STUTTGART. Parteiübergreifend haben sich die Fraktionen am Mittwoch im Landtag bei einer aktuellen Debatte dafür ausgesprochen, die Trinkwasserversorgung in kommunaler Hand zu behalten und nicht der europaweiten Liberalisierung des Wettbewerbs zu unterwerfen. In einer gemeinsamen Resolution wollen sie dieLandesregierung, die Bundesregierung und die Europaabgeordneten dazu auffordern, aktiv zu werden, um kommunale Trinkwasser-Zweckverbände von der im Dezember auf den Weg gebrachten EU-Konzessionsrichtlinie auszunehmen.
In Folge dieser Richtlinie könnten Kommunen gezwungen sein, die Trinkwasserversorgung europaweit auszuschreiben. „Wasser darf keine Handelsware sein und nicht dem freien Spiel des Wettbewerbs unterworfen werden“, sagte der Grünen-Abgeordnete Thomas Marwein für seine Fraktion.
Nach der Neufassung der EU-Konzessionsrichtlinie müssten künftig Städte und Gemeinden, die bereits in einem Versorgungsbereich – etwa Strom oder Gasversorgung – über ein Joint Venture mit einem Privatunternehmen kooperieren, auch die Trinkwasserversorgung europaweit öffentlich ausschreiben. Diese Neuregelung würde ebenfalls Zweckwasserverbände betreffen.
Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) verwies in der Debatte darauf, dass derzeit bereits 40 Prozent der Kommunen in Baden-Württemberg davon betroffen wären. „Ich verfolge mit Sorge die Beratungen“, so Untersteller. „Der Kern des Entwurfs beabsichtigt, Wasser in Europa als frei handelbare Ware durchzusetzen“. Zudem führe eine Liberalisierung nicht zwangsläufig zu günstigeren Preisen. Während im Jahr 2010 der Kubikmeter Wasser von privaten Anbietern durchschnittlich in Baden-Württemberg 2,05 Euro gekostet habe, seien kommunale Anbieter um 21 Cent pro Kubikmeter, also rund zehn Prozent billiger gewesen, führte Untersteller an. Zudem kündigte der Minister eine entsprechende Bundesratsinitiative des Landes Baden-Württemberg an.
Zuspruch kam auch von der CDU-Fraktion. „Das Wasser ist in guten Händen bei den Kommunen, und wir wollen, dass es so bleibt“, sagte der CDU-Abgeordnete Wolfgang Reinhardt. „Wir sagen nach Europa gerichtet: Weniger ist mehr. Nicht alles in Europa ist eine Sache für Europa“, so Reinhardt, der kleinteilige Regeln seitens der EU bemängelte. „Starke Kommunen sind ein Erfolgsfaktor unseres Landes. „Das Wasser muss geschützt werden.“ Ansonsten werde es zu einem Überbieten internationaler Konzerne aus dem Markt der Wasserversorgung kommen. „Und dann werden die Kommunen, vor allem diejenigen mit einem Haushaltsproblem, die Verlierer sein.“
Auch die SPD macht sich Sorgen um die Sicherung der Trinkwasserqualität. „Hände weg vom Wasser“, sagte die SPD-Abgeordnete Gabi Rolland. „Der Trumpf unseres Wasser ist, dass es günstig, verbrauchernah und von höchster Qualität ist.“ Der SPD-Fraktionsvorsitzende Claus Schmiedel verwies darauf, dass die Richtlinie nicht mehr gestoppt werden könne und im Übrigen keinen Privatisierungszwang, sondern einen Ausschreibungszwang enthalte. „Die kommt. Aber wir können einen einstimmige Resolution auf den Weg bringen, um die Landesregierung in ihrer Bundesratsinitiative zu unterstützen und das Wasser auszunehmen.“
Auch die FDP-Abgeordneten teilen die Befürchtungen um die Zukunft der kommunalen Trinkwasserversorgung. Für die FDP-Fraktion stellte der Abgeordnete Andreas Glück allerdings klar: „Es wird auch in Zukunft keine Verpflichtung für Kommunen geben, die Wasserversorgung aus der Hand zu geben. Es wird keiner gezwungen.“
Studierende der Hochschulen für öffentliche Verwaltung Kehl und Ludwigsburg berichten über ihr Praktikum im Rahmen des Praxisjahrs im Vertiefungsschwerpunkt Kommunalpolitik/ Führung im öffentlichen Sektor beim Staatsanzeiger.
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