Dritter Feinstaubalarm in Stuttgart: BUND fordert verbindliche Fahrverbote

10.03.2016 
Redaktion
 

Stuttgart. In der Landeshauptstadt gab es in dieser Woche zum dritten Mal in diesem Jahr Feinstaubalarm. Autofahrer sind aufgerufen, ihr Fahrzeug möglichst nicht zu benutzen und auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen. Komfort-Kaminöfen, die zusätzlich zu einer Zentralheizung betrieben werden, sollen aus bleiben, um die Feinstaubbelastung in Stuttgart zu senken.

 

Beim zweiten Feinstaub-Alarm hätten Messungen der Hintergrundbelastung beispielsweise in Bad Cannstatt ergeben, dass die Gesamtbelastung der Luft mit Schadstoffen nicht allein von der Verkehrsstärke abhängig ist. Viele Faktoren tragen zu den erhöhten und kritischen Werten bei – so auch die knapp 20.000 meist mit Holz betriebenen Komfort-Kaminöfen im Stuttgarter Stadtgebiet, heißt es von Seiten des Verkehrsministeriu

Noch keine Angaben über Verkehrsaufkommen

„Gerade im Pendlerverkehr von und nach Stuttgart kann jeder einzelne dazu beitragen, durch Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel oder durch Bildung von Fahrgemeinschaften die Schadstoffbelastung zu senken“, sagt Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne). Beim ersten Alarm im Januar hatten etwa fünf Prozent auf ihr Auto verzichtet. Eine Auswertung für den zweiten Feinstaubalarm liegt noch nicht vor. Der Leiter der Integrierten Verkehrsleitzentrale Stuttgart (IVLZ), Ralf Thomas, erklärte zum Verkehrsaufkommen in der Landeshauptstadt: „Seriös kann heute niemand sagen, ob nach Auslösung des Feinstaub-Alarms nun mehr oder weniger Autos auf Stuttgarts Straßen unterwegs waren. Wir beobachten das Verkehrsaufkommen, aber es gibt keine punktgenauen Verkehrszählungen.“ Man könne erst nach mehreren Feinstaub-Alarmen eine Auswertung machen, die genaue Rückschlüsse geben.

Für den Bund für Umwelt- und Naturschutz steht das Ergebnis bereits fest: „Die ersten beiden Feinstaubalarme waren weitgehend ein Flop“, so Landesgeschäftsführerin Sylvia Pilarsky-Grosch. Sie hätten gezeigt, dass sich das Mobilitätsverhalten der Autofahrer mit Freiwilligkeit und Appellen zu wenig ändere. Der BUND fordert spätestens ab Sommer Fahrverbote. Insbesondere Fahrverbote an einem Tag für gerade und am Folgetag für ungerade Autonummern seien eine schnell umsetzbare und gut praktikable Maßnahme. Was in europäischen Großstädten wie Rom möglich ist, sollte auch in Stuttgart machbar sein, so Pilarsky-Grosch.

 

Mittelfristig sind aus Sicht des BUND Baden-Württemberg alte Dieselfahrzeuge aus der Innenstadt komplett zu verbannen. „Die grüne Umweltplakette steht schon lange nicht mehr für Umweltfreundlichkeit. Wir müssen die Umweltzone auf ‚Blau‘ stellen. Nur Dieselmodelle, die den Abgasvorschriften der Euro-6-Norm entsprechen, sollen einfahren dürfen. 

EU hat Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet

Der Oberbürgermeister von Stuttgart, Fritz Kuhn (Grüne), erklärte: „Nicht der Feinstaub-Alarm ist das Problem, sondern der Feinstaub. Wir dürfen die Belastung der Luft in Stuttgart nicht auf die leichte Schulter nehmen. Deshalb müssen wir die EU-Grenzwerte für Feinstaub und Stickstoffdioxid einhalten, besser noch: deutlich unterschreiten - am besten freiwillig, notfalls unter Zwang.“

Weil Deutschland in mehreren Städten, darunter auch in Stuttgart, die Grenzwerte für Feinstaub und Stickstoffdioxid seit Langem überschreitet, hat die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleitet. Sofern keine Abhilfe geschaffen wird, wäre der nächste Schritt eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EUGH). Im Falle einer Verurteilung kann der EUGH Sanktionen wie zum Beispiel Zwangsgelder für jeden Überschreitungstag verhängen. Ein zu zahlender Tagessatz könnte im sechsstelligen Bereich liegen. „Wenn die Freiwilligkeit nicht zur nachhaltigen Verringerung der Schadstoffwerte führt, dann wird es ordnungspolitische Maßnahmen wie zum Beispiel Fahrverbote geben müssen“, so Kuhn. Das werde alle viel härter treffen, als jetzt nach Mobilitätsalternativen zu suchen.


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