Stuttgart. Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) hat in der Regierungsbefragung am Mittwoch im Landtag Zweifel daran geäußert, ob die von der Deutschen Bahn genannte Höchstsumme von 6,8 Milliarden Euro ausreicht, Stuttgart 21 zu bauen. Auf die Frage, ob er für das Bahnprojekt ist, antwortete er ausweichend. In der Debatte wurden erneut deutlich, dass SPD und Grüne beim Thema Stuttgart 21 erhebliche Differenzen haben.
Kritik musste sich Hermann unter anderem wegen eines Schreibens von Ministerpräsident Winfried Hermann (Grüne) an mehrere Projektgegner, darunter den Schauspieler Walter Sittler, anhören. Dort ist von einer "Vertrauenskrise" die Rede. "Kein rechtschaffener Geschäftsführer oder Häuslebauer" müsse sich das Geschäftsgebaren der Bahn gefallen lassen, zitierte der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Winfried Mack aus dem Brief, der auch im Namen von Hermann verfasst worden war und kommentierte, das Schreiben sei "im Ton unerträglich: So kann man mit Partnern nicht umspringen".
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Claus Schmiedel ergänzte, dass Hermann etwa bei der Südbahn nicht von einer Vertrauenskrise rede, obwohl die Kosten in ähnlichem Maße stiegen und fragte Hermann, ob dies damit zu tun habe, dass er für unterschiedliche Projekte unterschiedlich viel Sympathie besitze.
Dies ist nach Hermanns Angaben jedoch nicht der Fall. Er verwies darauf, dass er sich auch bei anderen Projekten als Stuttgart 21 bei der Bahn beschwere, wenn die Kosten stiegen - so etwa bei der Gäubahn und der Rheintalbahn.
Daraufhin wollte Mack wissen: "Wollen Sie das Projekt Stuttgart 21?" Hermann antwortete ausweichend: "Mein Interesse ist, dass wir so schnell wie möglich einen gut funktionierenden und modernisierten Bahnhof in Stuttgart bekommen." Der Ball sei nun bei der Bahn.
Hermann beklagte erneut, dass die Bahn die Lenkungskreissitzungen nicht ausreichend vorbereite. Nachdem für die Sitzung am 21. Januar erneut keine Unterlagen zur Verfügung gestellt wurde, sei dieser Termin von den Projektpartnern zu einer grundsätzlichen Aussprache genutzt worden.
Von der Kostensteigerung um bis zu 2,3 Milliarden Euro hat Hermann eigenen Angaben zufolge aus der Presse erfahren. Mack zog dies in Zweifel und wies darauf hin, dass die Bahn mit einem 40-köpfigen Team über viele Monate an der Neuberechnung gearbeitet hatte.
Klar wurde in der Debatte, dass Hermann nicht bereit ist, für den Anschluss des Flughafens zusätzliche Mittel bereit zu stellen. Hermann betonte zwar, dass auch seiner Ansicht nach ein Filderbahnhof in größerer Nähe zum Flughafen als bislang geplant große Vorteile habe. Allerdings werde die Grünen-Fraktion dagegen stimmen, wenn dies mit einer Erhöhung des Kostenanteils für das Land verbunden wäre. Hermann zog daraus den Schluss, dass es im Landtag keine Mehrheit für einen verbesserten Flughafenanschluss geben werde, wie er vom Filderdialog angeregt wurde.
Streit gab es schließlich über die Frage, was der Technik-Vorstand der Deutschen Bahn, Volker Kefer, im Gespräch mit den Fraktionen von SPD und Grünen gesagt habe. Bei der SPD, so Wolfgang Drexler, sei davon die Rede gewesen, dass die Bahn 1,1 Milliarden Euro Mehrkosten übernehmen und dass die Projektpartner dafür sorgen sollten, dass weitere Kostenrisiken in Höhe von 1,2 Milliarden Euro nicht eintreten.
Bei den Grünen dagegen klang es, so Hermann, danach, als würden die 1,2 Milliarden Euro von den Projektpartnern übernommen werden müssen. "Ich sage ungern kritische Worte zu Koalitionspartnern." Allerdings hätten die Grünen bereits mit ihren Befürchtungen Recht gehabt, dass der Kostendeckel nicht hält. Hermann geht davon aus, dass selbst die 1,2 Milliarden Euro nicht ausreichen, Stuttgart 21 zu finanzieren.
Studierende der Hochschulen für öffentliche Verwaltung Kehl und Ludwigsburg berichten über ihr Praktikum im Rahmen des Praxisjahrs im Vertiefungsschwerpunkt Kommunalpolitik/ Führung im öffentlichen Sektor beim Staatsanzeiger.
Wissenswertes zu kommunalpolitischen Themen für Sie als Gemeinderat/Gemeinderätin mit einem wöchentlichen Newsletter direkt in Ihr E-Mail-Postfach. Abonnieren Sie jetzt den
Kommunal-Newsletter.