Fellbach. Mit klaren Gegenpositionen bei den Themen Bildung, Finanzen und Verkehrsinfrastruktur will die CDU Baden-Württemberg bei der Landtagswahl 2016 wieder an die Macht im Südwesten kommen. Auf diesen zentralen Feldern der Landespolitik versage die Regierung Kretschmann total, sagte CDU-Landeschef Thomas Strobl am Rande des Politischen Aschermittwochs seiner Partei in Fellbach dem Staatsanzeiger.
Er sei zuversichtlich, dass es die CDU packe, sagte Strobl; Mut macht ihm eine Umfrage, wonach seine Partei auf 43 Prozent käme, wenn in Baden-Württemberg heute gewählt werden würde. „Niemand soll die Kampfkraft und Stärke der CDU unterschätzen“, rief Strobel auch seinen Parteifreunden unter dem Jubel der 2000 Zuhörer in der Alten Kelter zu.
Strobl glaubt nicht, dass sich die Beliebtheit von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) wahlentscheidend für Grün-Rot auswirken wird. Kretschmann sei als Trainer der Mannschaft zwar ganz okay – „aber die Mannschaft spielt schlecht und spielt sich ins Abseits. Verteidiger und Stürmer sind Totalausfälle.“ Auch die von der Regierung stets in Feld geführte Anhörungspolitik nahm Strobl aufs Korn. „Grün-Rot ist taub geworden. Sie wollen gar nicht mehr hören.“ Grün-Rot werde dafür 2016 die Quittung bekommen.
Der CDU-Landesvorsitzende gründet seinen Optimismus auf eine Umfrage, wonach zwei Drittel der Baden-Württemberger mit der Bildungspolitik von Grün-Rot unzufrieden sind. „Noch höher ist die Ablehnung der Gemeinschaftsschule“, stellte Strobl fest. Die Stimmung im und über das Bildungswesen sei „eine Katastrophe“, Grün-Rot stifte damit „Unruhe“ – denn das Gymnasium sei „in Gefahr“, die Realschule „bedroht“, die berufliche Bildung „vergessen“ und die Hauptschule „kaputt“. Grün-Rot spalte das Land in der Bildungspolitik, weshalb es einen Boom hin zu den Privatschulen geben werde. „Ich habe nichts gegen Privatschulen, aber nicht als Ersatz für öffentliche Schulen.“
Auch David McAllister („das politische Herz schlägt heute in Fellbach“), ehemaliger Ministerpräsident und CDU-Landeschef von Niedersachsen und CDU-Spitzenkandidat für die Europawahl am 25. Mai, sprach sich für eine „bildungspolitische Vielfalt“ aus und nicht für eine Bildungspolitik, die eine Schulart bevorzugt und alle anderen benachteiligt. „Finger weg vom Gymnasium“, rief er Grün-Rot zu. Insbesondere kritisierte der gebürtige Schotte, der seine gleichermaßen launische wie frenetische Rede auf Englisch begann und der Basis mit einer halben Bier zuprostete, die Schuldenpolitik von Grün-Rot im Südwesten; früher sei Baden-Württemberg für ihn „noch beispielgebend“ gewesen sei. Im Hinblick auf die Europawahl warnte er für nationalisten Kräften und einer Abkehr von solider Finanzpolitik. Er wolle auch keine europaweite Regulierung bis ins kleinste Detail.
Auch Strobl kritisierte die grün-rote Finanzpolitik in Baden-Württemberg und die Aufnahme neuer Schulden in Höhe von 3,5 Milliarden Euro scharf. „Die Landesregierung macht Politik auf Kosten künftiger Generationen“, urteilte er. Er verwies auf „die Hälfte der Bundesländer“, die ohne neue Schulden auskomme. Zur Verkehrsinfrastruktur sagte der CDU-Chef, das Land lebe von der Substanz und habe erheblichen Aufholbedarf. Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) sei „ein Zukunftshindernis“ für Baden-Württemberg. „Man muss froh sein, wenn er keinen Schaden anrichtet. Mit seinen grünen Händen schüttet er Sand ins Getriebe.“ Strobl nannte es eine „Todsünde, noch schlimmer als Schulden machen“, dass Hermann jüngst Bundesmittel für den Straßenbau habe verfallen lassen.
Aus Sicht des CDU-Landeschefs wird das Thema „Stefan Mappus“ trotz dessen Beharrlichkeit im Zuge des von ihm veranlassten und verfassungswidrigen Kaufs von EnBW-Aktien am Parlament vorbei der Partei nicht schaden. „Ich glaube es nicht“, antwortete Strobl auf die Frage, ob sein Vorgänger als CDU-Landesvorsitzender eine Belastung sei. „Es interessiert mich zunehmend weniger“, gab er zu. Die Enthüllungen um Mappus hätten ihn früher „geärgert und in Wallung gebracht“, mittlerweile „ist es mir wurst“. Das Thema spiele weder bei der Parteibasis noch in der Bevölkerung eine Rolle. Mappus interessiere die Leute nicht mehr. Gleichwohl habe er Verständnis, wenn Grün-Rot die Angelegenheit bis zur Wahl 2016 „am Köcheln halten“ wolle.
Strobl kritisierte außerdem die Initiative der grün-roten Landesregierung zur doppelten Staatsbürgerschaft. Diese nannte er „unsensibel und perplex“. CDU und SPD hätten im Rahmen der Koalitionsvereinbarung in Berlin klare Absprachen getroffen, wonach der Doppelpass an die Geburt und ans Aufwachsen der Kinder in Deutschland geknüpft sei. Die Landesregierung mache den Doppelpass ausschließlich an der Geburt fest und lasse den zweiten Teil weg. „Dadurch könnte der deutsche Pass quasi auf der Durchreise mitgenommen werden“, sagte Strobl. Solche „Störfeuer“ aus den Ländern schade der ohnehin durch die Edathy-Affäre entstandene schwierige Situation der Großen Koalition in Berlin.
Aus Sicht von Strobl hat die Landesregierung auch ein großes Problem mit den Kommunen. Die Zuschüsse nach dem Landesgemeindefinanzierungsgesetz habe Grün-Rot von bisher 75 Prozent beim ÖPNV und 70 Prozent beim Straßenbau auf 50 Prozent gekürzt. „Dadurch sind Projekte für Kommunen nicht mehr finanzierbar“, erklärte er. Die CDU lasse dieser Landesregierung aber das „ständige Herumkürzen“ bei der Infrastruktur nicht durchgehen. Er warf Grün-Rot vor, Wirtschaftspolitik im Mittelstandsland Baden-Württemberg „eklatant nicht wahrzunehmen“. Die Regierung Kretschmann lebe von der Substanz.
Diesem Substanzverlust werde die CDU ein Ende setzen, zumal die Landesregierung auch die digitale Entwicklung verschlafe und den für die Wirtschaft dringend notwendigen Breitbandausbau nur mit 15 Millionen Euro finanziere. Er äußerte zudem die Hoffnung, dass die Südwest-CDU bei der Kommunalwahl am 25. Mai die Zahl ihrer 9000 Mandatsträger „in jedem Dorf“ erhöhen kann.
Studierende der Hochschulen für öffentliche Verwaltung Kehl und Ludwigsburg berichten über ihr Praktikum im Rahmen des Praxisjahrs im Vertiefungsschwerpunkt Kommunalpolitik/ Führung im öffentlichen Sektor beim Staatsanzeiger.
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