EU will Deutschland zwingen, Planungskosten zu addieren

20.08.2019 
Redaktion
 
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STUTTGART. Sind die Leistungsbilder, wie sie die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) definiert, gleichartige Leistungen, die addiert werden müssen? Oder dürfen sie getrennt betrachtet werden, was dazu führt, dass die EU-Schwellenwerte seltener erreicht werden? Mit diesen Fragen beschäftigt sich ein Expertenbeitrag von Martin Ott, Rechtsanwalt bei Menold Bezler in Stuttgart, der an dieser Stelle in Auszügen erscheint. Der vollständige Artikel erscheint am kommenden Freitag im Staatsanzeiger.

Bei der Vergabe von Planungsleistungen ist nach wie vor unklar, ob unterschiedliche Planungsdisziplinen bei der Ermittlung des Auftragswerts zusammenzurechnen sind. Die Diskussion neu entfacht hat die Europäische Kommission, die im Januar 2019 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet hat. Ihrer Auffassung verstößt die deutsche Praxis, den Auftrag in einzelne Abschnitte, in der HOAI „Leistungsbilder“(siehe Kasten) genannt, aufzuteilen gegen EU-Recht.

Entscheidend ist, ob ein konkreter Bezug zum Vorhaben vorliegt
Ausgangspunkt im deutschen Recht ist die Vorschrift des Paragraf 3 Absatz 7 Satz 2 Vergabeverordnung VgV, wonach die Werte „gleichartiger“ Planungsleistungen zu addieren sind. Der Begriff „gleichartig“ lässt leistungsbezogen oder funktional interpretieren. Eine leistungsbezogene Betrachtung orientiert sich an den Leistungsbildern der HOAI. Eine funktionale Betrachtung setzt beim Auftragsgegenstand an, also beim konkreten Bauvorhaben.

Gesetzesbegründung gibt teilweise Aufschluss

Einen gewissen Aufschluss gibt die Gesetzesbegründung zu Paragraf 3 Absatz 7 VgV: „Bei der Bewertung, ob Planungsleistungen gleichartig sind, ist die wirtschaftliche oder technische Funktion der Leistungen zu berücksichtigen.“ Diese Formulierung hat der Gesetzgeber wörtlich der Rechtsprechung des EuGHs in der Rechtssache Autalhalle Niedernhausen (Rheingau-Taunus-Kreis) entnommen (Urteil vom 15.03.2012, C-574/10).

Für die Herstellung eines Bauwerks bedarf es sowohl spezialisierter Planungsleistungen, unter anderem Gebäudeplanung, Tragwerksplanung, Technikplanung, als auch Bauleistungen, unter anderem Erdarbeiten, Rohbau, Fassade, Dach, Ausbaugewerke. Selbstverständlich muss ein Architekt ein anderes Aufgabenbild planerisch lösen als ein Technikplaner. Unterschiedlich sind aber auch die Leistungsbilder eines Rohbauunternehmens und eines spezialisierten Handwerksunternehmens, das eine bestimmte Gebäudetechnik einbaut.


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