Lernbrücken: Kritik an Nachhilfeprogramm für schwächere Schüler

01.09.2020 
Redaktion
 
Foto: dpa/Sebastian Gollnow

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Stuttgart. Am Montag, zwei Wochen vor Schulbeginn, haben im Südwesten Nachhilfekurse begonnen, um schwächere Schüler für das neue Schuljahr vorzubereiten. Die sogenannten Lernbrücken sollen Wissenslücken aus der Corona-Zeit schließen.

Das Angebot ist vor allem für Schüler gedacht, die während des coronabedingten Schulausfalls im Frühjahr Probleme mit dem Unterricht zu Hause hatten und solche, die im vergangenen Schuljahr fast sitzengeblieben wären.

Landesweit bekommen etwa 61 500 Kinder und Jugendliche diese staatliche Nachhilfe. 6550 Lehrer an allgemeinbildenden Schulen sowie an Berufsschulen erklären Schülern Mathematikaufgaben und üben mit ihnen die deutsche Grammatik. Die Lehrer erhalten für jede geleistete Zeitstunde 40 Euro. Die Nachhilfeschüler haben pro Tag vier Stunden mit jeweils 45 Minuten Unterricht.

Gewerkschaft kritisiert beschränktes Fächerangebot

Schüler falls nötig auch in den Sommerferien zu fördern, das ist aus Sicht des Landesverbands der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) grundsätzlich begrüßenswert. Unterricht in Deutsch und Mathematik genüge aber nicht.

Zudem hätten gerade Schüler, die schon in den vergangenen Monaten von den Lehrern nicht erreicht wurden, kaum Interesse, nun während der Sommerferien Lernstoff zu büffeln. Die Kursorte seien ferner für manche schwer zu erreichen: Auf dem Land lebende Kinder und Jugendliche könnten Probleme bekommen, wenn dort, wie in Ferienzeiten üblich, nur wenige Linienbusse führen.

Auch der bildungspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Timm Kern, kritisiert den eingeschränkten Fächerkanon bei den Lernbrücken. „Bestimmt hätten viele Schüler auch gerne Hilfsangebote beispielweise in Englisch oder in den Naturwissenschaften bekommen“, sagte Kern.

FDP hätte sich Unterrichtseinsatz von Lehramtsstudierenden gewünscht

Das Kultusministerium habe überdies die Personalauswahl unnötig eingeengt. Einige Schulen hätten mit Lehramtsstudenten gemeinsam Lernbrücken geplant. Doch diese Studierenden dürften laut Kultusministerium nicht eingesetzt werden. Nicht einmal dann, wenn sie bereits das Erste Lehramtsstaatsexamen abgelegt haben. Daher hätten viele geplante Angebote letztlich nicht realisiert werden könne, so Kern.

„Die Lernbrücken in den Sommerferien ersetzen nicht die Förderangebote im laufenden Schuljahr“, mahnte Kern. Diese dürften nicht daran scheitern, dass Mittel oder Personal knapp seien. „Die Schulen sollten hierbei mehr Möglichkeiten der eigenständigen Personalrekrutierung erhalten und beispielsweise Absolventinnen und Absolventen des Ersten Lehramts-Staatsexamens einsetzen dürfen."

Auch der grüne Koalitionspartner hätte sich vom Kultusministerium den Einsatz von Lehramtsstudierenden bei dem Nachhilfeangebot des Landes gewünscht. „Das Lernbrücken-Programm bleibt weit hinter dem Notwendigen zurück“, bemängelte die Landesvorsitzende Sandra Detzer. Nach Angaben des Kultusministeriums selbst könnten nur rund sechs Prozent der Schülerinnen und Schüler an den Lernbrücken teilnehmen, so Detzer. „Um mit dem Angebot mehr Kinder zu erreichen, sollten dringend motivierte Studierende als Unterstützung herangezogen werden.“

Als Beispiel dafür, wie das gelingen könne verwies sie auf die Initiative von Studierenden der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg. Diese organisierten ehrenamtlich eine Summer School, bei der rund 250 Kinder von Sprachkursen, Matheangeboten oder Naturpädagogik profitieren konnten. Dieses Engagement aber habe Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) „weder anerkannt noch gefördert“, kritisierte Detzer. Das sei unverständlich. „Sie sollte die angebotene Hilfe dankbar annehmen und mehr Innovation wagen.“


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