Stuttgart. Anlässlich der bevorstehenden Kommunalwahlen plant die grün-rote-Regierung eine Gesetzesänderung des Kommunalwahlrechts. Unter anderem sollen Jugendliche schon ab 16 Jahren wählen können, teilte Innenminister Reinhold Gall (SPD) bei der Plenarsitzung an diesem Donnerstag mit.
Es sei wichtig, junge Menschen möglichst zeitig ins demokratische Geschehen einzubeziehen. Damit erhielten sie auch sämtliche Bürgerrechte, um damit in gleicher Weise wie volljährige Bürger an den Angelegenheiten der Gemeinde teilhaben zu können. Jugendliche sind dann auch berechtigt, Bürgeranträge zu unterzeichnen, an Bürgerentscheiden und Bürgerbegehren teilzunehmen und Bürgermeister zu wählen. Die Hälfte der Bundesländer habe bereits das aktive Wahlrechtalter auf 16 abgesenkt, deshalb sei es auch sinnvoll, dies in Baden-Württemberg einzuführen, so Gall.
Die Organisation und Durchführung von Kommunalwahlen muss in verschiedenen Punkten vereinfacht werden, wie es in der SPD-Drucksache heißt. So soll ein neues Berechnungsverfahren für die Sitzverteilung in den kommunalen Gremien das Wahlergebnis gerechter widerspiegeln. Wird bei Kommunalwahlen nach dem System der Verhältniswahl gewählt, erfolgt die Verteilung der auf die einzelnen Wahlvorschläge entfallenden Sitze in den Gremien bisher nach dem d’Hondt’schen Höchstzahlverfahren. Da dieses Verfahren nicht zu völlig proporzgerechten Ergebnissen führt, sondern zu einer gewissen Begünstigung größerer Parteien und Wählervereinigungen neigt, soll es durch das Höchstzahlverfahren nach Sainte-Laguë/Schepers, das bereits im Landtagswahlrecht Anwendung findet, ersetzt werden.
Zudem fordert die SPD die Abschaffung der Möglichkeit, bei Kreistagswahlen in zwei Wahlkreisen zu kandidieren. Diese Regelung, die bei den Kommunalwahlen 2004 und 2009 zur Anwendung kam, habe sich nicht bewährt. Die Regelung sei vor allem von kleinen und kleinsten Parteien genutzt worden, um in ihren Wahlvorschlägen mehr Bewerber aufführen zu können. Als weiteren Punkt nannte Gall die Bürgermeisterwahlen und Bürgerentscheide, die in Zukunft auch zusammen mit einer Volksabstimmung durchgeführt werden können.
In weiten Teilen stimmte Karl Klein (CDU) den Vorschlägen zur Gesetzesänderung zu. Heftigen Widerspruch gab es aber bei der Herabsetzung des Wahlalters. Die Jugendlichen seien noch nicht reif genug, und ohne jegliche Vorbereitung auf die Wahlen „werde das Pferd von hinten aufgezäumt“, sagte er. Klein forderte hingegen ein schlüssiges Konzept, bei dem die Jugend mehr in die Politik integriert werde.
Für Andreas Schwarz (Grüne), Befürworter des Wahlrechts ab 16, ist der Tag der Plenarsitzung ein „guter Tag für die Menschen und die Demokratie“. Das künftige Mitspracherecht der Jugendlichen sei mehr, als nur ein Kreuz auf dem Wahlzettel, sagte er. Das künftige Mitspracherecht stärke die Jugendlichen in den Kommunen und helfe, ihre Interessen besser zu vertreten.
Als Vater von fünf Kindern vertrat Nikolaos Sakellariou (SPD) die Ansicht, dass Jugendliche sehr wohl Interesse hätten, sich an der Politik aktiv zu beteiligen und widersprach damit Klein.
Ulrich Goll (FDP) bezeichnete den Gesetzentwurf als „regelrechte Enttäuschung“. Er forderte weitere Beteiligungsformen für Jugendliche wie den Jugendgemeinderat, auf den die SPD gar nicht eingegangen sei. In der FDP sei die Meinung über das Wahlalter gespalten, er persönlich findet aber, es richte keinen Schaden an. Trotzdem könne seine Fraktion dem Gesetzesentwurf der Regierung so nicht zustimmen.
Studierende der Hochschulen für öffentliche Verwaltung Kehl und Ludwigsburg berichten über ihr Praktikum im Rahmen des Praxisjahrs im Vertiefungsschwerpunkt Kommunalpolitik/ Führung im öffentlichen Sektor beim Staatsanzeiger.
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