Opposition sieht sich in Rücktrittsforderung bestätigt

21.09.2018 
Von: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer
 
Redaktion
 

Foto: dpa

Stuttgart. Sozialdemokraten und Liberale haben erneut an Ministerpräsident Winfried Kretschmann appelliert, Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (beide Grüne) zu entlassen. Am kommenden Mittwoch liegt dem Parlament ein entsprechender Antrag vor, der allerdings keine Chance auf eine Mehrheit haben dürfte. Die beiden Oppositionsfraktionen werfen Bauer vor, in der Ludwigsburger Zulagen-Affäre „Parlament und Öffentlichkeit belogen“ zu haben. Durch Zeugenvernehmungen im parlamentarischen Untersuchungsausschuss an diesem Freitag sehen sie sich bestätigt.

Das Gremium hat sich, wie seine Vorsitzende Sabine Kurtz (CDU) ausführte, einem weiteren Komplex der aufwändigen Arbeit zugewandt. Geklärt werden soll, wie unabhängig jene Kommission arbeiten konnte, die Bauer 2014 eingesetzt hatte, um die Vorgänge an der Hochschule rund um die Vergabe ungerechtfertigter Zulagen und die Aufarbeitung durch die schlussendlich gescheiterte Rektorin Claudia Stöckle zu durchleuchten. Für SPD-Obmann Sascha Binder steht fest, dass die Mitglieder entgegen der Einschätzung der Ministerin nicht unabhängig arbeiten konnten, sondern „eher als Marionetten“ Bauers mit dem eindeutigen Ziel, die Abwahl Stöckles vorzubereiten.

Die Grünen widersprechen vehement. Für die CDU ist die Situation heikel, denn Vorsitzender der Kommission war Baden-Württemberg langjähriger Finanzminister Gerhard Stratthaus. Der wird in der nächsten Sitzung am 16. November gehört. Kurtz macht deutlich, dass sich die CDU zum jetzigen Zeitpunkt kein Urteil über Unabhängigkeit oder Abhängigkeit erlaube. Der Entlassungsantrag muss ohnehin ins Leere laufen, weil sich Grüne und CDU ganz grundsätzlich und per Koalitionsvertrag sowohl bei Sach- wie bei Personalfragen auf ein gemeinsames Vorgehen im Parlament verständigt haben.

SPD und FDP: Verlängerter Arm des Ministeriums kann nicht unabhängig sein

Die Einordnung der Vernehmung jenes Beamten im Wissenschaftsministerium, der die Geschäftsstelle der Kommission führte, verlief einigermaßen spitzfindig. Denn Binder zitierte aus dem Schriftsatz des Rechtsvertreters der Landesregierung, der das Gremium als verlängerten Arm des Ministeriums bezeichnete. Das könne aber auch „im Auftrag des Ministeriums arbeitend“ bedeuten, hieß es sogleich bei den Grünen. Unstrittig ist, dass die Kommission rechtlich als „Verwaltungshelferin“ agiert. Andernfalls hätte sie gar nicht tätig werden und in Ludwigsburg Beteiligte und Betroffene befragen können. Binder und FDP-Obmann Nico Weinmann leiten daraus ab, dass die Ministerin Weisungen erteilt hat. Man könne entweder als Verwaltungshelferin tätig sein, so Weinmann nach Ende der Sitzung, oder unabhängig arbeiten. Grünen-Obmann Thomas Hentschel, wie seine Kollegen von SPD und FDP ebenfalls Rechtsanwalt, mochte das allerdings nicht gelten lassen. Wer im Sinne einer Hilfestellung im Auftrag des Ministeriums arbeite, könne „selbstverständlich unabhängig" handeln. 

Der Zeuge gab außerdem zu verstehen, dass die Verantwortlichen in Bauers Ressort entschieden hatten, der Justiz weniger Akten vorzulegen als später im Hauptsacheverfahren, nachdem Stöckl ein Eilverfahren gegen ihre Abwahl angestrengt hatte. Tatsächlich unterlag die abgesetzte Rektorin zunächst, wenig später obsiegte sie: Das Verwaltungsgericht Stuttgart stufte die Abwahl als unrechtmäßig ein, verwies ausdrücklich auf die Arbeit der Kommission und befand, die Ministerin habe nicht ausreichend über deren Arbeit informiert. Für die AfD kritisierte der stellvertretende Ausschussvorsitzende Rainer Podeswa, „Bauer hat Raum gelassen für unterschiedliche Interpretationen: „Im Volksmund könnte man auch sagen, hier ist gelogen worden“.

Wissenschaftsministerin: Unterlagen ordnungsgemäß übersandt

Das Wissenschaftsministerin wollte den Vorwurf, die Akten unvollständig vorgelegt zu haben, nicht so stehen lassen. Noch am Abend wurde eine schriftliche "Klarstellung" verbreitet: Das MWK habe dem Verwaltungsgericht Stuttgart im Eilverfahren alle Akten vorgelegt, "die es besessen hat". Erst mit dem rechtskräftigen Abschluss des Eilverfahrens sein die Kommissionsarbeit beendet worden. Das Ministerium habe daraufhin die Kommission aufgefordert, "all ihre Unterlagen an das MWK zu geben". Diese seien dann ordnungsgemäß dem Verwaltungsgericht übersandt und den Untersuchungsausschuss vorgelegt worden. Und weiter: "Auf Nachfrage des VG Stuttgart, ob es auch die ergänzende Kommunikation zwischen MWK und Kommission einsehen kann, wurden diese Unterlagen ebenfalls übersandt. Auch diese liegen dem Untersuchungsausschuss vor. Der Vorwurf, dass das MWK bewusst Unterlagen nicht an das VG Stuttgart oder den Untersuchungsausschuss weitergegeben hat, ist deshalb falsch."


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