Stuttgart. Mit dem Doppelhaushalt 2013/2014 bewahrt die grün-rote Landesregierung nach Ansicht von Ministerpräsident Winfried Kretschmann die Handlungsfähigkeit des Landes. „Ich sehe keine Alternative“, sagte der Grünen-Regierungschef am Mittwoch in der Aussprache über den von Finanzminister Nils Schmid (SPD) in der vergangenen Woche vorgelegten Entwurf für den Doppelhaushalt. Dieser sieht Einnahmen von 40,7 Milliarden Euro in 2013 und 41,3 Milliarden Euro in 2014 vor.
Es sei eine „unumstößliche Tatsache“, dass Schwarz-Gelb der Regierung einen Schuldenberg von mehr als 40 Milliarden Euro hinterlassen habe. Zudem gebe es 70 Milliarden Euro verdeckte Schulden bis 2020 durch die Pensionslawine für 140 000 Versorgungsempfänger. CDU und FDP hätten aber nicht nur einen Schuldenberg hinterlassen, sondern auch defizitäre Haushaltsstruktur, erklärte Kretschmann. „Die Zinsen für den Schuldenberg sind höher als die Neuverschuldung“, rechnete er vor.
In der fast fünfstündigen Aussprache hatten sich die Sprecher der Regierungs- und Oppositionsparteien gegenseitig Versagen in der Haushaltspolitik vorgeworfen und dabei auch mit Polemik nicht gespart. CDU-Fraktionschef Peter Hauk warf der Regierung einen „finanzpolitischen Offenbarungseid“ vor. Mit diesem Etat steuere man in Richtung Schuldenstaat und verabschiede sich aus der Liga der Länder mit der geringsten Verschuldung. CDU und FDP hätten gezeigt, dass ein Haushalt ohne neue Schulden möglich sei. Indem die neue Landesregierung die Schuldenbremse missachte, handele sie verfassungswidrig, kritisierte Hauk. Dabei sei durch die Steuer-Mehreinnahmen von 3,3 Milliarden Euro durchaus die Nullverschuldung erreichbar gewesen. Er hielt Grünen und SPD vor, teure Wahlgeschenke auf Kosten der Menschen und der nachfolgenden Generationen zu verteilen.
Noch härter attackierte Hans-Ulrich Rülke die Regierung und Finanzminister Schmid. „Das, was Sie vorgelegt haben, ist ein Zaziki-Haushalt, der eher nach Griechenland passt als nach Baden-Württemberg“, sagte der FDP-Fraktionschef. Schmid mute mit seinem Zynismus dem Landtag einen Reigen aus Märchen, Mythen und Legenden zu. Mit grüner Politik schreibe die Regierung rote Zahlen, sagte Rülke. Sie habe weder ein Einnahme- noch ein Strukturproblem, sondern allein ein Ausgabenproblem. Diese Regierung könne nicht mit Geld umgehen, sondern schmeiße es mit vollen Händen zum Fenster hinaus. Dies bezeichnete Rülke als „Schande“.
Schmid reagierte gelassen auf „Dr. Rülke und Peter Pan“. Die Opposition müsse schon erklären, „welche Ist-Ausgaben“ sie antasten möchte. Grün-Rot werde, anders als jahrlang CDU und FDP, den Haushalt noch in diesem Jahr und damit verfassungsgemäß verabschieden. Außerdem will die Regierung Paragraf 18 der Landeshaushaltsordnung ändern; der Paragraf besagt, unter welchen Bedingungen neue Schulden möglich sind. „Damit sind wir gesetzeskonform“, stellte Schmid fest. Erneut sprach sich der Finanzminister gegen das von der Opposition geforderte Steuerabkommen mit der Schweiz aus; dieses habe „zu viele Schlupflöcher“. Statt dessen baue das Land neue Stellen in der Steuerverwaltung auf, denn die CDU sei "jahrelang auf der Seite der Steuersünder" gewesen.
Die Grünen-Fraktionschefin Edith Sitzmann verteidigte die Schuldenaufnahme. „Wir wollen zwar die Schuldenbremse, aber auch keine Politikbremse“, erklärte sie. Im Südwesten habe es einen Regierungswechsel gegeben, weil das Land einen Politikwechsel dringend nötig gehabt habe. Wenn CDU und FDP besser gewirtschaftet und die Weichen richtig gestellt hätten, „könnten wir auf neue Schulden verzichten“. Grün-Rot wolle klare Schritte zum Abbau des strukturellen Defizits gehen und bis Mitte 2013 einen Finanzplan 2020 vorlegen, kündigte Sitzmann an. Die geschehe im politischen Dialog, zum Beispiel auch mit den kommunalen Landesverbänden.
SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel konterte die Angriffe von Schwarz-Gelb. Er hielt der Opposition Schulden von 140 Milliarden Euro offener vor und wies die Argumentation zurück: „Sie zeichnen ein Zerrbild, mit dem die Menschen nichts anfangen können.“ Er lud CDU und FDP „herzlich ein“, Anträge zur Nullverschuldung im Finanzausschuss einzubringen. „Jeder sinnvolle Sparvorschlag wird von uns geprüft.“ Maulheldentum pflegen und Backen aufblasen sei kein probates Mittel. Zu den Angriffen der CDU sagte Schmiedel: „Das strukturelle Defizit in diesem Land ist die CDU.“
Studierende der Hochschulen für öffentliche Verwaltung Kehl und Ludwigsburg berichten über ihr Praktikum im Rahmen des Praxisjahrs im Vertiefungsschwerpunkt Kommunalpolitik/ Führung im öffentlichen Sektor beim Staatsanzeiger.
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