Sondersitzung: Landtag Baden-Württemberg akzeptiert Corona-Maßnahmen

30.10.2020 
Redaktion
 

STUTTGART. Mit den Stimmen der Regierungsfraktionen Grüne und CDU hat der Landtag auch für Baden-Württemberg die neuen Corona-Maßnahmen akzeptiert, die die Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel beschlossen hatten. Nicht durchsetzen konnte sich die FDP mit dem Antrag, das Paket „zunächst nicht umzusetzen, weil der Runde vom Mittwochabend weder eine verfassungsrechtliche Stellung noch eine unmittelbare demokratische Legitimation durch die Wählerinnen und Wähler hat".

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) warb dagegen vehement für Verschärfungen, denn für Baden-Württemberg gelte die „Alarmstufe dunkelrot“.

Mehr als vier Stunden Zeit nahm sich das Parlament in der von der SPD angestoßenen Sondersitzung. Kretschmann nutzte die Gelegenheit, um noch einmal alle vereinbarten Maßnahmen zu erläutern Außerdem ließ er erkennen, dass die 16 Länderchefs und die Kanzlerin erwarten, mit ihren Maßnahmen auch vor den Gerichten zu bestehen. „Wir sind sicher, dass die Verhältnismäßigkeit hergestellt ist“, so der Ministerpräsident, „denn wir haben eine nationale Gesundheitsnotlage.“ Man müsse sich ja nur vorstellen, „wir hätten einen Zuwachs von 100.000 Fällen pro Tag“. Die Runde sei einig gewesen, dass die aktuelle Situation auch von den Gerichten berücksichtigt werden.

FDP wirft Regierung vor, ohne langfristige Strategie dazustehen

Kretschmann hob besonders die zehn Milliarden Euro Finanzhilfe des Bundes für alle Betroffenen hervor: „Ich will Ihnen ganz ehrlich sagen, über diese Frage haben wir am allerlängsten verhandelt.“ Nur wegen dieser Zusage hätten die Länderchefs dem Paket zustimmen können. Die Redner der Opposition beklagten eine unzureichende Einbindung des Parlaments. FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke warf der Regierung zudem vor, ohne langfristige Strategie dazustehen: „Was machen Sie, wenn diese Maßnahmen bis Ende November nicht fruchten? Sie haben dafür keinerlei Plan.“ Dem FDP-Argument von der fehlenden Legitimation der Regierungschefs widersprach Kretschmann vehement: Diese leite sich aus deren Richtlinienkompetenz ab. Außerdem sehe das Pandemiegesetz, anders als von Rülke dargestellt, keinen Parlamentsvorbehalt vor.

Für die AfD-Fraktion kritisierte Emil Sänze, wie das Parlament „zum Statisten der Regierung degradiert worden ist“. Es dürfe nicht weiter per Verordnungen und Erlässen „exorbitant“ in das Leben der Menschen eingegriffen werden.  Fraktionschef Bernd Gögel sprach von einer "Corona-Diktatur“. Als „abwegige Vorwürfe“ und "schlicht Demagogie“ wies Kretschmann dies zurück. Außerdem sei mit der AfD nicht vernünftig zu diskutieren, solange die für sich nicht geklärt habe, ob Corona noch gefährlich oder eine leichte Grippe sei.

Reinhart warnt davor, die Gefahr zu verleugnen

SPD-Landes- und Fraktionschef Andreas Stoch verlangte, dass "jede und jeder Abgeordnete hier im Haus in der Lage ist, über dieses wichtige, zentrale Thema zu diskutieren und die Entscheidungen, die hier getroffen worden sind, auch draußen gegenüber den Wählerinnen und Wählern zu vertreten". Das gehöre zum Kernprinzip der Demokratie. Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz ging in der Sache auf den "sehr großen Anteil an Infektionen, bei dem wir nicht wissen, wo die Menschen sich infiziert haben“ ein. Deshalb seien 75 Prozent der Ausbrüche nicht mehr zuzuordnen. Sein CDU-Kollege Wolfgang Reinhart warnte davor, die Gefahr zu verleugnen. Die sei real, „sie betrifft reale Menschen und ihre Gesundheit, und sie wird leider auch nicht kleiner, nur weil sie länger anhält“.

Nach den am Mittwoch gefassten Beschlüssen müssen Restaurants und Kneipen ab Montag für vier Wochen wieder schließen, ebenso wie Kosmetikstudios, Massagepraxen, Tattoo- und Fitnessstudios, Theater, Museen oder Kinos. In der Öffentlichkeit sollen sich nur noch maximal zehn Menschen aus dem eigenen und einem zweiten Hausstand gemeinsam aufhalten dürfen. Diese begrenzte Personenzahl gelte auch in den eigenen vier Wänden. Veranstaltungen werden gestrichen und Zuschauer in der Bundesliga wieder verboten. Kontakte zwischen Angehörigen und Bewohnern in Seniorenheimen, Krankenhäusern und Behinderteneinrichtungen sollen weiter möglich sein und Schnelltests auch für Besucher Kretschmann zufolge „mit Hochdruck“ eingeführt werden.


Kontakt

Ihre Ansprechpartnerin in der Redaktion

Redaktionsassistentin Staatsanzeiger
Doris Kugel
Telefon: 07 11.6 66 01-290
E-Mail senden

Unser Team

Ihr Kontakt zu unseren Redakteurinnen und Redakteuren

Zum Team

Praktikums-Tagebuch

Studierende der Hochschulen für öffentliche Verwaltung Kehl und Ludwigsburg berichten über ihr Praktikum im Rahmen des Praxisjahrs im Vertiefungsschwerpunkt Kommunalpolitik/ Führung im öffentlichen Sektor beim Staatsanzeiger. 

Zum aktuellen Tagebuch

Der Kommunal-Newsletter

Wissenswertes zu kommunalpolitischen Themen für Sie als Gemeinderat/Gemeinderätin mit einem wöchentlichen Newsletter direkt in Ihr E-Mail-Postfach. Abonnieren Sie jetzt den 
Kommunal-Newsletter.

Newsletter abonnieren