Stuttgart. Das Umwelt- und das Innenministerium prüfen derzeit eine Änderung von § 102 der Gemeindeordnung, um den Kommunen in Baden-Württemberg ein weitergehendes Engagement in der Energieversorgung zu ermöglichen. Stadtwerke und Zweckverbände könnten optimal auf die Wünsche vor Ort eingehen und reagieren sowie zugeschnittene Angebote für die Kunden entwickeln, begründete Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) am Donnerstag im Stuttgarter Landtag die Initiative seiner Fraktion. Diese ist der Auffassung, dass das in § 102 GO festgeschriebene grundsätzliche Verbot der überörtlichen Betätigung von kommunalen Unternehmen abgeschafft werden muss.
Im Rahmen der Energiewende und der damit verbundenen Veränderung hin zu einer dezentralen Versorgung komme den kommunalen Unternehmen der Strom-, Gas- und Wärmeversorgung wachsende Bedeutung zu, erklärte Wolfgang Rauleder (Grüne). Deshalb müsse ein zeitgemäßer Rahmen für die Kooperationen, Investitionen und Versorgungsleistungen der Kommunen geschaffen werden. „Wir drängen auf Änderung“, sagte er und forderte, die für die Energiewende wichtige Dezentralisierung voranzutreiben – denn: „Die Bürger machen mit.“
Auch Karl Klein (CDU) sprach sich dafür aus, die öffentliche Daseinsvorsorge neu zu ordnen. Seine Partei sei offen für die wirtschaftliche Tätigkeit von Kommunen innerhalb der rechtlichen Grenzen. „Denn dies kann die kommunale Selbstverwaltung stärken.“ Die CDU habe schon in der vergangenen Legislaturperiode die Bestimmungen an die aktuelle Entwicklung anpassen wollen, sei aber damals am Veto des Koalitionspartners FDP gescheitert, berichtete Klein. Es dürfe aber keine Genehmigung für allerlei Geschäfte der Kommunen und die Aushöhlung der Privatwirtschaft geben.
Für Walter Heiler (SPD) sind mehrere Betreiberformen denkbar. Selbstständige Kommunalanstalten seien ebenso vorstellbar wie eine GmbH oder AG, sagte der Bürgermeister von Waghäusel. Er sieht in den wirtschaftlichen kommunalen Energiebetrieben eine bessere Bindung der Einwohner an die Gemeinden.
Dagegen bekommt Andreas Glück (FDP) „Bauchweh“, wenn die „bisher gute Lösung abgeschafft oder verändert“ werden soll. „Warum wollen Sie die staatlichen Aufgaben ausweiten?", fragte er in Richtung Grüne und SPD. Glück befürchtet, die Landesregierung schaffe mit der Änderung der Gemeindeordnung „Konkurrenz zum Handwerk“. Dieses sei aber das Rückgrat und für den Wohlstand in Baden-Württemberg mit verantwortlich. Glück sieht nicht ein, dass der Staat Aufgaben übernehmen soll, wenn diese von einem Privaten gleich gut oder gar besser erledigt werden kann. Er verwies auch auf einen „unfairen Wettbewerb“ in Sachen Mehrwertsteuer; Private seien steuerpflichtig, kommunale Eigenbetriebe oder Zweckverbände nicht. „Es darf nicht zu einer Konkurrenz zwischen Staat und Handwerk kommen.“
Diese Befürchtungen teilt Untersteller nicht, auch im Hinblick auf die Energiekonzerne. Das optimale Angebot müsse sich immer im Wettbewerb bilden. Es sei daher nicht möglich, pauschal in jedem Fall einer Problemlösung durch Stadtwerke oder kleinere Energieversorger gegenüber einer Lösung durch Großunternehmer den Vorzug geben.
Studierende der Hochschulen für öffentliche Verwaltung Kehl und Ludwigsburg berichten über ihr Praktikum im Rahmen des Praxisjahrs im Vertiefungsschwerpunkt Kommunalpolitik/ Führung im öffentlichen Sektor beim Staatsanzeiger.
Wissenswertes zu kommunalpolitischen Themen für Sie als Gemeinderat/Gemeinderätin mit einem wöchentlichen Newsletter direkt in Ihr E-Mail-Postfach. Abonnieren Sie jetzt den
Kommunal-Newsletter.