Grünen-Steuerpläne setzen Kretschmann unter Druck

08.05.2013 
Redaktion
 
Foto: Archiv

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Stuttgart. Bundestagswahlkampf im Landtag: Heftiger Kritik durch die Opposition sah sich Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) bei der aktuellen Debatte im Landtag über die Steuerbeschlüsse des Parteitags der Grünen ausgesetzt, zu versteuernde Einkommen ab 60000 Euro stärker zu belasten, die Vermögenssteuer wieder  einzuführen sowie das Erbschaftssteueraufkommen zu erhöhen. Kretschmann selbst wies die Vorwürfe zurück und verwies auf die eindeutigen steuerpolitischen Vorgaben des grün-roten Koalitionsvertrags.

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Hans-Ulrich Rülke warf Kretschmann vor, in den letzten Wochen in seinen Äußerungen eine steuerpolitische Achterbahnfahrt unternommen zu haben und mit der Unterstützung der grünen Steuerpläne den Mittelstand in Baden-Württemberg zu gefährden. „Im Land geben Sie den Mittelstandsversteher und auf dem Parteitag den grünen Abkassierer“, sagte Rülke. Kretschmann hatte sich im Vorfeld des Parteitages kritisch zu den Steuererhöhungsplänen im Parteiprogramm der Grünen für die Bundestagswahl geäußert, auf dem Parteitag selbst die Beschlüsse aber mitgetragen. „Sie gehen mit vollem Mund zum Mittelstand und mit vollen Hosen zum Parteitag“, warf Rülke dem Ministerpräsidenten vor und erntete dafür heftige Reaktionen der grün-roten Regierungsfraktionen. „Wenn SPD und Grüne einen Koalitionsvertrag auf Bundesebene aushandeln dürfen, dass ist der Mittelstand in Baden-Württemberg am Ende und die Mittelschicht stellt die Arbeit ein, weil sie sich nicht mehr lohnt“, so Rülke weiter.

Hauk vermutet „groß angelegten Plan, den Süden abzuzocken“

Auch CDU-Fraktionschef Peter Hauk warf Kretschmann vor, mit Unterstützung für die grünen Steuerpläne die breite Mittelschicht von Arbeitnehmern und Mittelständler in Baden-Württemberg zu belasten. „Das trifft nicht die Millionäre und Besserverdiener“, sagte Hauk. Zudem vermutete Hauk hinter den Beschlüssen einen „groß angelegten Plan, den Süden abzuzocken“. Mehr Steuereinnahmen könne ein Staat nicht durch Steuererhöhungen generieren, sondern durch Rahmenbedingungen, die ein hohes Steueraufkommen gewährleisteten.

Eine lautstarke Auseinandersetzung zwischen den Parteien entspann sich im Plenum an der Frage, wie viele Menschen in Baden-Württemberg letztlich in welchem Maße stärker zur Kasse geben würden. Für die Grünen verwies die Stuttgarter Abgeordnete und Steuerberaterin Muhterem Aras auf den Unterschied zwischen zu versteuerndem Einkommen und Bruttoeinkommen und warf CDU und FDP vor, wissentlich mit falschen Zahlen zu operieren, um Ängste zu schüren. „Sie müssen uns den Mittelstand nicht erklären,“ sagte Aras weiter, „der Mittelstand braucht Infrastruktur, gute Schulen und Hochschulen – und genau das haben wir gemacht“.  Aras stellte zudem klar, dass es mit den Grünen die von vielen Mittelständlern befürchtete Substanzbesteuerung nicht geben werde. 

Auch Klaus Maier verteidigte für die SPD-Fraktion die Steuerpläne seiner Partei, die den Spitzensteuersatz für zu versteuernde Einkommen ab 100000 Euro für Singles und 200000 Euro für Ehepaare zu erhöhen.  „Wir wollen einen handlungsfähigen Staat, und der ist kein Angriff auf den Mittelstand und schon gar nicht dessen Ende“, sagte Schmid. CDU und FDP war Maier vor, eine „Geisterdebatte zu eröffnen, um den Mittelstand in Baden-Württemberg zu erschrecken“.

Für die Landesregierung verteidigte zunächst Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) den steuerpolitischen Kurs der grün-roten Landesregierung. „Der Regierungswechsel vor zwei Jahren war gut für den Mittelstand in Baden-Württemberg“, sagte Schmid und erinnerte an die baden-württembergischen Bundesrats-Initiativen zur Vermögenssteuer. Auch zur Einkommenssteuer habe sich das Land ebenso wie bei der Erbschaftssteuer eindeutig positioniert. Schmid rief die CDU-FDP-Opposition in der emotionalen und von vielen polemischen Zwischenrufen geprägten Debatte dazu auf, sich in Steuerfragen nicht in „ideologischen Schützengräben“ zu vergraben und Steuererhöhungen nicht radikal abzulehnen. Weiter verwies Schmid darauf, dass CDU und FDP sich vehement für das Steuerabkommen mit der Schweiz eingesetzt hätten. Steuergerechtigkeit herzustellen, müsse jedoch Grundkonsens aller Parteien sein.

Kretschmann: „Wir wackeln überhaupt nicht herum“

„Wir wackeln überhaupt nicht herum“, wies auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann die Kritik der Opposition zurück. „Wir haben eine klare Linie gezogen, um den Mittelstand zu schützen“, sagte er. Kretschmann verwies darauf, dass bereits im Koalitionsvertrag festgelegt worden sei, höhere Einkommen stärker zu belasten, den Spitzensteuersatz anzuheben, aber auch, das Betriebsvermögen des Mittelstandes nicht zu belasten. „Ohne die Sicherung von Betreibsvermögen gibt es keine Zustimmung von Baden-Württemberg zu den Steuerplänen“, sagte Kretschmann. Zudem sei der „absolute Großteil“ der Menschen in Baden-Württemberg nicht von den grünen Steuerplänen betroffen. Die Erhöhung des Spitzensteuersatzes betreffe insgesamt lediglich sieben Prozent der Bürger. „Wir gehen ehrlich mit den Bürgern um“, so Kretschmann, „wir sagen, was wir wollen, was es kosten wird und wie wir es bezahlen sollen.“ Dennoch habe er Verständnis für Proteste gegen die Steuerpläne. Und zu seiner Positionierung beim Grünen-Parteitag sagte der grüne Ministerpräsident: „In einer Partei muss man auch mal Kompromisse machen. Ich stehe zu den Kompromissen und wackle nicht herum.“

SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel forderte zudem, sich im Landtag mit realer Politik zu befassen und nicht mit Parteiprogrammen. Und die Grünen-Fraktionschefin Edith Sitzmann sagte in Richtung FDP: „Grünen-Wähler wissen, was sie erwartet. FDP-Wähler nicht“.


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