"Solidarisch ist man nicht allein", ist das diesjährige Motto des 1.Mai-Feiertags. Foto: picture alliance/Bernd Thissen/dpa
STUTTGART. Am 1. Mai wird es wegen der Corona-Pandemie keine großen Kundgebungen auf den Straßen geben. Stattdessen sendet der Deutsche Gewerkschaftsbund Baden-Württemberg am Tag der Arbeit unter dem Motto „Solidarisch ist man nicht alleine“ von 10 Uhr an einen Stream mit Videobotschaften von haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern aus dem Land.
„Von der Altenpflegerin, die schon vor Corona am Limit gearbeitet hat, bis zum Betriebsrat in der Zulieferindustrie, wo ein Teil der Belegschaft in Kurzarbeit ist, der andere jede Menge Mehrarbeit leistet“, schreibt der DGB in einer Pressemitteilung. Auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), Wirtschafts- und Arbeitsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) sowie die Landesvorsitzenden von SPD und Linken, Andreas Stoch und Sahra Mirow, werden Grußbotschaften überbringen.
„Wir können den 1. Mai 2020 nicht mit großen Kundgebungen auf den Straßen und Plätzen feiern. Das ist schmerzlich“, sagt Martin Kunzmann, der Vorsitzende des DGB Baden-Württemberg. „Aber Solidarität heißt in diesen Zeiten: mit Anstand Abstand halten. Alle zusammen retten wir Menschenleben, indem wir Infektionen verhindern.“
Im Zentrum des diesjährigen ersten Mais steht für den DGB, wie die Beschäftigten gut durch die Pandemie kommen und welche Lehren aus der Covid-19-Krise gezogen werden müssen. „Corona überlagert aktuell vieles. Aber die brennenden Themen wie Transformation der Arbeitswelt, die bedrohliche Erderwärmung, die Verzögerungen bei der Energiewende, die gravierenden Defizite in unserem Gesundheitssystem, dringende Verbesserungsbedarfe im Bildungswesen und bei der Rente sind ja nicht verschwunden“, betont Kunzmann. Viele Versäumnisse und Fehlentwicklungen würden sich jetzt bitter rächen, sagt er. Etwa die Ökonomisierung des Gesundheitswesens oder die Ausdünnung des öffentlichen Dienstes.
Unter anderem kritisiert Kunzmann die Versuche, auf dem Corona-Ticket Verschlechterungen für Beschäftigte durchzubringen: „Insbesondere bei Fragen der Arbeitszeit wird sich derzeit wieder in der Klamottenkiste bedient. Egal, ob es um die tägliche oder wöchentliche Arbeitszeit, Sonn- und Feiertagsöffnungen und Wochenendarbeit geht, muss der Schutz der Beschäftigten an erster Stelle stehen. Vernünftige Lösungen setzen deshalb immer eine intensive Beteiligung von Gewerkschaften, Betriebs- und Personalräten sowie den Beschäftigten selbst voraus.“
Bernhard Löffler, der Geschäftsführer der DGB-Region Nordwürttemberg, ergänzte: „Wir warnen Arbeitgeber vor jedem Versuch, die Situation zu missbrauchen und Arbeitnehmerrechte einzuschränken! Bei Hochfahren der Wirtschaft sind Besonnenheit und Umsicht gefragt. Generell muss gelten: Gesundheit geht vor Umsatz. Wir fordern von der Politik, dass sie alle notwendigen Mittel zur Überwindung der Krise mobilisiert.“
Lob kommt Innenminister Thomas Strobl (CDU) für die Entscheidung des DGB, in diesem Jahr auf alle Kundgebungen zum 1. Mai zu verzichten. „Diese Entscheidung ist vernünftig und verantwortungsbewusst. Ich kann mir vorstellen, wie schwer dem DGB das fallen muss, auf diese Tradition freiwillig zu verzichten, in diesen Zeiten auf jegliche physische Demonstrationen zu verzichten. Ich habe vor der Tradition des DGB höchsten Respekt."
Doch der DGB handle klug und umsichtig, denn die Gesundheit der Menschen habe Priorität. "Auch als Innenminister bin ich über diese Entscheidung nicht unglücklich: Selbstverständlich schützt die Polizei das Demonstrationsrecht, doch in dieser Zeit der Corona-Pandemie ist das eine echte Herausforderung für die Polizistinnen und Polizisten. Und als Digitalisierungsminister freue ich mich, dass der DGB mit einem Live-Stream auf neue Wege setzt“, so Strobl abschließend.
In einigen Städten, darunter in Stuttgart und Heilbronn, wird es am 1. Mai symbolische Aktionen geben, um den Tag der Arbeit auch auf der Straße sichtbar zu machen. Dabei werden alle Schutzmaßnahmen eingehalten. Auch im Internet und auf verschiedenen Social-Media-Kanälen berichten Gewerkschafter, wie sie den Ausnahmezustand erleben, welche sozialen Errungenschaften ihnen jetzt Halt geben und welche gesellschaftlichen Defizite die Corona-Krise offenlegt.
Studierende der Hochschulen für öffentliche Verwaltung Kehl und Ludwigsburg berichten über ihr Praktikum im Rahmen des Praxisjahrs im Vertiefungsschwerpunkt Kommunalpolitik/ Führung im öffentlichen Sektor beim Staatsanzeiger.
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