Interessiert an der Uniform

18.10.2010 
Redaktion
 
Informationstag bei der Bundeswehr. Foto: Zimmermann

Villingen-Schwenningen. Seit drei Jahren bietet die Agentur für Arbeit in Villingen-Schwenningen eine Informationsreihe für Schüler aus dem Schwarzwald-Baar-Kreis an: „BiZ am Donnerstag – entdecke die Möglichkeiten …“ heißt sie. Zweimal jährlich dreht sich dabei alles um „Berufe in Uniform“.

Noch besser als die Mitarbeiter der Arbeitsagentur können Spezialisten potenziellen Bewerberinnen und Bewerbern die Wege weisen. Und so geben Einstellungsberater der Polizeidirektion Villingen-Schwenningen, der Bundespolizei und der Bundeswehr im Berufsinformationszentrum Antwort auf drängende Fragen: Welche Voraussetzungen müssen für eine Einstellung erfüllt sein?, zum Beispiel: Welche Laufbahnen gibt es und welche Aufstiegschancen? Auch Entwicklungen und Veränderungen in den Berufen werden besprochen: etwa die gesteigerten Anforderungen bei Einsätzen im In- und Ausland unter den Vorzeichen der Globalisierung.

Die Attraktivität sicherer Arbeitsplätze

Sehr gut ist der Zuspruch an diesem Donnerstag im Oktober: Mehr als 70 Jugendliche drängen sich um die vier Berater, die – kompetent, korrekt, freundlich – helfen, Entscheidungen fürs Leben zu treffen. Die Zahl der Interessenten hat sich im Vergleich zum Vorjahr nahezu verdoppelt. Das hat Gründe. Ulf Feichtinger, Einstellungsberater der Landespolizei, der Auskünfte zu den Ausbildungsgängen im mittleren und gehobenen Polizeidienst gibt, führt die Wirtschaftslage an: „Gegenläufig zur Krise steigt die Attraktivität der sicheren Arbeitsplätze“, die zudem „bereits in der Ausbildungsphase recht guten Lohn bringen“.

Auch habe die Landespolizei, für die derzeit jährlich 800 Beamte eingestellt würden, die Werbung verstärkt. Selbst im Kino laufe welche – alles im Sinne einer  „Bestenauslese“, die bei sechs Bewerbern auf eine freie Stelle gewährleistet sei.

Zu den Einstellungsvoraussetzungen zählt die deutsche Staatsangehörigkeit oder die eines EU-Landes, wobei Bewerber mit „Migrationshintergrund“ durchaus erwünscht sind; nach einem zehnjährigen Aufenthalt in der Bundesrepublik sind bei Bedarf auch Ausnahmen für Ausländer möglich.

Ein Mindestmaß für Polizisten

Unabdingbar sind ein einwandfreier Leumund, das Eintreten für die freiheitlich-demokratische Grundordnung, eine Mindestgröße von 1,60 Meter, die körperliche wie geistige Polizeidienstfähigkeit, geordnete wirtschaftliche Verhältnisse und nicht zuletzt die Fahrerlaubnis Klasse B.

Für den mittleren Dienst mit zweieinhalbjähriger Ausbildung zum Polizeimeister an den Polizeischulen ist die Mittlere Reife oder ein als gleichwertig anerkannter Abschluss vonnöten – bei einem Notendurchschnitt von mindestens 3,2. Die Altersgrenzen liegen bei 16,5 und 30 Jahren.

Wer in den gehobenen Dienst mit dreijährigem Studium an der Polizeifachhochschule nach Vorausbildung und Grundpraktikum will, braucht Abitur, Fachhochschulreife oder fachgebundene Hochschulreife mit einem Notendurchschnitt von wenigstens 3,0; bei Höchstleistung ist dann auch der Aufstieg in den höheren Dienst möglich.

Im Auswahlverfahren ist ein Diktat zu schreiben, ein Sprachverständnistest zu bestehen und ein computergestützter Intelligenztest zu meistern, der sprachliche, rechnerische und logische Denkfähigkeit prüft. Das alles unter Stress, da die Fülle der Aufgaben innerhalb der vorgegeben Zeit gar nicht zu bewältigen ist. Zudem werden Koordination, Schnelligkeit und Ausdauer im Sport geprüft; soziale Kompetenz, Belastbarkeit, Leistungsbereitschaft, Selbstkontrolle und Selbständigkeit müssen im multimedialen Interview unter Beweis gestellt werden.

Platz für Kritik

Kriminalitätsbekämpfung, Gewährleistung der Verkehrssicherheit, Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung erfordern umfassend geschulte Beamte. Sie werden im Training auf Konfliktsituationen vorbereitet, ethisch geschult und sollten firm sein in Staatsbürgerkunde - wissend um die besondere Verantwortung bei Eingriffen in die Grundrechte unter Gesetzesvorbehalt. Für „eine kritische Polizei“, die in Anhörungen nach Einsätzen bei Landes- und Bundespolitikern ein offenes Ohr finde, sei in der Demokratie der rechte Platz, meint Volker Gleichfeld vom Bundespolizeirevier Freiburg. Der Oberkommissar mit Erfahrung in Gorleben und Wackersdorf lehrt, Demonstranten „nicht als Gegner, sondern als Gegenüber“ zu begreifen. Als „Bürger ohne Uniform“, die pfleglich zu behandeln seien.

