Studie: Zwei Drittel der Bürgermeister in Südbaden wurden schon angefeindet

25.02.2021 
Redaktion
 
Foto: dpa Themendienst/Christin Klose

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KEHL. Wirtschaftlich stabil, ländlich geprägt: Im äußersten Südwesten ist die Welt noch in Ordnung, dort haben die Bürger Respekt vor Amtsträgern – zumindest im Vergleich mit Großstädten im übrigen Deutschland. Mit dieser These hat Niklas Hödle seine Bachelorarbeit für die Hochschule für öffentliche Verwaltung in Kehl begonnen.

Er hat 184 Rathauschefs in Kommunen der Landkreise Rastatt (mit Baden-Baden), Ortenau, Emmendingen, Breisgau-Hochschwarzwald und Lörrach nach ihren Erfahrungen mit Gewalt und Hetze im Amt befragt. An der Online-Umfrage nahmen 75 Bürgermeister teil – und Hödle wurde eines Besseren belehrt: Die südbadischen Amtsträger sind sogar etwas häufiger Opfer von Gewalt geworden als im bundesweiten Schnitt, den eine Forsa-Umfrage im Auftrag der Zeitschrift „Kommunal“ im vergangenen Jahr ermittelt hat.

Danach waren 64 Prozent der befragten Bürgermeister schon einmal Opfer von Gewalt und Anfeindungen gegen ihre Person geworden. Im Vergleich dazu wurden 68,1 Prozent der Bürgermeister in Südbaden Opfer von Gewalt und/oder Anfeindungen.

Einen gravierenden Unterschied gibt es aber in der Qualität der Gewalt: In der bundesweiten Umfrage berichten die Bürgermeister verhältnismäßig wenig über verbale Anfeindungen. Nur 46 Prozent der Bürgermeister geben an, solche erlebt zu haben. Dieser Wert war in Hödles Umfrage mit 63,9 Prozent deutlich höher.

„Persönliche verbale Anfeindung“ am häufigsten

Bei den körperlichen Angriffen ist es umgekehrt. Deutschlandweit gaben neun Prozent der Bürgermeister an, Opfer von körperlichen Angriffen geworden zu sein, in der regionalen Umfrage ist diese Zahl geringer und liegt bei 5,6 Prozent der Teilnehmer. Zumindest die körperliche Unversehrtheit der Bürgermeister sei in den sechs befragten Landkreisen also eher gewährleistet, wie die Hochschule Kehl mitteilt.

Die mit Abstand am häufigsten erlebte Form der Gewalt ist die „Persönliche verbale Anfeindung“. 63,9 Prozent der Befragten wurden schon Opfer davon. Das bedeutet fast zwei Drittel aller Bürgermeister. Bedroht wurden schon 21 Teilnehmer, also 29,2 Prozent.

 

Der  ehemalige Rektor der Hochschule Kehl, Paul Witt, der die Arbeit betreut hat, ist von dem Ergebnis alarmiert: „Ich aber vermutet, dass die Situation im badischen Landesteil positiver ist als im Bundestrend“, erklärt er. Es stelle sich die Frage, wer überhaupt noch für das Amt kandidieren wolle.

Wie heftig Anfeindungen und Bedrohungen sind, zeigen die anonymisierten Berichte der Rathauschefs: „Ein Wunsch wurde von mir nicht erfüllt, daraufhin wurde ich beschimpft – Alltagssituation“, schreibt ein Teilnehmer. Ein anderer berichtet von „Beschimpfungen gegen mich vor meinem Haus in Anwesenheit meines Sohnes“.

Des Weiteren ergibt sich aus der Befragung, dass Bürgermeister vorrangig in Diensträumen Gewalt oder Anfeindungen ausgesetzt sind und sie die meisten Anfeindungen von Bürgern, beziehungsweise Einwohnern erfahren haben.

 

Um welche verbalen Anfeindungen es sich dabei handeln kann, zeigen noch folgende Zitate von Betroffenen aus der Studie:

„Der bisherige Jagdpächter, mit dem die Gemeinde über Jahre im Streit lag, klingelte mit viel Radau nachts gegen halb eins an der Haustür. Er hatte von der Gemeinde gemäß Pachtvertrag die Auflage erhalten, das erlegte Wild vorzuzeigen. Ein anderes Mal brachte er morgens gegen acht ein halb verwestes, von Maden zerfressene, stinkende Kadaver vor die Haustür.“

„Es waren stumpfe Beleidigungen im Zusammenhang mit der Unterbringung von Flüchtlingen, die mangelnde Bildung oder Kinderstube bezeugen. Auch geht der Respekt vor dem Amt deutlich bei der Generation unter 50 zurück.“

„Wutausbrüche, Beschimpfungen und Beleidigungen“

„Beschimpfungen über Facebook-Account.“

„Schmierereien vor dem Wohnhaus“

„In der Flüchtlingskrise Bedrohung, was gegen mich zu tun, wenn ich weiter für Flüchtlinge eintreten würde. Verbale Beleidigungen, ich wäre ein Arschloch..."

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