Stuttgart. Der Untersuchungsausschuss des Landtags zur Aufklärung der Zulagenaffäre an der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen in Ludwigsburg geht voraussichtlich in den Endspurt. An diesem Montag wurde noch einmal Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) in Stuttgart als Zeugin befragt. Sie war in dem Gremium bereits vor zwei Jahren befragt worden. Damals verteidigte sich die Ressortchefin gegen Vorwürfe, sie habe zu spät in die Affäre eingegriffen.
Bauer betonte in ihrem Eingangsstatement, dass sie sich selbstverständlich auch immer wieder gefragt habe, ob sie oder ihr Haus falsch gehandelt, zu spät gehandelt oder die Situation in Ludwigsburg unterschätzt hätten. Sie sei jedoch zu dem Ergebnis gekommen, dass sie zu allem stehe, was sie bereits vor zwei Jahren vor dem Ausschuss gesagt hätte. "Ich sitzen hier heute mit gutem Gewissen. Ich habe nichts zurückzunehmen", so Bauer.
Sie und ihr Haus hätten stets darauf geachtet, bei allen Maßnahmen die akademische Selbstverwaltung zu respektieren. "Ein massiver Eingriff in die akademische Selbstverwaltung ist für mich keine Lösung", so Bauer. In Ludwigsburg habe man sich am Ende mit dem Einsetzen eines Staatskommissars für die stärkste Intervention entschieden, die das Hochschulrecht vorsieht. "Ich habe mir die Entscheidung nicht leicht gemacht. Sie war aber am Ende unausweichlich", sagte Bauer. Sie wies zugleich darauf hin, dass die Selbstverwaltung und der Freiraum für die Hochschulen nicht nur eine Schönwetterveranstaltung sei, sondern auch eine Verpflichtung. Die Abwahl der Rektorin und die Neuwahlen hätten dann den Weg frei gemacht, dass die Hochschule sich wieder auf ein respektvolles Miteinander und gute Ausbildung konzentrieren kann.
Die Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen in Ludwigsburg war wegen umstrittener Professoren-Zulagen in die Schlagzeilen geraten. Im Fokus steht seitdem insbesondere auch das Krisenmanagement von Ministerin Bauer. Kritiker halten ihr vor, die Hochschule und deren damalige Rektorin Claudia Stöckle zu lange mit ihren Problemen alleine gelassen zu haben. Bauer und ihr Ministerium hätten früher intervenieren müssen. Bauer sah das nicht so. Kaum eine Hochschule sei von ihrem Ministerium so intensiv begleitet und beraten worden wie die Verwaltungshochschule in Ludwigsburg.
Sie wehrte sich auch gegen Vorwürfe, man habe die Rektorin allein gelassen. Das Ministerium hätte sich beispielsweise gegen einen erneuten Abwahlversuch des Hochschulrats gestellt, und auch eine Umfrage der Professoren gegen die Rektorin unterbunden. Auch habe es aus dem politischen Raum Forderungen gegeben, statt einer Kommission einen Kommissar einzusetzen. "Ich habe mich bewusst für eine Kommission entschieden", so Bauer. Sie wollte der Hochschule auch die Möglichkeit, die Situation noch zu durchbrechen und eine Lösung zu finden.
Nach Angaben der Obleute der Fraktionen hat die erneute Befragung der Ministerin keine neuen Erkenntnisse gebracht. Thomas Hentschel (Grüne) stellte auch die Frage, was der Untersuchungsausschuss eigentlich gebracht hätte. Er zog sich jetzt über 2 Jahre mit 21 Situngen und 41 Zeugenvernehmungen hin. Sein Fazit: Es gab in Ludwigsburg rechtswidrige Zulagen, die weiterhin ausgezahlt werden. Es gab eine Führungs- und Vertrauenskrise an der Hochschule. "Beides wussten wir schon vorher", so Hentschel. Zugleich kritisierte er, dass man mit dem U-Ausschuss einzelnen Führungsmitglieder der Hochschule eine Bühne geboten habe für ihre persönlichen Fehden, auch auf Kosten einer Hochschule, die sich bemühe, wieder zur Normalität zurückzufinden. Man habe sich für den Ausschuss viel Zeit genommen, so Hentschel und er erinnerte an andere Untersuchungsausschüsse und deren Themen, etwa die Traumschiff-Affäre, Flowtex, Stuttgart 21 oder den EnBW-Deal. Für ihn war dies ein Zeichen, zu überlegen, wann das schärfste Schwert eines Parlaments tatsächlich eingesetzt werden sollte.
Für Gabi Rolland (SPD) hat erst der Untersuchungsausschuss deutlich gemacht, dass es an den Hochschulen im Land ein Problem mit Zulagen gibt. Erst dadurch habe es eine Aufarbeitung der Zulagen an allen Hochschulen gegeben. Dem widersprach allerdings die Minister. Laut Bauer war nicht Ludwigsburg der Auslöser dafür, dass ihr Ministerium mit dem Rektoren der Hochschulen vereinbart hat die Richtlinien für die Gewährung von Zulagen zu prüfen, sondern der deutlich größere Fall an der Hochschule in Konstanz.
Rainer Podeswa (AfD) kommt ebenso wie Rolland zu dem Schluss, dass das Ministerium die Zulagenaffäre an der Hochschule unterschätzt hat. Auch sprach er von mangelnder Unterstützung für die ehemalige Rektorin Claudia Stöckle. Laut Nico Weinmann (FDP) blieb die Ministerin ihrer Linie treu, sie mache Stöckle zur alleinigen Verantwortlichen für die Führungs- und Vertrauenskrise. Er sieht große Unterschiede zwischen den Aussagen der Ministerin, den Aussagen der ehemaligen Rektorin Stöckle sowie weiteren Zeugen.
Für Marion Gentges hat der U-Ausschuss die Frage aufgeworfen, wie es sich mit der Hochschulautonomime und der akademischen Selbstverwaltung auf der einen und der Rechtsaufsicht auf der anderen Seite verhält. Die Befragung der Ministerin habe gezeigt, dass sich ihre Wahrnehmung der Rechtsaufsicht auch verändert hätte. Bei der Rolle der ehemaligen Rektorin Stöckle macht man sich nach Ansicht Gentges mit einfachen Antworten zu leicht. Stöckle habe Fragen rechtlich zutreffend bewertet. Doch man habe im U-Ausschuss auch Zeugen gehört, die die Art und Weise, wie die Rektorin dann an die Lösungen heran ging, nicht als deeskalierend beschrieben hätten.
Bauer war voraussichtlich die letzte Zeugin in dem Ausschuss, dessen Einsetzung der Landtag im Februar 2017 beschlossen hatte. Nach Angaben von Ausschussvorsitzender Sabine Kurtz (CDU), ist derzeit geplant, den Abschlussbericht Mitte Oktober im Plenum des Landtags vorzustellen und zu debattieren. Noch anhängig ist die Revision vor dem Verwaltungsgerichtshof in Mannheim zur Unabhängigkeit der von Bauer eingesetzten Kommission. Bauer und auch der Kommissionsvorsitzende und ehemalige Finanzminister Gerhard Stratthaus (CDU) hatten vor dem Ausschuss betont, dass die Kommission unabhängig gewesen sei. Das Verwaltungsgericht in Stuttgart hatte dies nicht so gesehen.
Studierende der Hochschulen für öffentliche Verwaltung Kehl und Ludwigsburg berichten über ihr Praktikum im Rahmen des Praxisjahrs im Vertiefungsschwerpunkt Kommunalpolitik/ Führung im öffentlichen Sektor beim Staatsanzeiger.
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