Finanzministerium schließt Beihilfeerhöhung nicht aus

27.11.2017 
Redaktion
 
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Stuttgart. Seit Jahren steigen die Gehälter der Beamten weniger an als die in der freien Wirtschaft. Dazu kommen Einschnitte bei der Beihilfe. Das ergibt sich aus einer Studie, die der Beamtenbund am 16. November präsentiert hat. Er sieht den Alimentationsgrundsatz teilweise verletzt. Das Finanzministerium schließt Korrekturen nicht aus.

Die Beamtenbesoldung in Baden-Württemberg könnte gegen das Grundgesetz verstoßen. Das ist das Ergebnis eines Gutachtens von Gisela Färber, Verwaltungswissenschaftlerin der Uni Speyer. Für diese Annahme spricht, dass bei drei von fünf Kriterien, die das Bundesverfassungsgericht 2015 definiert hatte, die maximale Abweichung überschritten sei.

Nach Ansicht von Beamtenbund-Landeschef Volker Stich, der das Gutachten bestellt hatte, „schrammt“ der Südwesten an der Grenze zur Verfassungsmäßigkeit vorbei. Gleichwohl denkt er nicht über eine Verfassungklage nach, sondern setzt auf Verhandlungen mit der Landesregierung.

Beamtenbund sieht drei Verstöße gegen Alimentationsgrundsatz

Das erste Kriterium, das laut Färber greift, ist der Abstand zwischen Beamten- und Angestelltengehältern im öffentlichen Dienst. Sie dürfen laut Verfassungsgericht in 15 Jahren nicht mehr als fünf Prozent auseinandergehen. Tatsächlich aber seien die Tarifgehälter deutlich stärker gestiegen; der Vorsprung auf den gehobenen Dienst betrage inzwischen 24 Prozent und mehr. Besonders groß sei der Unterschied im elften Berufsjahr mit 33 Prozentpunkten in E 12 (Angestellte) respektive A 12 (Beamte). Nach A 12 werden die meisten Grundschullehrer besoldet.

Das zweite Kriterium, das Färber anführt, ist die Differenz zur Gehaltsentwicklung außerhalb des öffentlichen Diensts. Dort seien alle Ämter ab A 11 betroffen, also Teile des gehobenen Diensts und der gesamte höhere Dienst. Der Unterschied beträgt rund 5,5 Prozent. Fünf Prozent innerhalb von fünf Jahren wären erlaubt.

Besonders kritisch sieht der Beamtenbund Kriterium drei: Der Mindestabstand zum Existenzminimum, den das Bundesverfassungsgericht bei 15 Prozent sieht, werde nicht überall eingehalten. Betroffen sind nach Angaben von Färber Berufsanfänger, die Familie haben, in einer Groß- und Universitätsstadt leben und schlecht bezahlten Jobs wie Justizwachtmeister, Sachbearbeiter im Finanzamt oder in der allgemeinen Verwaltung nachgehen. Im Land arbeiteten mehr als 1000 Beamte in diesem Bereich, so Stich.

Ursache dafür ist eine grün-rote Sparmaßnahme, gegen die der Beamtenbund seinerzeit heftig opponiert hatte und deren Rücknahme Stich nun fordert. Beamte, die seit 2013 eingestellt wurden bekommen nur 50 Prozent Beihilfe, auch wenn sie verheiratet sind und zwei oder mehr Kinder haben. Für zuvor eingestellte Kollegen liegt dieser Satz bei 70 Prozent. Zusatzkosten von 150 Euro pro Monat und Familie kämen so zusammen, in Einzelfällen könnten es auch 200 Euro sein. Netto lägen die Einkommen teilweise nur noch sechs Prozent über dem Existenzminimum.

Das Finanzministerium schließt eine Rücknahme der Senkung der Beihilfe nicht grundsätzlich aus, verweist aber darauf, dass „der Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum habe“. Dies ergebe sich aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. So sei auch denkbar, das Eingangsgehalt oder den Familienzuschlag zu erhöhen.

Verdi fordert mehr Geld für typische Frauenberufe

Einen ähnlichen Vorschlag macht Verdi. Auch die Dienstleistungsgewerkschaft sieht Handlungsbedarf, was die Beamtenbesoldung angeht. Allerdings setzt sie nicht bei der Beihilfe an, da sie dieses System ohnehin durch eine Bürgerversicherung ersetzen will. Nach Ansicht von Verdi-Beamtensekretär Markus Kling müssten jene Berufsgruppen, deren Einkommen laut Beamtenbund nahe am Existenzminimum liegen, besser entlohnt werden. Insbesondere Frauen würden profitieren, wenn die Bezüge in der Steuer- und in der allgemeinen Verwaltung stiegen.

Laut Finanzministerium werden im Übrigen alle fünf vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen Kriterien eingehalten. Dies habe eine Prüfung im Rahmen der Übertragung des Tarifergebnisses ergeben. Finanzministeriumssprecher Benjamin Hechler weist auch darauf hin, dass das Land in letzter Zeit unter anderem in Sachen Eingangsbesoldung den Beamten entgegengekommen sei.


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