Stuttgart. Die Polizei in Baden-Württemberg will ihre Präsenz im Internet und vor allem in den sozialen Netzwerken sorgfältig angehen. Dies erklärte Innenminister Reinhold Gall (SPD) in der Debatte am Mittwoch im Landtag.
„Wir werden uns mit den Bedenken ernsthaft auseinandersetzen“, sagte Gall. Anfang Mai sei hierzu eine Arbeitsgruppe auf Bundesebene eingerichtet worden, in der nächsten Woche werde sich die Innenminister-Konferenz mit dem Thema beschäftigen. „Unsere Polizei ist seit 15 Jahren im Internet“, berichtete der Minister. Die Seiten zur Nachwuchsgewinnung hätten bis zu 17 000 Zugriffe täglich, Kommunikationsangebote und Informationen für Bürger würden bis zu 23 000 Mal am Tag aufgerufen. Als problematisch bezeichnete Gall den Datenschutz in den sozialen Netzwerken, zumal die Server in den USA stehen und nicht den deutschen Bestimmungen unterliegen.
Nikolaos Sakellariou (SPD) hatte die Diskussion mit der Aussage eröffnet, dass die Präsenz der Polizei im Internet notwendig sei. Damit könnten nicht nur Ermittlungsverfahren effektiver, sondern auch Fahndungsaufrufe erfolgreicher sein. „Dieses Instrument ist ausbaufähig und hat Zukunft“, sagte Sakellariou. Er sieht jedoch auch die Gefahr, wenn Tatverdächtige auf Facebook gepostet werden und sich hinterher herausstellt, dass diese völlig unschuldig sind, aber die Einträge nicht gelöscht werden können.
Thomas Blenke (CDU) plädierte dafür, mit Informationen der Polizei auf Facebook weiterzumachen. Die Polizei Hannover sei dort mit Fahndungsaufrufen präsent und mit Zeugenaufrufen; dadurch seien acht Fahndungen erfolgreich gewesen und zwei vermisste Kinder gefunden worden. Der CDU-Polizeiexperte ermutigte den Innenminister, weitere Schritte zu gehen, zumal auch das Landeskriminalamt die „Social Media“ befürworte. „Man kann doch heute nicht mehr mit Fahndungsplakaten wie im Wilden Westen arbeiten“, argumentierte Blenke. Die Regierung solle Mut zu einem Modellversuch zeigen.
Als „Segen und Fluch“ bezeichnete Petra Häffner (Grüne) die Möglichkeiten im Internet. Der Landesbeauftragte für den Datenschutz sei skeptisch, die Grünen dagegen. „Einmal im Netz, immer im Netz“, begründete sie ihre Haltung. Ulrich Goll (FDP) argumentierte dafür, dass die Polizei mit zeitgemäßen Methoden arbeite, um gerade auch junge Menschen zu erreichen. Er sieht in der Internetpräsenz trotz der Risiken eher einen Nutzen; deshalb dürfe man es nicht bleiben lassen. Gleichwohl sieht auch der Ex-Justizminister die Gefahr, dass die eingestellten Daten nicht gesichert sind.
In Baden-Württemberg konnte bisher das Polizeipräsidium Stuttgart mit seiner Präsenz auf Facebook und Twitter Erfahrung sammeln. Damit seien polizeiliche Maßnahmen transparenter gestaltet, Fehlinterpretationen verhindert und Gerüchten vorgebeugt worden, erklärte Gall. Außerdem sei über die neuen Medien ein unmittelbarer Dialog möglich. Stuttgart verfüge über rund 3200 Fans, stündlich besuchten 320 Menschen die Seite des Polizeipräsidiums. Auch zur normalen Internet-Präsenz gibt es Zahlen: So wurde im vergangenen Jahr das Portal „polizei-bw“ durchschnittlich 17 076 Mal täglich aufgerufen, die Web-Sites der Polizeidienststellen 23 561 Mal und das seit Juni 2011 in Betrieb befindliche Presseportal 9458 Mal.
Studierende der Hochschulen für öffentliche Verwaltung Kehl und Ludwigsburg berichten über ihr Praktikum im Rahmen des Praxisjahrs im Vertiefungsschwerpunkt Kommunalpolitik/ Führung im öffentlichen Sektor beim Staatsanzeiger.
Wissenswertes zu kommunalpolitischen Themen für Sie als Gemeinderat/Gemeinderätin mit einem wöchentlichen Newsletter direkt in Ihr E-Mail-Postfach. Abonnieren Sie jetzt den
Kommunal-Newsletter.