Wissenschaftsministerin Bauer will Zulagenvergabe wieder kontrollieren

12.07.2018 
Von: sta/schl
 
Redaktion
 

Wissenschaftsministerin Theresia Bauer. Foto: Wissenschaftsministerium

Stuttgart. An diesem Freitag wird der Untersuchungsausschuss "Zulagen Ludwigsburg" der sich mit den rechtswidrigen Zulagen an der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen befasst, weitere Zeugen befragen. Darunter diesmal Vertreter von Ministerien sowie ein Vertreter der Staatsanwaltschaft, die Klage gegen den ehemaligen Rektor, den ehemaligen Kanzler sowie 13 Professoren wegen Untreue und Beihilfe dazu erhoben hat.

Wie sich inzwischen zeigte, ist die Verwaltungshochschule Ludwigsburg nicht die einzige Hochschule im Land bei der es zu Problemen mit Zulagen für Professoren kam. Als Konsequenz daraus will Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) wieder Kontrollmechanismen einbauen. Zugleich würden auch an den Hochschulen Strukturen aufgebaut, die dort eine zuverlässigere Kontrolle der Zulagenvergabe möglich mache, sagte Bauer der Deutschen Presse-Agentur. "Wir werden genauer hinschauen, damit wir sicher sind, dass das System zuverlässig läuft."

Hochschulen sollen dauerhaft begleitet werden

Bauer plant, die Hochschulen dauerhaft zu "begleiten", wie sie vorsichtig sagt, weil sie weiß, dass die 2005 eingeführte Autonomie in der Zulagenpraxis den Hochschulen ein hohes Gut ist. Ein Referat in ihrem Haus werde sich mit der Kontrolle besoldungsrechtlicher Personalfragen befassen. Den Hochschulen soll zudem geholfen werden, ihre juristische Expertise auszubauen. Man habe ihnen Kompetenzen gegeben - "aber nicht die Möglichkeit, diese kompetent wahrzunehmen".

Prüfungen der Zulagenpraxis auch des Landesrechnungshofes hätten ergeben, dass in den vergangenen Jahren an 11 der 21 Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW) Forschungszulagen fehlerhaft vergeben worden waren, teilte Bauer auf Anfrage mit. Betroffen seien demnach 108 Professuren an solchen Hochschulen mit hohem Forschungsanteil. Bei 81 Professoren gehe es um mehr - und nicht nur darum, dass etwa eine Urkunde nicht vergeben wurde, was leicht zu korrigieren sei.

Insgesamt gibt es im Land rund 7400 Professoren, knapp 5000 bekommen ein Grundgehalt plus Leistungszulage und unterliegen damit der W-Besoldung. Die Hälfte davon ist an einer HAW beschäftigt.

Hintergrund ist Systemwechsel von C- auf W-Besoldung mit Leistungszulagen

Der Hintergrund  für die jetzt aufgedeckten Fehler in der Vergabepraxis liegt in einem Systemwechsel im Jahr 2005: Damals wurde die W-Besoldung neu eingeführt. Sie sah ein niedrigeres Grundgehalt plus Leistungszulagen für die Professoren vor und bedeutete einen deutlichen Paradigmen-Wechsel im Vergleich zur bis dahin üblichen C-Besoldung, die sich unter anderem am Lebensalter orientierte und keine Leistungskomponente enthielt. Seither entscheiden die Hochschulen in eigener Verantwortung über die Vergabe von Zulagen. Bauer hält das nach wie vor für wichtig: Ohne Unterschiede bekomme man die attraktiven und gefragten Wissenschaftler nicht ins Land. Die Hochschulen forderten stets: "Lasst die Spitzen auch Spitze sein".

Nicht bedacht worden sei, was passiert, wenn das System nicht zuverlässig läuft. Bauer glaubt daher, dass es die jetzt aufgekommenen Probleme nicht nur an Hochschulen in Baden-Württemberg gibt. "Ich gehe fest davon aus, dass das, was wir hier aufarbeiten, auch ein Thema für die anderen Wissenschaftsministerien wird." Die hier aufgedeckten Fehler sind vielfältig: Da wurden Urkunden nicht ausgestellt, oder es entschied eine Person allein über Zulagen, wo eigentlich das ganze Rektorat hätte zustimmen müssen. "Sowas ist heilbar", so Bauer. Schwieriger seien falsch abgerechnete Forschungsvorhaben. Rückabgewickelt sei inzwischen die Konstanzer Ernennung von acht Professoren in eine höhere Besoldungsstufe ohne Ernennungsurkunde.

Zehn Punkte umfasst eine Agenda, mit der Bauer jetzt Ordnung in die Vergabepraxis bringen will. Ein Großteil betrifft die Vorgänge an den Hochschulen selbst. Es gibt Handreichungen, Checklisten und Schulungen zur Selbstkontrolle. Bei Beanstandungen verpflichten sich die Hochschulen zur fristgerechten Korrektur.

Kritik kam von der FDP-Fraktion: Der Obmann im Untersuchungsausschuss, Nico Weinmann, sprach von einem "eigenartigen Spagat" der Ministerin. Schließlich habe ihr Ministerium "das viel geringfügiger einschneidende Instrument der Rechtsaufsicht vernachlässigt". Der Grünenabgeordnete Alexander Salomon hingegen sieht eine Balance zwischen Aufsicht und Hochschulautonomie: "Wir unterstützen ausdrücklich die Bemühungen des Ministeriums dauerhaft neue Kontrollstrukturen aufzubauen, die die Vergabepraxis an den Hochschulen aus juristischer Sicht unterstützen wird."


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