Stuttgart. Die Härtefallkommission in Baden-Württemberg wird von mehr und mehr Flüchtlingen kontaktiert, die für ihr Bleiberecht in Deutschland kämpfen wollen. In diesem Jahr wurden bis Ende August bereits 443 Härtefallanträge gestellt, wie der Kommissionsvorsitzende Edgar Wais mitteilte. Damit ist der Höchstwert von 393 Anträgen im Jahr 2015 bereits gebrochen. Wais rechnet damit, dass die Zahl bis zum Jahresende auf 600 steigt.
Die Anträge seien aber zunehmend unzulässig oder unbegründet - im laufenden Jahr traf das auf 86 Prozent der 260 erledigten Anträge zu, die zumeist noch aus 2015 stammten. Die Zahl der tatsächlichen Härtefälle steigt indes kaum. In bisher 20 Fällen hat die Kommission in diesem Jahr dem Innenministerium empfohlen, eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. Im gesamten Vorjahr waren es 31.
„Durch Stellen eines Härtefallantrags wird oft versucht, eine angedrohte Abschiebung zu verzögern, was keinesfalls dem Sinn des Härtefallverfahrens entspricht“, sagte Wais. Wer schon nach kurzer Aufenthaltsdauer einen Härtefallantrag einreiche, habe wegen fehlender Integration kaum eine Chance auf Hilfe durch die Kommission, darf aber während der Bearbeitung des Antrags im Land bleiben.
„Wir schieben einen Berg von Anträgen vor uns her“, sagte Wais. Er forderte zur Eindämmung der Antragsflut zum wiederholten Mal, dass nur noch Menschen einen Härtefallantrag stellen dürfen, die mindestens seit rund zwei Jahren in Baden-Württemberg leben und bei denen eine Abschiebung angesichts der erfolgten Integration als Härte empfunden würde. Innenminister Thomas Strobl (CDU) stimmt Wais zu. „Die Zulässigkeit von Härtefallanträgen muss restriktiver als bisher geregelt werden, damit die Härtefallkommission entlastet wird und sich auch auf wirklich aussichtsreiche Fälle konzentrieren kann“, sagte Strobl. „Wir streben deshalb eine baldige Novellierung der Härtefallkommissionsverordnung an.“
Der Tübinger Anwalt aus der Rechtsberaterkonferenz für Flüchtlingsfragen, Holger Rothbauer, lehnt die von Wais geforderte Frist ab. Ein Flüchtling mit abgeschlossenem Asylverfahren dürfe sich an die Härtfallkommission wenden, egal wie lange er schon in Deutschland sei. Das müsse so bleiben. Wenn etwa ein medizinisches Abschiebehindernis im Asylverfahren übersehen worden sei, könne das ein Härtefall sein, der mit der Aufenthaltsdauer nichts zu tun habe.
Eine Zwei-Jahresfrist würde nicht allzu viel Arbeit sparen, weil unzulässige Anträge ohnehin schnell aussortiert werden könnten, sagte der Geschäftsführer des Flüchtlingsrates Baden-Württemberg, Seán McGinley. „Es kann nicht sein, dass Rechte der Flüchtlinge beschnitten werden, um staatlichen Stellen die Arbeit zu erleichtern.“
Studierende der Hochschulen für öffentliche Verwaltung Kehl und Ludwigsburg berichten über ihr Praktikum im Rahmen des Praxisjahrs im Vertiefungsschwerpunkt Kommunalpolitik/ Führung im öffentlichen Sektor beim Staatsanzeiger.
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