Stuttgart. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat in seiner Regierungserklärung zur Energiewende eine positive Bilanz der grün-roten Energiepolitik im Land gezogen. „Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht“, betonte er an diesem Mittwoch im Landtag. Er nannte die Energiewende eine „Aufgabe von historischer Tragweite“, ein „Generationenprojekt“, aber auch „eine große Chance für das Land“.
Zentrale Projekte seien auf den Weg gebracht worden, dazu zählten beispielsweise die Novelle des Landesplanungsgesetzes und der Windenergieerlass. Außerdem stünden die Eckpunkte für ein Landes-Klimaschutzgesetz fest. Bei der Bundesregierung sehe er dagegen noch erheblichen Handlungsbedarf. Diese habe „ein Jahr verschlafen“.
Das Land habe sich jedoch auch beim Bund bereits deutlich eingebracht. So habe es sich erfolgreich für einen beschleunigten Atomausstieg eingesetzt und verhindert, dass ein Atomreaktor als Kaltreserve vorgehalten wird, dass beim EEG im Hinblick auf die Solarförderung ein Kompromis gefunden wurde und dass in die festgefahrenen Strukturen bei der Suche nach einem Endlager wieder Bewegung gekommen sei. Auch habe das Land nun Vorschläge für einen Kapazitätsmarkt vorgelegt, über den beispielsweise der Bau von Gaskraftwerken gefördert werden könnte.
Die Energiewende sei eine Chance für Wirtschaft und Gesellschaft, betonte Kretschmann. 500 Millionen Euro blieben durch den Ausbau der erneuerbaren Energien bereits heute weitgehend in Baden-Württemberg.Nach konservativen Schätzungen seien im Land mehr als 20 000 Vollzeitarbeitsplätze mit erneuerbaren Energien verbunden. Insgesamt seien im Südwesten 2010 rund 3,4 Milliarden Euro in Erneuerbare -Energie-Anlagen investiert und etwa 1,5 Milliarden Euro für deren Betrieb aufgewendet worden: „Sicher bleibt davon nicht jeder Euro im Land, aber wesentliche Anteile auf jeden Fall.“ Das Neue an erneuerbaren Energien sei ihr Demokratisierungspotenzial. Kretschmann: „Die Entscheidungen über die Energieerzeugung werden in Zukunft wesentlich stärker als bisher von unten getroffen.“ Da seien Bürger, Energie-Genossenschaften und Kommunen gefragt.
Bis 2020 sollen die erneuerbaren Energien im Südwesten einen Anteil von 38 Prozent an der Stromversorgung haben. Derzeit liegt der Wert bei 17 Prozent. Dabei hat die Versorgungssicherheit für Kretschmann höchste Priorität. Dazu müsse man auch beim Thema Netzausbau, Speichertechnologien und Kapazitätsmärkte schnell voran kommen. Auch müssten die Potenziale zur Energieeffizienz erschlossen werden.
Heftige Kritik an der Energiepolitik des Landes äußerte die Opposition. Hans-Ulrich Rülke, Fraktionschef der FDP, warf der Landesregierung vor, auf Bundesebene zu blockieren. Die Landesregierung verhindere eine „vernünftige und zukunftsfähige Umgestaltung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes“, sagte Rülke. Es müsse so umgestaltet werden, dass es nicht unmöglich werde in Gaskraftwerke als Backupkapazitäten zu investieren. CDU-Fraktionschef Peter Hauk wurde noch deutlicher: „Wir müssen Schritt für Schritt vom Vorrang der erneuerbaren Eenrgien wegkommen.“
Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) konterte scharf: „Wenn Sie den Einspeisevorrang kappen, dann ist es rum mit der Energiewende. Dann brauchen Sie auch den Netzausbau nicht mehr.“ Unterstützung bekam er von der Fraktionsvorsitzenden der Grünen, Edith Sitzmann: „Wenn wir die Energiewende wollen, brauche wir das EEG und den Vorrang der Erneuerbaren bei der Einspeisung.“ Sie warf Rülke und Hauk vor, dass sie zu den konventionellen Energien zurückkehren wollten und sich ins Abseits stellten. Auch SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel, sprach von „einer Wende rückwärts“, wenn man die erneuerbaren Energien nun dem freien Spiel des Markts überließe.
Darüber hinaus warf die Opposition der Landesregierung vor, sie habe im vergangenen Jahr bei der Energiewende nichts erreicht. Die Regierungerklärung sei rückwärtsgewandt und beinhalte in erster Linie Gemeinplätze, sagte Rülke. Hauk sagte, er habe sich von einem grünen Ministerpräsidenten nach über einem Jahr bei diesem Thema mehr erwartet. Rülke und Hauk forderten beide Versorgungssicherheit und bezahlbare Strompreise ein.
Schmiedel stellte klar: Man habe von dem, was man mit eigenen Bordmitteln in Baden-Württemberg machen könne, in dem Jahr bereits viel vorangebracht. In vielen Punkten sei man aber vom Bund abhängig.
Studierende der Hochschulen für öffentliche Verwaltung Kehl und Ludwigsburg berichten über ihr Praktikum im Rahmen des Praxisjahrs im Vertiefungsschwerpunkt Kommunalpolitik/ Führung im öffentlichen Sektor beim Staatsanzeiger.
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