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Auf Wiedersehen Schließzeiten, Mahngebühren ade

Staatsanzeiger: Ausgabe 38/2018
Von: Rochlitz, Sabine 

Göppingen

Der Name ist Programm: „24 mal sieben“ – 24 Stunden lang, an sieben Tagen die Woche können die Kunden der Stadtbibliothek Göppingen elektronische Medien aller Couleur ausleihen. Was vor zehn Jahren als Experiment begann, ist mittlerweile ein Dauerbrenner, der ständig weiterentwickelt wird. Göppingen. Wer mit dem stellvertretenden Leiter der Stadtbibliothek Göppingen, Benjamin Stasch, spricht, merkt seine Begeisterung für die Online-Bibliothek. „Wenn alles gut läuft, bekomm’ ich gar nichts mit, unser Angebot ist barrierefrei und unabhängig von Öffnungszeiten“, sagt der 33-Jährige, der sich schon in seiner Abschlussarbeit im Studium mit diesem Thema befasst hatte. Damals gab es erst vier Pilotprojekte: Hamburg, Köln, München und Würzburg.
Der Büchereiausweis genügt, das Angebot kostet nichts extra
In Baden-Württemberg war Göppingen 2008 gemeinsam mit Geislingen Vorreiter: Die beiden Städte gründeten die in Baden-Württemberg erste Download-Plattform für digitale Medien, gleichzeitig Deutschlands erste interkommunale „Onleihe“- ein Mischbegriff aus „online“ und „Ausleihe“. Aus dem Zweierbund ist inzwischen eine Kooperation von 35 Kommunen aus den Kreisen Göppingen und Esslingen geworden. Auch wenn es um digitale Medien geht – der persönliche Kontakt ist Stasch wichtig: „Die Kunden können zu uns kommen und wir helfen ihnen gerne.“ Die Bürger nutzten das Angebot rege. „Mein Enkel macht das sonst für mich“, heißt dann etwa, „er ist aber gerade nicht da.“ Viele seien dankbar, wenn sie Unterstützung beim Einrichten ihres Rechners erhielten. Stasch denkt dabei an die Dame, die im Garten ihre Hörbücher auf dem I-Pad hört. Doch auch, wer im Zug oder am Strand Lust auf Lektüre bekommt, kann aus mittlerweile rund 51 000 Medien wählen. Der Büchereiausweis genügt, das Angebot kostet nichts extra. Und die Bibliothek geht mit der Zeit: Das Angebot reicht von E-Books über Hörbücher bis zu E-Learning-Kursen, etwa zum Erwerb von Fremdsprachen. Seit Jahresbeginn erhalten die Kunden über Pressreader Zugang zu mehr als 7000 Zeitungen, Magazinen und Zeitschriften aus 100 Ländern in über 60 Sprachen. Auch einen Musik-Streaming-Dienst gibt es neuerdings. Über das Portal Freegal Music können Kunden online auf über 15 Millionen Titel, Playlists oder Videos zugreifen. „Das ist wie Spotify für Bibliotheken“, sagt Stasch. Wer schlecht zu Fuß ist, dem helfen ehrenamtliche Medienboten auch zu Hause. Das neueste Projekt: „Wir sind an einem Filmstreaming-Dienst dran.“ Anbieter zu finden, sei die zentrale Herausforderung aller Büchereien. Anfangs hätten die Verlage wenig Interesse gezeigt. „Wer ein E-Book online ausleiht, kauft es nicht“, laute die gängige Befürchtung. Solche Vorbehalte führten zu ungünstigen Lizenzmodellen. Es werde der doppelte Preis verlangt und nach 52 Ausleihen verschwinde das E-Book aus dem Bestand. „Das ist, als wenn jemand nachts in die Bibliothek einbricht und Bücher stiehlt“, so Stasch.
Bibliotheken genießen eine hohe Glaubwürdigkeit
Mittlerweile werde jeder vierte Roman online entliehen: Vor allem die Belletristik und die Jugendliteratur haben einen rasanten Anstieg hinter sich, auf sie entfielen 2017 bereits 55 Prozent der digitalen Entleihungen. Ein großer Vorteil der Online-Bibliotheken: Es entstehen keine Mahngebühren – die Datei lässt sich nach Fristende einfach nicht mehr öffnen. Stasch ergänzt, dass die Bibliothek keine kommerziellen Interessen verfolgt, schaue lediglich danach, wirtschaftlich zu arbeiten. Außerdem verweist er auf die hohe Glaubwürdigkeit, die Bibliotheken nach wie vor genießen.

     

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