Innenminister will Basis stärken

26.01.2012 
Redaktion
 
Nachgehakt: Polizeireform
Foto: Innenministerium Baden-Württemberg

Foto: Innenministerium Baden-Württemberg

Stuttgart. Die Kritik an der Polizeireform begann bereits, bevor Innenminister Reinhold Gall (SPD) die neue Struktur vorgestellt hatte. Und auch zwei Tage danach reißt sie nicht ab. Die Sorge: Das frei werdende Personal kommt — entgegen den Versprechungen — nicht an der Basis an.

Was soll verändert werden?

Hauptziel der Reform ist laut dem Innenminister, den Führungs-, Verwaltungs- und Administrationsbereich der Polizei zu verkleinern und im Gegenzug die 150 Polizeireviere und 360 Polizeiposten im Land zu verstärken. Der Bürger soll nicht unter der Reform leiden. „Die Polizei muss flächendeckend die gleiche Qualität anbieten können“, sagt Gall. Dazu gehört auch den Kriminaldauerdienst, den es bisher an fünf Stellen im Land gibt, flächendeckend einzurichten. „Damit Schutz- und Kriminalpolizei der Bevölkerung rund um die Uhr zur Verfügung stehen“, so Gall. Um das zu erreichen sollen die bestehenden 37 Polizeipräsidien und Polizeidirektionen zu 12 Präsidien zusammengefasst werden, die direkt dem Landespolizeipräsidium im Innenministerium unterstellt sind.

Zusätzlich sollen in drei weiteren Präsidien Kompetenzen gebündelt werden. Mit diesen Umstrukturierungen werde ein sogenanntes Verstärkungspotenzial von 890 Stellen frei, erklärt der Leiter der Projektgruppe „Struktur der Polizei Baden-Württemberg“, Martin Schatz. Er betonte, dass diese Stellen in vollem Umfang erhalten bleiben und damit die Basis gestärkt werden solle.Landespolizeipräsident Wolf Hammann lobte die Reform und nannte sie eine „Frischzellentherapie“. Seit 20 Jahren werde über Veränderungen diskutiert, nun habe die Diskussion ein Ende.

Welche Polizeipräsidien und -direktionen sollen geschlossen werden?

Diese Frage, über die bereits Tage zuvor heftig in Landkreisen und Kommunen diskutiert worden war, beantwortete der Innenminister nicht. Darum soll sich nun eine weitere Arbeitsgruppe kümmern. „Die Standorte spielten in den bisherigen Überlegungen keine Rolle“, sagte Schatz. Ein weiteres Eckpunktepapier über die Flächenzuschnitte und damit die Standorte der zwölf Präsidien soll bis Ostern vorliegen. Stadt- und Landkreisgrenzen würden dabei berücksichtigt.Für das Personal gibt es aber bereits eine Richtgröße: rund 1500 Beamte im Vollzug pro Präsidium. Mit den Zuständen in Bayern, wie oft befürchtet wurde, nicht vergleichbar, so Gall. Dort gebe es lediglich acht Präsidien mit einer Richtgröße von 3000 Beamten.

Wer hat die Reform erarbeitet?

Im September 2011beauftragte Innenminister Gall eine Projektgruppe damit, das Eckpunktepapier zu erarbeiten. Bewusst seien hierfür nur Vertreter aus allen Ebenen und Bereichen der Polizei ausgewählt worden, da sie die Strukturen und deren Schwachstellen am besten kennen. Danach prüfte ein Lenkungskreis die Vorschläge, in dem neben Vertretern der Polizei, Ministerien, Kommunen und Landkreise auch die Direktorin des Rechnungshofs saß. „Es war uns wichtig ressort- und parteiübergreifend zu arbeiten, um eine möglichst hohe Zustimmung zu erreichen“, sagte der Leiter des Lenkungsausschusses, Ministerialdirektor Herbert Zinell.

Was sagen die Kritiker?

Sicher könne man sich über Verbesserungsvorschläge unterhalten, sagt Joachim Lautensack. Die Polizei habe von sich aus immer wieder Abläufe optimiert. „Aber das hier“, meint der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), „ist ein fachtheoretisches Modell, das nicht zur Lebenswirklichkeit der baden-württembergischen Sicherheitsphilosophie passt.“ Die Filterfunktion auf Ebene der Regierungspräsidien würde wegfallen und damit die Entscheidungen aus dem Innenministerium „sofort an der Basis aufschlagen.“ Die neue Struktur schaffe Megabehörden mit abgesetzter Führungsstruktur, so Lautensack. Er ist skeptisch, dass das Verstärkungspotenzial von 650 Stellen tatsächlich an der Basis ankommt.

Darauf will auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) ein Auge haben. „Bei Einsparungen machen wir nicht mit“, sagt der Landesvorsitzende Rüdiger Seidenspinner. Anders als die DPolG begrüßt er aber die Reform insgesamt. Die Chance, sinnvolle Veränderungen zu schaffen, sei groß.Opposition und kommunale Spitzenverbände haben vor allem die Sorge, dass die Reform den ländlichen Raum zu sehr schwächt.

Wie sieht der Zeitplan aus?

Die Umsetzung der Reform soll Ende des Jahres beginnen, wenn der parlamentarische Prozess abgeschlossen ist. Der Umbau soll schrittweise erfolgen.


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