Offensive für technische Bildung

04.10.2010 
Redaktion
 
Süßener Pilotprojekt nach drei Jahren bundesweit übertragbar

Süßen. Das Konzept „Technikfreundliche Stadt Süßen“ besteht aus 21 Modulen. Teils finden sie in Verbindung mit der Hochschule Esslingen am Standort Göppingen, Südwestmetall oder der Heldele-Stiftung statt. Nachdem die Konzeption seit Jahren um Module erweitert wurde und am 8. Februar im Gemeinderat der offizielle Startschuss fiel, sind mittlerweile die ersten Ergebnisse zu sehen. Aber auch Probleme tauchen auf.
„Die technische Bildung ist ein fließender Prozess, der sich durch alle Bildungseinrichtungen zieht. Das bringt viele Schnittstellen und Überlappungen mit sich“, erklärt Karin Nagel von der Beruflichen Bildung (BBQ) der Südwestmetall. Zwischen Kindergarten, Grund- und Förderschule oder Grund- und weiterführenden Schulen – überall gilt es, sich über Theorie, Zuständigkeiten, Örtlichkeiten, Materialien und Termine klar zu werden. Dafür gibt es seit rund einem Monat Ulrike Banzhaf, die als zentrale Schnittstelle im Kulturhaus auf alle Fragen der Schüler, Eltern, Lehrer und Unternehmer eine Antwort weiß. In den kommenden zwei Jahren wird es noch viele Unklarheiten zu beseitigen geben, ist sich die BBQ-Mitarbeiterin sicher.
Um das Modell „Technikfreundliche Stadt“ ab 2013 auf andere Kommunen übertragen zu können, benötigt es eine detailgetreue Dokumentation und Analyse der Probleme und Erfolge in Süßen. Diesen Part übernehmen Mitarbeiter und Studenten der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg. Sie erstellen ein Handbuch, das jede „Technikfreundliche Stadt“ künftig anleiten soll.

Momentan werden die Projekte analysiert und evaluiert

An den 21 Bausteinen beteiligten sich im vergangenen halben Jahr 500 Akteure aus dem Kreis Göppingen und darüber hinaus. Ende 2012 läuft das Modellprojekt in Süßen aus. Hier ein Zwischenstand zu den Entwicklungen:

Technolino: Naturwissenschaftliche Experimente für Drei- bis Sechsjährige im Kindergarten gibt es in Süßen seit zwei Jahren. Die Kindergärten sind mit Material und Know-How ausgestattet, die Kinder lernen mit Begeisterung. Studierende der Hochschule führen über Sozialstunden einmal im Monat mit den Kindern eigens hierfür entwickelte Versuche durch.

Technolino Plus: Das bewährte Technolino-Konzept der Kindergärten wird diesen Herbst auf die Grund- und Förderschule übertragen. Erst- und Zweitklässler können dann im Spiel die Naturelemente kennenlernen. Erzieherinnen, Lehrer oder Ausbilder leiten die Experimente an. Die Kinder sollen Staunen lernen, neugierig werden und ins Nachdenken kommen.

TecBox: Unterstützt den Technikunterricht der Dritt- und Viertklässler in den physikalischen Grundlagen wie Bewegung und Konstruktion. Diesen Herbst beginnt der erste Baustein „Energie“ in den Schullaboren. Auf die technischen Lehrmittel werden die Lehrer am 8. Oktober geschult.

Elternfortbildung: Durch steigende Ansprüche an die Schüler erhöhen sich die Anforderungen an deren Eltern. Neben dem Job gut zu erziehen ist nicht selbstverständlich. Deswegen schulen Multiplikatoren Eltern in dreistündigen Abendveranstaltungen in den „36 Gesetzen des Schulerfolgs“. Die ersten 20 Elternführerschein-Besitzer wurden im Juni von Elterntrainer Karl-Otto Kaiser ausgebildet und sind begeistert: „Ich nehme viele Anregungen mit nach Hause und in vielem wurde ich bestärkt“, erklärte beispielsweise Teilnehmerin Monika Passler. Im Oktober, November und Dezember folgen weitere Kurse.

Technik Orientierungsprojekt: Je zehn Förderschüler erweitern für sechs Monate in dieser zweistündigen AG wöchentlich ihr Berufswahlspektrum in den Bereichen Holz, Farbe, Fliesen (Handwerk), Metall, Elektro, Naturwissenschaften (Industrie), EDV und Präsentation. Geplant ist der Beginn der Arbeitsgemeinschaft ab 2011.

Berufswahlkompass: In Abgangsklassen erhält jeder Schüler eine Stärken-Schwächen-Analyse, (Persönlichkeits-)Coaching, (Bewerber-)Training und Chancen zur Berufsfeld-Erkundung durch Schnuppertage, Betriebsbesichtigungen etc. Die aktuellen Acht- und Neuntklässler der Süßener Realschule sind bereits mittendrin, ihre Fähigkeiten zu erforschen.

