre eigene Kultur einzubringen wie auch die deutsche kennenzulernen.

FREIBURG. Musik als Sprache – das ist das Motto für Julia Scheuerle, Joss Reinicke und Johannes Jäck. Mit ihrem Projekt MusiCasa wollen sie der Annäherung durch Sprache die Möglichkeit beifügen, sich mittels Musik und gemeinsamen Musizierens zu verständigen und Grenzen sowie Distanzen zu überwinden. Das Musizieren wollen die drei Vereinskameraden dabei als eine elementare Form von Kommunikation verstanden wissen. Neben Fähigkeiten wie Rhythmusgefühl und Singen sei vor allem der Aspekt des gemeinsamen Inter- agierens der Kern der Arbeit.

„Musik ermöglicht Erfahrungen und Interaktionen, die außerhalb der gesprochenen Sprache liegen“, sagt Joss Reinicke. Sie werde daher oft als universelle Sprache bezeichnet. „Neben der Überzeugung, dass das, was man selber gern macht, es wert ist, weitergegeben zu werden, leitet uns ein weiterer Impuls: das Interesse, Menschen kennenzulernen, deren Lebenswelten sich von unseren eigenen unterscheiden.“

Kultureller Austausch bedeute, nicht die eigene Lebensweise als Leitbild zu vermitteln und sich darin selbst bestätigt zu sehen, sondern das Interesse am Anderen in den Mittelpunkt zu stellen, der dann nicht als Fremder, sondern als ein Individuum aus einem anderen, spannenden Kulturkreis wahrgenommen werden kann.

Musizieren bedeutet keineswegs bloß singen

Zunächst fand für die Flüchtlingskinder im Grundschulalter einmal pro Woche eine Musizierstunde in der Grundschule statt. Angeleitet wurden sie von Studierenden der Musikhochschule Freiburg. Die Kinder hätten zwar die Möglichkeit, in Sprachförderklassen die Schule zu besuchen, so Reinicke, doch werde dort in den seltensten Fällen Musikunterricht angeboten. Die Kinder sind zwischen sechs und zehn Jahre alt und kommen unter anderem aus Syrien, Afghanistan und den Balkan-Ländern.

Derzeit wird das ursprüngliche Format umgestellt. Ab Juli sollen „Intensivphasen im Workshop-Stil“ stattfinden, so der Initiator. Ein Workshop dauert drei bis vier Tage. Es wird musiziert und experimentiert: getrommelt, gerapt, improvisiert, getanzt, nach Musik gemalt oder einfach nach Herzenslust ausprobiert.

Wichtig sei stets das Hinhören und das klangliche Agieren und Reagieren in einer Gruppe, so Reinicke. „So entstehen gerade beim Improvisieren oft Momente, bei denen die Kinder unglaublich aufmerksam und feinfühlig sind.“ MusiCasa verstehe sich weniger als Unterricht, sondern als eine Form der Begegnung durch gemeinsames Musizieren. Am Ende eines jeden Workshops soll eine Performance stattfinden. Die Idee ist, dass MusiCasa nicht isoliert in Sprachförderklassen bleibt, sondern Kinder unterschiedlicher Herkunft zusammenkommen. MusiCasa kooperiert mit drei Schulen: der Anne-Frank-Schule, der Emil-Gött-Schule und der Tullaschule

Orchestermusiker begleiten das Projekt und geben Einzelunterricht

Die Freiburger Kammersolisten begleiten das Projekt, indem sie Benefizkonzerte geben, den Kindern aber auch die Möglichkeit bieten wollen, Einzelunterricht zu bekommen. Die Orchestermusiker gehen in die Musikstunde, stellen den Kindern ihr Instrument vor und lassen sie ausprobieren. So soll aus Instrumentalunterricht Ensemblearbeit entstehen.

„Über zwei Jahre hinweg haben wir einen Erfahrungsschatz angesammelt, mit neun Musikern an drei Schulen und insgesamt über 20 Kindern“, bilanziert Joss Reinicke. Es sei stets viel gelacht und gealbert worden. „Die Kinder sind uns dabei ans Herz gewachsen.“ Besonders sei das zu spüren gewesen, wenn ein Kind unerwartet nicht mehr kam, weil es abgeschoben wurde. „Da fragt man sich: Was bleibt?“

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Weitere Informationen finden Sie unter:

www.zeugundquer.de


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