Zu den bekanntesten Einheiten der Bundespolizei gehört die GSG 9. Die Spezialeinheit ist zuständig für die Bekämpfung von Terrorismus und schwerer Gewaltkriminalität. Auch eine Fliegergruppe mit fünf Organisationseinheiten und zwölf betreuten Luftrettungszentren sowie drei Polizeiorchester gibt es bei der Bundespolizei.

Der Beruf des Polizisten setze voraus, „politischen Willen und politischen Auftrag zu unterscheiden“. Mit der „Personalgewinnung“ für die Bundespolizei ist Gleichfeld angesichts des Interesses „auf gleichbleibend gutem Level“ zufrieden: 400 offene Stellen, vorwiegend im mittleren und gehobenen Dienst, sind jährlich zu besetzen. Die Auswahlkriterien sind ein wenig schärfer als bei der Landespolizei. Die Ausbildung kann lediglich an der Bundespolizeiakademie in Lübeck erfolgen, das Studium mit dem Abschluss des Diplomverwaltungswirtes ausschließlich an der Fachhochschule des Bundes in Brühl bei Köln, wo Betriebs- und Volkswirtschaftslehre, öffentliche Finanzwirtschaft, Psychologie, Zivilrecht sowie Staats- und Verfassungsrecht auf dem Lehrplan stehen. Auf heimatnahen Einsatz können da bloß Beamte des mittleren Dienstes aus Baden-Württemberg hoffen, das diesen forciert.

Am Bahngleis und auf See

Die Aufgaben der Bundespolizei reichen vom Grenzschutz über die Bahnpolizei und Aufgaben zur See bis zum Schutz vor Angriffen auf die Sicherheit des Luftverkehrs, was die Passagierkontrollen  ebenso einschließt wie die Flugbegleitung durch Beamte in Zivil, sogenannte „Sky-Marshalls“.

Zu Kriminalitätsbekämpfung, Gefahrenabwehr, Aufklärung in der Terrorismusbekämpfung kommen internationale Einsätze zum Schutz diplomatischer und konsularischer Vertretungen im Ausland sowie „Einsätze zur Friedenssicherung“ im Rahmen von Missionen der Vereinten Nationen und der Europäischen Union. Auch besondere Aufgaben wie die Dokumentenprüferschulung und die Ausbildung der Grenzpolizei nach EU-Richtlinien in den östlichen Nachbarstaaten sind möglich, zum Beispiel in Georgien.

An Afghanistan führt kein Weg vorbei

Auslandseinsätze sind bei der Bundespolizei freiwillig, bei der Bundeswehr für Zeit- und Berufssoldaten dagegen verpflichtend. Aktuelle Ereignisse und die Berichterstattung in den Medien bleiben nicht ohne Wirkung auf die jungen Leute, die sich für den Soldatenberuf erwärmen, darunter zunehmend Frauen, die 8,6 Prozent der Stellen innehaben – bei einer von der Regierung gewünschten Quote von 15 Prozent.

Anschläge in Afghanistan lassen das Interesse für kurze Zeit abkühlen, langfristig aber nicht. „Die Bewerberlisten bei den Zentren für Nachwuchsgewinnung“ der deutschen Streitkräfte „sind so voll wie lange nicht“, erklärt Oberleutnant Johann Drotleff von der Wehrdienstberatung Donaueschingen.

Bevor ein Feldwebel freilich in den Krieg ziehe, müsse er dreieinhalb Dienstjahre hinter sich bringen und über die notwendige militärische Ausbildung verfügen: Sie umfasse aktuelle Informationen und Erfahrungen aus dem laufenden Einsatz, dessen konkreten rechtlichen Grundlagen, landeskundliche Besonderheiten und Verhaltenstraining für besondere Situationen. Dabei lernten die Teilnehmer der Lehrgänge die stetig steigende Gefahr durch unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtungen kennen; Krisensituationen würden simuliert, der sichere Umgang mit modernen Waffen trainiert.

Besondere Herausforderungen

Wie Stabsfeldwebel Silvio Giordan weist auch Drotleff die Ratsuchenden auf die hohen körperlichen, geistigen, seelischen Belastungen im Einsatz hin. Dass Soldaten Herausforderungen begegneten, die mit militärischen Mitteln nicht zu meistern sind, wird nicht verschwiegen. Armut und Elend der Bevölkerung zum Beispiel. Auch mit einer ständigen Bedrohungs- und Gefährdungslage muss man umgehen können.

Wer sich nach Selbstprüfung und bestandenen Tests für geeignet hält, dem bietet die Bundeswehr Berufschancen auf allen Ebenen. Jährlich 20 000 Arbeitsplätze für Offiziere, Feldwebel, Fachunteroffiziere, Mannschaftsdienstgrade hält die Bundeswehr bereit – bei 120 000 Bewerbern. Rund 100 Beraufausbildungsmöglichkeiten gibt es - je nach schulischer Qualifikation vom Arzthelfer über den Mechatroniker bis zum Politikwissenschaftler.

Nach der Dienstzeit zum Studium

Und nach Ablauf der Dienstzeit gibt es den Berufsförderungsdienst, wie die Übergangsbeihilfe in das zivile Berufsleben heißt: Meisterbrief oder Studium ohne Gebühren bei vollem Gehalt sind für manchen jungen Mensch im Berufsinformationszentrum jedenfalls ein stichhaltiges Argument für einen Beruf in Uniform.


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