Stuttgart. Arbeitgeber und Gewerkschaften haben sich im Tarifstreit des öffentlichen Dienstes am Sonntag nach tagelangen Verhandlungen geeinigt. Vorgesehen sind demnach 4,5 Prozent mehr Gehalt in der niedrigsten Entgeltgruppe und 3,2 Prozent mehr in der höchsten Eingruppierung. Die Vereinbarung gilt rückwirkend zum 1. September und soll bis Ende 2022 laufen. Die ersten sieben Monate sind als Leermonate vereinbart.
Die Löhne und Gehälter sollen zunächst zum 1. April 2021 um 1,4 Prozent angehoben werden, mindestens aber um 50 Euro. Zum 1. April 2022 folgt dann eine Steigerung um weitere 1,8 Prozent. Auszubildende bekommen jeweils 25 Euro mehr.
Die Beschäftigten in Krankenhäusern und Pflege- und Betreuungseinrichtungen profitieren darüber hinaus von bis zu drei Zulagen: So haben die Arbeitgeber die Einführung einer Pflegezulage vereinbart. Diese beträgt ab dem 1. März 2021 70 Euro, ein Jahr später wird sie auf 120 Euro aufgestockt. Die monatliche Intensivzulage wird ab dem 1. März 2021 von 46,02 Euro auf 100 Euro angehoben und damit mehr als verdoppelt. Zugleich wird die Zulage für Beschäftigte, die ständig Wechselschicht leisten, ab dem 1. März 2021 von 105 Euro monatlich auf 155 Euro monatlich erhöht.
Nach Angaben der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) umfasst das Paket insgesamt ein Volumen von rund 4,9 Milliarden Euro. Den Bund belastet es mit 1,2 Milliarden Euro, weil der Abschluss wirkungsgleich für die Beamten übernommen wird. Der Kommunale Arbeitgeberverband Baden-Württemberg zeigte sich mit dem Ergebnis insgesamt gesehen zufrieden. Es seien die erwartbar schwierigen Verhandlungen gewesen, sagte Hauptgeschäftsführer Joachim Wollensak dem SWR. Wichtig sei es seiner Meinung nach, dass die Arbeitgeber jetzt Planungssicherheit hätten.
Auch Verdi Baden-Württemberghttps://bawue.verdi.de/ zeigte sich zufrieden: „Der heutige Kompromiss setzt auf diejenigen im öffentlichen Dienst Akzente, die es am meisten brauchen: die unteren und mittleren Einkommensgruppen sowie die Kolleginnen und Kollegen, bei denen eine Aufwertung überfällig ist, die Pflegekräfte“, sagte Landesbezirksleiter Martin Gross. In bis zum Schluss sehr schwierigen Verhandlungen sei es gelungen, Laufzeit und Volumen in ein deutlich besseres Verhältnis zu rücken und vor allem die Verteilung ausgesprochen fair und gerecht zu gestalten. „Über den öffentlichen Dienst hinaus ist es gut, dass ein einseitiger und langjähriger Sparkurs auf dem Rücken der Beschäftigten heute klar verhindert wurde.“
Nach Einschätzung des Deutschen Landkreistages geht der Kompromiss für die Kommunen „hart an die Grenze des Machbaren“. „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten in der Pandemie und darüber hinaus hervorragende Arbeit. Sie sollen daher selbstverständlich Anerkennung in Heller und Pfennig erhalten. Dies findet mit der Corona-Prämie für alle Beschäftigten sowie den Zuschlägen bei den Gesundheitsämtern und den Pflegenden auch seinen beachtlichen Niederschlag. Allerdings müssen wir ebenso Augenmaß bewahren, Steuerausfälle und gleichzeitig höhere Ausgaben der öffentlichen Hand im Blick behalten“, sagte Präsident Reinhard Sager. „Wir dürfen uns nicht selbst eine allzu schwere finanzielle Hypothek für die kommenden Jahre aufbürden. Mit Blick auf die zweite Infektionswelle und die unabsehbaren Folgen für die Wirtschaft, aber auch für die kommunalen Haushalte halten wir diesen Abschluss deshalb für gerade noch vertretbar.“ In diesen schwierigen Zeiten sei vor allem die Arbeitsplatzsicherheit im öffentlichen Dienst ein wesentliches Pfund. „Das darf man nicht unerwähnt lassen.“
Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Helmut Dedy, hält den Tarifabschluss für einen vertretbaren Kompromiss in schwieriger Zeit und stelle viele Städte vor große Herausforderungen. „Die Einigung bringt aber Planungssicherheit für die Kommunen bis Ende 2022, das ist wichtig“, sagte er. „Und sie sichert trotz der pandemiebedingten wirtschaftlichen Probleme einen Lohnzuwachs für die Beschäftigten, der ihre Leistungen anerkennt.“
In der dritten Tarifverhandlungsrunde für die rund 2,3 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen haben die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände und ihr Verhandlungspartner, der Bund, mit den Gewerkschaften Verdi und dem Beamtenbund verhandelt.
Studierende der Hochschulen für öffentliche Verwaltung Kehl und Ludwigsburg berichten über ihr Praktikum im Rahmen des Praxisjahrs im Vertiefungsschwerpunkt Kommunalpolitik/ Führung im öffentlichen Sektor beim Staatsanzeiger.
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