Stuttgart. Der Einzelhandel stößt mit seiner Forderung nach neuen Regeln für verkaufsoffene Sonntage auf Unverständnis in der Landesregierung. Man sehe keinen Änderungsbedarf, auch weil bereits jetzt die Gemeinden das Maximum an drei Shopping-Sonntagen pro Jahr in der Regel nicht ausschöpften, teilte das CDU-geführte Wirtschaftsministerium auf Anfrage mit.
Das Ladenöffnungsgesetz sieht vor, dass Kommunen bis zu dreimal im Jahr den Verkauf am Sonntag erlauben dürfen. Dies muss aber einen bestimmten Anlass haben, etwa historische Stadtfeste. Der Handelsverband fordert, diesen Anlassbezug zu streichen. Dies wäre laut Ministerium wegen eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts aber nur sehr schwer möglich.
Es ist nicht ganz klar, wie sehr die Kommunen überhaupt auf diese Shopping-Tage setzen. Das Wirtschaftsministerium hat kürzlich eine Abfrage gemacht, an der sich aber nur 654 der 1101 Gemeinden in Baden-Württemberg beteiligt haben. Dem Papier zufolge haben von den Gemeinden, die geantwortet haben, 463 im vergangenen Jahr mindestens einen verkaufsoffenen Sonntag gehabt. Insgesamt waren es 990 solcher Shopping-Tage, was einen Schnitt von 2,1 ergibt. 191 Kommunen hatten der Abfrage zufolge keine solche Verkaufsaktion.
Laut dem Schreiben der Landesregierung - einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage des FDP-Abgeordneten Erik Schweickert - meldeten nur 15 Gemeinden einen Bedarf von mehr als drei Shopping-Sonntagen an, also oberhalb der Höchstgrenze.
Dem Handelsverband geht es nicht vorrangig um eine höhere Zahl der maximal möglichen Einkaufssonntage, vielmehr ist der Organisation vor allem der Anlass ein Dorn im Auge. „Wir können uns nie sicher sein, ob wir an einem Sonntag wie geplant aufmachen dürfen“, monierte Verbands-Hauptgeschäftsführerin Sabine Hagmann. Im vergangenen Herbst etwa wollten die Einzelhändler der Stuttgarter Innenstadt einen verkaufsoffenen Sonntag machen und gaben als Anlass die Feierlichkeit „Goldener Oktober“ an. Daraufhin machte die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi Druck und die Einzelhändler sagten ihr Vorhaben kurzfristig ab. Verdi hat bereits mehrfach gegen verkaufsoffene Sonntage ohne entsprechenden Anlass in Kommunen geklagt.
Der Handelsverband pocht darauf, den Anlass aus dem Gesetz zu streichen. „Dann hätten wir Planungssicherheit und könnten die bis zu drei verkaufsoffenen Sonntage flexibel festlegen“, sagte Hagmann. Vor einigen Jahren entschied das Bundesverfassungsgericht, es dürfe nur Sonntags-Verkäufe mit Anlass geben. Darauf bezieht sich auch das Wirtschaftsministerium - eine Änderung des Ladenöffnungsgesetzes könnte die vom Gericht festgelegte Anlass-Anforderung „nicht modifizieren“, so das Ministerium.
Aus Sicht des Verbandes könnte es dennoch möglich sein, dass der Gesetzgeber neue Vorgaben ohne Anlass macht, die in Karlsruhe Bestand hätten - „im Zweifel durch eine Grundgesetzänderung“, so Branchenvertreterin Hagmann.
Die oppositionelle SPD sieht hingegen keinerlei Notwendigkeit für Lockerungen von bestehenden Regelungen zum verkaufsoffenen Sonntag. „Der Handel hat sechs Tage in der Woche viel Zeit, um mit guten Produkten ordentlich Umsatz und gute Geschäfte zu machen“, erklärte SPD-Fraktionschef Andreas Stoch. Von den üblichen zugelassenen verkaufsoffenen Sonntagen abgesehen, sollten aus seiner Sicht am Sonntag die Geschäfte geschlossen bleiben. Der Sonntag müsse prinzipiell frei bleiben und dürfe nicht schleichend Werktag werden.
Der Fraktionsvorsitzende der FDP/DVP-Fraktion, Hans-Ulrich Rülke, hält weitere Flexibilisierungsmöglichkeiten bei den Regelungen zu verkaufsoffenen Sonntagen für dringend geboten. „Verkaufsoffene Sonntage sind eine wichtige Chance für die notwendige Belebung vieler Innenstädte“, so Rülke. „Für die Händler ist eine flexiblere, verlässliche und planbare Regelung wichtig.“ Die Landesregierung verweigere dazu jedoch jegliche Vorschläge und Diskussionen.
Studierende der Hochschulen für öffentliche Verwaltung Kehl und Ludwigsburg berichten über ihr Praktikum im Rahmen des Praxisjahrs im Vertiefungsschwerpunkt Kommunalpolitik/ Führung im öffentlichen Sektor beim Staatsanzeiger.
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