Stuttgart. Bei Ausschreibungen sollen nur noch Produkte berücksichtigt werden, die ohne ausbeuterische Kinderarbeit hergestellt wurden. So beschloss es der Landtag im Juni 2008 für die Landesverwaltung, gleichzeitig wurden den Kommunen empfohlen, sich ebenfalls daran zu halten.
Doch bis jetzt haben sich bloß 30 der insgesamt 1100 Kommunen im Land mit dem Thema befasst und ganz offiziell die „faire Beschaffung“ eingeführt. Die Unsicherheit über das richtige Vorgehen und die Angst vor höheren Kosten in der Beschaffung sind die Hauptgründe, warum die Kommunen bei diesem Thema zögern. „Der politische Wille ist da, aber es stellt sich die Frage, wie man es umsetzt“, beobachtet Kai Diederich vom Forum für Internationale Entwicklung und Planung (Finep) in Esslingen. Er berät Kommunen rund um das Thema Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit im Einkauf. Dabei stellt er eine steigende Nachfrage fest.
Der Impuls für das Thema geht entweder von der Verwaltung oder von der Politik aus. So ist es mal die Dienstanweisung der Verwaltung und mal der Beschluss des Gemeinderates, der am Anfang eines solchen Prozesses steht. Ist ein Beschluss gefallen gibt es drei große Themenbereiche, die Fragen aufwerfen: Welche Produkte sind betroffen? Welche Alternativen gibt es dazu? Und was muss bei Ausschreibungen beachtet werden?
Laut Kai Diederich ist nie die gesamte Beschaffung betroffen, sondern lediglich bestimmte Beschaffungsstellen. Gemessen an den Volumina seien Steine ein zentrales Thema in der kommunalen Beschaffung. Egal ob beim Straßenbau, in der Landschaftsgärtnerei oder als Fassadenverkleidung. Häufig werde das Material durch Kinderarbeit in den Steinbrüchen hergestellt. „Ausbeuterische Kinderarbeit spielt hier eine Rolle“, so der Experte. Daneben nennt er als weitere Produkte, die betroffen sein können, Bälle und Sportartikel, aber auch Spielzeug. Auch der Bereich Textilien sei betroffen, hier sind es insbesondere Einrichtungen wie Krankenhäusern die Bedarf haben. Ein kleinerer Bereich sei Kaffe, Tee und ähnliche Produkte die zum Konsum im Büro gebraucht werden. Auch wenn diese von der Geldmenge ehr geringer ist: „Hier kann man schnell ansetzten“, so Diederich.
Doch wie sieht es mit der finanziellen Seite aus wenn eine Kommune auf faire Beschaffung umstellt? „Aus unserer Erfahrung heraus kann man sagen, dass die Befürchtung einer Kostenexplosion nicht stimmt“, so Diederich. Wenn man sich den Bereich der Steine anschaue könne es hier Mehrkosten in einer Größenordnung von ein bis zwei Prozent geben.
Vielen Kommunen gelingt es, die Umstellung so gut wie Kostenneutral zu gestalten.
Wichtig ist es laut Diederich für die Umsetzung, dass das Wissen dauerhaft in der Verwaltung integriert wird. Außerdem müssen möglichst viele Mitarbeiter motiviert sein das Vorhaben mitzutragen.
Bei einer erfolgeichen Umsetzung könne dies am Ende auch eine Form des Stadtmarketings sein. Wenn eine Kommune das Thema ausblendet und sich am Ende rechtfertigen muss, warum ein Platz mit Steinen gepflastert wurde, die in Kinderarbeit hergestellt worden sind, kann dies hingegen schnell zum Image-Desaster werden.
Studierende der Hochschulen für öffentliche Verwaltung Kehl und Ludwigsburg berichten über ihr Praktikum im Rahmen des Praxisjahrs im Vertiefungsschwerpunkt Kommunalpolitik/ Führung im öffentlichen Sektor beim Staatsanzeiger.
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