Stuttgart. In der Bildungspolitik trennen Regierung und Opposition weiterhin Welten.„Ihr Konzept steht für Bildungsabbruch. Verlierer sind unsere Kinder“, kritisierte Volker Schebesta (CDU) am Donnerstag im Stuttgarter Landtag in der von seiner Fraktion beantragten Aktuellen Debatte die von der Landesregierung eingeleiteten Reformen. Grün-Rot komme nicht in die Gänge.
Nach Ansicht von Timm Kern (FDP) produziere „Murks“; die Reformen seien eine Mischung aus grüner Ideologie, rotem Dirigismus und ordnungspolitischem Blindflug. Es fehle der bildungspolitische Rahmen und die Regierung verfolge eine „Duftmarken-Politik“. Reformen würden eingeführt, ohne zu überlegen, welche Konsequenzen diese haben.
Kultusministerin Gabriele Warminski-Leitheußer (SPD) wies die Kritik zurück. Grün-Rot sorge für mehr Gerechtigkeit, um das Schulsystem im Südwesten „für den internationalen Wettbewerb gut aufzustellen“. CDU und FDP hätten in ihrer Regierungszeit die Bildungspolitik „in Beton gegossen“, deshalb seien sie abgewählt worden. Nach Meinung der Ministerin ist das dreigliedrige Schulsystem „der Totengräber“ für die Schulstandorte im ländlichen Raum.
Warminski-Leitheußer verwies auf die 1,1 Milliarden Euro, die von der neuen Landesregierung im Bereich der Bildung - einschließlich der Hochschulen . eingesetzt worden sind. Jedes Kind erhalte - soweit notwendig - Sprachförderung, durch den Wegfall der Grundschulempfehlung sei der Druck von Familien genommen worden. Außerdem bringe das integrative Schulsystem bessere Schulergebnisse. Zum Vorwurf des Stellenabbaus bei den Lehrer erwiderte die Ministerin, sie müsse die von der Vorgängerregierung hinterlassene Schuldenlast von einer drei Viertel Milliarde Euro abstottern. Jeder Schüler in Baden-Württemberg trage einen Altlasten-Rucksack in Höhe von 500 Euro.
Abgeordnete von Grünen und SPD verteidigten die Reformpläne. „Wir meinen es ernst mit dem Bildungsaufbruch“, stellte Sandra Boser (Grüne) fest. Grün-Rot könne aber in anderthalb Jahren nicht alles gut machen, was die CDU in 57 Jahren versäumt habe. Baden-Württemberg sei Schlusslicht bei den Ganztagesschulen und habe die wenigsten Krankheitsvertretungen. Boser verteidigte auch die Gemeinschaftsschulen; die Grundschulen im Lande seien deshalb so erfolgreich, weil dort das Prinzip der Gemeinschaftsschule praktiziert werde.
Gerhard Kleinböck (SPD) ging auf die demografische Entwicklung ein. Die Zahl der Schüler sei von 2002 bis 2010 um 10 Prozent gesunken, das Schulsterben gehe deshalb weiter. Er verteidigte das Zwei-Säulen-Modell (Haupt- und Realschulen sowie Gymnasien) der neuen Regierung, daneben gebe es auch weiterhin die Berufsschulen und die Sonderschulen.
Der Liberale Kern wertete die Proteste der Lehrerverbände als Unzufriedenheit an der Bildungspolitik. Kein Bereich der Politik von Grün-Rot stehe so im Kreuzfeuer und vor einem Scherbenhaufen wie die Bildung. Er reklamierte erneut den regionalen Schulentwicklungsplan und bilanzierte: „Baden-Württemberg läuft Gefahr, nachhaltig Schaden zu nehmen.“ Die Praxisferne der Reformen treibe Lehrer - wie ihn - zum Wahnsinn. Kleinböck konterte, die Schulpolitik werde von Kommunen und Verbänden mitgetragen. Schebesta prophezeite, die Regierung könne schön im nächsten Jahr ihre eigene Bildungspolitik nicht mehr durchfinanzieren. Der frühere Kultusminister Helmut Rau (CDU) warf seiner Nachfolgerin Warminski-Leitheußer vor, bei den Beratungen mit Finanzminister Nils Schmid (SPD) „kampflos“ die kw-Stellen aufgegeben zuhaben.
Studierende der Hochschulen für öffentliche Verwaltung Kehl und Ludwigsburg berichten über ihr Praktikum im Rahmen des Praxisjahrs im Vertiefungsschwerpunkt Kommunalpolitik/ Führung im öffentlichen Sektor beim Staatsanzeiger.
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