Foto: Philipp von Ditfurth/dpa
KARLSRUHE/ELLWANGEN/WEINSTADT. Sie heißen „Car Watch Festival“ wie in Viernheim, „Kultur Drive-in“ wie in Weinstadt oder schlicht „Autokino“. Derzeit gibt es mehr als 20 Autokinos im Land. Wenige wie etwa das Autokino Kornwestheim halten sich als Kuriosum bereits seit Jahrzehnten einen treuen Kundenstamm, andere wurden erst in den vergangenen beiden Monaten ins Leben gerufen, etwa in Ellwangen, Esslingen, Karlsruhe und Heilbronn.
Viele der Betreiber werden früher oder später die Leinwände wieder einpacken und ihre Zelte abbrechen. Denn ab 1. Juni dürfen Kinobetriebe, Theater und Kultureinrichtungen wieder ihre Türen öffnen – allerdings lediglich für Veranstaltungen mit weniger als 100 Besuchern und unter großen Auflagen.
„Für uns ist das nicht lukrativ“, sagt Ingmar Otto, Intendant des Kammertheaters Karlsruhe. „Unser großer Saal ist für 280 Zuschauer ausgelegt, mit den Abstandsregelungen passen nur 60 Leute rein. Mit jeder Veranstaltung würden wir das finanzielle Loch, das die Corona-Krise reißt, vergrößern.“
Das Kammertheater, das normalerweise auch im Sommer spielt, hat bereits Mitte März alle Veranstaltungen bis zum 19. Juli abgesagt. Eine schwierige Situation, denn 80 bis 90 Prozent der Kosten für den Betrieb spielt das Theater selbst ein. Deshalb haben sich Otto und sein Team etwas für das Haus völlig Neues einfallen lassen.
„Das Autokino wurde aus der Not geboren, um sichtbar zu bleiben“, so Otto. Eine GmbH wurde gegründet und eine Großbildleinwand, später auch eine LED-Leinwand angeschafft. Die Kosten belaufen sich bislang auf rund 400 000 Euro. Seit 22. April sind auf dem Messplatz Filme für Kinder und Erwachsene zu sehen. Mitte Mai kamen Aufführungen von Solo-Künstlern hinzu. Die Live-Programme werden zusätzlich auf die Leinwand übertragen. Als Nächstes soll wieder Musik spielen. Und da nun klar ist, dass auch Theater in kleinerem Format wieder stattfinden kann, will Otto die eigenen Stücke auf die Bühne bringen – bis Anfang September, so der Plan.
Auch in Ellwangen (Ostalbkreis) gibt es noch, bis 1. Juni, ein Autokino. Auf den Weg gebracht wurde es vom Kulturamt, das als Betreiber fungiert. Die Idee kam aus der Jugendszene. „Zunächst waren wir etwas verhalten, auch weil wir dachten, dass sich das mit der Technik nicht stemmen ließe“, sagt Olaf Thielke, Kulturbeauftragter der Stadt Ellwangen. Die Tatsache, dass die Besucher den Ton über das Autoradio empfangen können, da man eine Frequenz mieten kann, habe den Stein dann ins Rollen gebracht. „Die Umsetzung ging schnell“, so Thielke. „Wir haben ein reges Kulturleben und eine engagierte Jugendszene und auch Firmen haben sich intensiv eingebracht.“
In Kooperation mit dem dortigen Kinobetreiber wurde das Programm abgestimmt. Neben Filmen stehen Kabarett und Live-Musik auf dem Programm. Ebenso gab es bereits zwei ökumenische Gottesdienste.
103 Stellplätze stehen zur Verfügung, an den Wochenenden sind sie oft ausgebucht. „Es gibt noch keine Überlegungen, das zu verlängern, aber eine Fortsetzung wäre denkbar“, so Thielke.
Erst am Anfang ist man in Weinstadt (Rems-Murr-Kreis). Dort soll es am heutigen Freitag mit dem „Kultur Drive-in“ auf dem Birkel-Areal losgehen. Die Idee dazu kam aus dem Kulturamt. „Wir mussten so viele Kulturveranstaltungen absagen, wir mussten einfach irgendetwas auf die Beine stellen“, sagt Jochen Berglau vom Kulturamt. „Mit unserer Idee haben wir im Rathaus offene Türen eingerannt.“
Drei Wochen Kultur geballt sind geplant, mit Musik, Kabarett und einer Kindershow. Alle 40 Minuten wechseln die Künstler – und die Besucher beziehungsweise Fahrzeuge, 30 an der Zahl sind jeweils zugelassen. Rund 40 000 Euro kostet das die Stadt – Geld aus dem Topf, der sowieso in diesem Jahr für die Kultur vorgesehen war, so Berglau.
Veranstaltungen mit festen Sitzplätzen dürfen ab dem 1. Juni mit bis zu 100 Teilnehmenden stattfinden. Dafür müssen die Veranstalter ein Hygienekonzept erarbeiten, das auf Verlangen vorgelegt werden muss. Zu dieser Veranstaltungsart gehören etwa Konzerte, Theater, kleinere Festivals mit Sitzplätzen, Vortragsveranstaltungen, Kino und Veranstaltungen von Vereinen.
Hierzu soll zeitnah noch eine gesonderte Verordnung erlassen werden, die Fragen zu Hygienevorschriften und Abstandsregeln beinhaltet.
Studierende der Hochschulen für öffentliche Verwaltung Kehl und Ludwigsburg berichten über ihr Praktikum im Rahmen des Praxisjahrs im Vertiefungsschwerpunkt Kommunalpolitik/ Führung im öffentlichen Sektor beim Staatsanzeiger.
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