Stuttgart. Die Windbranche in Baden-Württemberg hat sich in einem Cluster organisiert, das in dieser Woche vorgestellt wurde. Ihm gehören 28 Firmen und Organisationen aus dem Bereich Windkraft an. Ziel des Clusters ist es, den Ausbau der Windkraft zu fördern und die Unternehmen miteinander zu vernetzen. Der Geschäftsführer, Andreas Heizmann, der selbst unter anderem ein Windrad auf dem Brandenkopf im Schwarzwald betreibt, sieht gute Chancen für die Windkraft im Land. Vor allem, wenn sich die Bürger an den Anlagen beteiligen können. Der zweite Teil des Interviews (Teil eins lesen Sie im Staatsanzeiger in der Print-Ausgabe vom 10. Juni).
Staatsanzeiger: Sie plädieren dafür, den Kommunen wieder die Planungshoheit bei der Windkraft zu geben. Nun wurde ja Rheinland-Pfalz lange als Vorbild für die Windenergienutzung im Binnenland zitiert. Dort wird die Planung sehr unterschiedlich gehandhabt. Unter anderem gibt es in der Region Trier eine regionale Planungshoheit mit Vorrang- und Ausschlussgebieten. Nach Angaben des dortigen Umweltministeriums hat dies zum Teil besser funktioniert als in anderen Gebieten, wo jede Kommune für sich entschieden hat, und es mancherorts auch zu ziemlichem Wildwuchs kam.
Andreas Heizmann: Man muss die Mehrheitsverhältnisse in den Regionalverbänden in Baden-Württemberg sehen. Da ist weiterhin die CDU sehr dominant. Wenn man nun dem Regionalverband die Planungshoheit lassen würde, käme von oben die Interessenslage aus Stuttgart nach mehr Windenergie - ebenso wie von unten vonseiten der Kommunen. Zwischendrin haben wir dann die Ebene der Regionalverbände. Und dort hat sich bislang politisch nichts getan.
Nun gibt es aber auch Regionalverbände, die ihre Windkraftplanungen überarbeiten. So sind in der Region Bodensee-Oberschwaben 280 neue Standorte vorgesehen. Ist es da nicht zu erwarten, dass sich auch über die Regionalverbände etwas ändern könnte?
Doch. Aber unserer Auffassung nach geht es zu langsam. Änderungen am Regionalplan dauern in der Regel zwei bis drei Jahre - je nach Interessenslage kann es auch noch etwas länger gehen. Ich bin der Auffassung, dass die Kommunen wesentlich flexibler sind und die Interessenslage dort auch relativ schnell entschieden wird.
Wenn man nun die Bürger vor Ort an so einem Windrad beteiligen will, wieviel Geld muss der einzelne denn dann mitbringen?
Das ist nicht festgelegt. Die Zielsetzung ist natürlich, so viele Menschen wie möglich zu integrieren, um das Bewusstsein für Energie herbeizuführen. Der Bürger sollte verstehen, was überhaupt eine Kilowattstunde ist - selbst manche Energiepolitiker kennen den Unterschied zwischen Leistung und Arbeit also zwischen Kilowatt und Kilowattstunde nicht. Und beim Normalbürger ist das natürlich auch so. Meine Erfahrung ist, wenn ich Bürger in die Projekte integriere, dass sich die Bürger auch damit beschäftigen, denn es geht dann auch ums eigene Geld.
Könnten Sie da etwas konkreter werden? Wenn ich mich jetzt entscheide, mich an einem Windrad zu beteiligen, muss ich gleich 5000 oder 10.000 Euro mitbringen, oder reicht es wenn ich mich mit 100 oder 200 Euro beteilige?
Das ist abhängig vom Projekt und demjenigen, der das Projekt macht. Ich werde für das zweite Bürgerwindrad auf dem Brandenkopf in die Richtung gehen, dass man sich ab 3000 Euro beteiligen kann. Man muss da auch ganz klar sagen: Wer diese 3000 Euro nicht hat, der soll es bleiben lassen. Denn das ist ja auch ein unternehmerisches Risiko. Ich kann nicht dafür garantieren, dass das Projekt erfolgreich ist. Ich gehe zwar aufgrund meiner Erfahrung davon aus, dass es rentabel wird, aber eine Garantie gibt es nicht. Man wird in dem Fall Unternehmer. Nun ist es auch so, dass es durchaus auch vermögende Bürger gibt, die sich mit 100.000 Euro beteiligen. Aber die Zielsetzung ist, möglichst viele Bürger in diesen Projekten zu integrieren.
Wenn das Windrad erfolgreich ist und genügend Strom produziert, bekommen die Bürger, die sich daran beteiligt haben, eine jährliche Rendite?
Genau. Das ist dann abhängig davon, wie gut das Windrad läuft. Wir haben ja nicht immer gleich starke Windjahre. In diesem Jahr sieht es beispielsweise bislang nicht so gut aus. Und dann hängt es eben davon ab, wie stark der Wind im vergangenen Jahr gewehrt hat. Daran richten sich die Einnahmen auf dem Konto aus. Die Gesellschafterversammlung, also die Bürger, die sich an dem Windrad beteiligen, muss dann entscheiden, welche Summe ausgeschüttet wird.
Mit wie vielen neuen Windanlangen rechnen Sie in den kommenden fünf Jahren in Baden-Württemberg?
Die Zielsetzung sollte sein, mit dem Landschaftsbild effizient umzugehen. Also nicht eine Vielzahl kleiner, ineffizienter Standorte zu realisieren, sondern wenige effiziente Standorte. Und auch wieder mit modernster Technik. Wenn man keine guten Standorte und kleine Windräder hat, braucht man viel mehr Anlagen. Und dann haben wir genau den Konflikt zwischen Landschaftsbild und Umsetzung erneuerbarer Energien. Deshalb haben wir von Seiten des Clusters Windenergie auch die Überlegung, in einem Testfeld Anlagen mit hohen Nabenhöhen an Waldstandorten zu testen. Denn diese Anlagen arbeiten dort effizient und haben eine hohe Verfügbarkeit. Eine weitere Überlegung ist auch, die Windenergie zu verstetigen. Also zu überlegen, ist es richtig, eine Windkraftanlage auf die die maximale Arbeit auszulegen, oder macht es nicht mehr Sinn, maximale Verfügbarkeit durch die Windenergie zu erreichen.
Studierende der Hochschulen für öffentliche Verwaltung Kehl und Ludwigsburg berichten über ihr Praktikum im Rahmen des Praxisjahrs im Vertiefungsschwerpunkt Kommunalpolitik/ Führung im öffentlichen Sektor beim Staatsanzeiger.
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