Junior-Ingenieur-Akademie: Maximal 18 Acht- bis Zehntklässler von Realschulen und Gymnasien werden hier für ein Jahr von Ausbildern, Lehrlingen, Professoren und Studenten in den Bereichen Maschinenbau, Elektronik, Mechanik, Sensorik, IT und BWL bei Projektarbeiten betreut. Lernorte sind auch Betriebe und Hochschule. Ein weiterer Kurs startet noch diesen Herbst.

Innovationspreis Technik: Eine Jury betrieblicher Ausbilder bewertet die elektrotechnischen und mechatronischen Projekte von Zehntklässlern in Realschulen. Sach- und Geldpreise für Schüler und Schulen sollen die Bedeutung des Fachs Technik stärken. Diesen Preis vergibt die Salacher Heldele-Stiftung bereits seit 2003 und integrierte das Projekt nun in die umfassende Konzeption der benachbarten, „Technikfreundlichen Stadt Süßen“.

Schüler-Ingenieur-Akademie SIA: 80 Schülerinnen und Schüler der Klassenstufe 11 (G8) befassen sich seit Schuljahresbeginn ein Jahr mit dem technischen Projekt „Formel 1 Parcours“, das Professoren, Hochschulingenieure, studentische Tutoren und betriebliche Führungskräfte unter der Leitung der Hochschule betreuen. Das Projekt fließt als Seminarkurs in die Abiturnote ein. Ein wesentlicher Bestandteil des Projekts sind auch Projektmanagement, Präsentation und Teampädagogik. SIA wir dieses Schuljahr zum zehnten Mal durchgeführt.

TeClub: Sechs- bis 14-Jährige aller Schularten können Mitglied werden. Regelmäßige Treffen stärken die Tüftlergemeinschaft. Workshops befassen sich mit Robotik, Hydraulik oder Magnetismus. Besuche von Firmen und technischen Museen stärken den Clubcharakter. Der TeClub ist ein Baustein, der sich an den Schulen erst noch entwickeln muss.

Ferienbetreuung: Im Sommerferienprogramm der Stadt Süßen sind zahlreiche Aktionen und Kurse vertreten, die sich mit biologischen, chemischen und physikalischen Phänomenen beschäftigen. Egal ob Kinder im örtlichen Fluss das Wasser und seine kleinen Lebewesen unter die Lupe nehmen oder die Zentripetalkraft von Wasser beobachten. Kinder erfahren hier, wie abenteuerlich und lustig Wissenschaft sein kann.

Pfiffikus: Maximal 20 hochbegabte Grundschüler treffen sich seit Beginn des Jahres nachmittags oder samstags schulübergreifend an der Hochschule in fünf Workshops, die spielerisch elektrische Schaltkreise oder Automatisierungen entwickeln.

Kinderuni: Acht- bis Zwölfjährige können einmal monatlich an der Hochschule eine kindergerechte Vorlesung besuchen, die im Studienbuch dokumentiert wird. Für jede Vorlesung müssen sich die Kinder im Rathaus einschreiben. Die Göppinger Kinder-Uni kommt bereits ins sechste Semester.

Gymnasium und Technik: 20 Gymnasiallehrer naturwissenschaftlicher Fächer bilden sich seit 2010 über zwei Jahre lang an der Hochschule in Sachen Mechatronik weiter, um das vierstündige Hauptfach „Naturwissenschaft und Technik“ bei Acht- bis Zehntklässlern lebensnah, praxis- und projektorientiert unterrichten zu können.

First Lego League: Bereits zum dritten Mal richtet die Heldele-Stiftung Robot-Games für Zehn- bis 16-Jährige aus, bei denen sich maximal zehnköpfige Teams von Schulen, Vereinen oder Firmenangehörigen acht Wochen mit einem Betreuer auf eine technische Aufgabe vorbereiten. Die Lego-Roboter müssen gebaut werden und Funktionen ausführen. Die Regionalsieger nehmen am Landeswettbewerb teil und können es bis in internationale Ligen schaffen.

Cheerleading: Den Eventcharakter der Lego League verstärken Cheerleader, für die es seit 2009 einen Wettbewerb gibt. Bewertet werden Synchronisation, Ausstrahlung, Ausführung und Kreativität. Eine Anleitung für Sportlehrerinnen wurde erarbeitet.

Girls’ Day Akademie: Neunt- und Zehntklässlerinnen können künftig in einer einjährigen AG ihre Technikaffinität ermitteln und technikorientierte Berufe kennen lernen. Projektmanagement und Betriebsbesichtigungen sind Teile der Inhalte.

Technik Erzieherinnen Akademie: In Kooperation mit der Uni Stuttgart werden seit diesem Jahr Erzieherinnen geschult, welcher Schwierigkeitsgrad und welche Methoden und Themen für Kindergartenkinder angemessen sind.

Lange Nacht der Technik: Nach dem Stuttgarter Vorbild „Lange Nacht der Museen“ möchten die Akteure den Süßener Bürgern an einem Wochenende die technischen und naturwissenschaftlichen Phänomene sowie das Konzept der „Technikfreundlichen Stadt“ auf lebendige Art näher bringen.


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