"Ich bin ruhiger geworden"

04.09.2014 
Redaktion
 

Erst der Weißwein, dann der Rotwein, dann neun Charakterfragen. Im zweiten Teil des Sommerinterviews zeigt sich SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel von seiner privaten Seite. Wobei die Zeiten, da Schmiedel in seiner Freizeit Trauben anbaute, vorbei sind. Die Distanz – der Weinberg liegt etwa 100 Kilometer von Ludwigsburg, seinem Wohnort, entfernt – hat sich als zu groß erwiesen.

Staatsanzeiger: Wie wird der Wein in diesem Jahr?

Claus Schmiedel: Wenn man das wüsste. Wenn das Wetter so nass bleibt, dann begünstigt das natürlich die Fäulnis. Das heißt: Was wir brauchen – und ich hoffe, diese Woche kommt es –, sind warme Tage und kühle Nächte. Dann wird er gut.

Und welchen Wein bevorzugen Sie?

Weißwein: Weißer Burgunder. Und beim Rotwein am liebsten Lemberger. Aber nicht irgendeinen. Entscheidend ist die Maischegärung. Viele kochen ihn bei 80 Grad – wie Marmelade. Das führt zum Aromaabbau. Das Ergebnis ist ein Einheitswein ohne Charakter.

Eitel, charmant, cholerisch, aufbrausend, altväterlich, schroff und verbindlich, durchsetzungsfähig und eigensinnig. Welche dieser Eigenschaften nehmen Sie gerne für sich in Anspruch – und welche charakterisieren Sie wirklich?

Eitel bin ich nicht. Sonst säße ich heute in der Regierung und würde mich mit dem Wort Minister schmücken. Was ich aber schon anstrebe, ist Einfluss. Dafür bin ich in der Politik. Und ermöglicht mir die Position als Fraktionsvorsitzender mehr, als es ein Fachminister in der ganzen Breite kann. Der hat halt in seinem Ressort mehr Einfluss. Ich in der Breite der Politik.

Charmant?

Bemühe ich mich auf jeden Fall.

Cholerisch?

Ich bin ruhiger geworden.

Nun sagen Sie nicht, dass sei dem Alter geschuldet.

Nein, einfach der Einsicht, dass ein Regierungsapparat nicht einfach per Ordre de Mufti Dinge anders macht, dass Dinge auch manchmal Zeit brauchen und dass es auch nicht ganz unvernünftig ist, Dingen Zeit zu lassen.

Altväterlich?

Das glaube ich nicht. Ich habe junge Kinder, ich bin ein junger Vater. Die werden zwar auch langsam flügge, aber noch nicht so wirklich. Ein Sechzigjähriger heute ist so wie ein Mittelvierziger vor 50 Jahren. Die Relationen haben sich alle ein bisschen verschoben. Die Rock’n’Roll-Generation, die jetzt älter wird, die bleibt halt Rock’n’Roll-Generation.

Schroff?

Bin ich schroff? Nö.

Verbindlich?

Nicht allgemeinverbindlich. Ich lege schon Wert auf Verbindlichkeit, auf klare Absprachen und auch auf die Einhaltung von Zusagen.

Sind Ihnen die Grünen zu unverbindlich?

Manchmal. Wir haben ja eine Diskussion über das Bildungszeitgesetz. Und das haben wir in drei Runden bei der Aushandlung des Koalitionsvertrags so formuliert am Ende der Diskussion. Und wenn dann plötzlich der Eindruck vermittelt wird, als sei da nichts vereinbart, als sei das alles offen und vage, dann kann ich schon explodieren. Das bin ich dann auch. Zwei Mal Überzeugungsarbeit zu leisten an dieser Stelle – dazu habe ich einfach keine Lust. Wir haben die einmal geleistet bei der Formulierung des Koalitionsvertrags. Da steht eindeutig und ganz klar drin, was beabsichtigt ist. Und deshalb wird es auch so kommen.

Durchsetzungsfähig?

Ja, da wo ich eine Durchsetzungschance sehe. Ich renne nicht unnötig gegen die Wand, schon gar nicht mit dem Kopf. Aber wenn da eine Lücke in der Mauer ist, dann versuche ich natürlich, da auch etwas zu erreichen.

Eigensinnig?

In 98 Prozent der Fälle sind die Positionen, die ich vertrete, schon in der Fraktion besprochen. Manchmal gibt es allerdings auch Situationen, wo man ein bisschen vor der Fraktion marschieren muss, um etwas zu erreichen. Aber dann habe ich nachträglich immer das Plazet. Also ich marschiere nicht irgendwo, ohne dass die Truppe hinter mir ist.


Kontakt

Ihre Ansprechpartnerin in der Redaktion

Redaktionsassistentin Staatsanzeiger
Doris Kugel
Telefon: 07 11.6 66 01-290
E-Mail senden

Unser Team

Ihr Kontakt zu unseren Redakteurinnen und Redakteuren

Zum Team

Praktikums-Tagebuch

Studierende der Hochschulen für öffentliche Verwaltung Kehl und Ludwigsburg berichten über ihr Praktikum im Rahmen des Praxisjahrs im Vertiefungsschwerpunkt Kommunalpolitik/ Führung im öffentlichen Sektor beim Staatsanzeiger. 

Zum aktuellen Tagebuch

Der Kommunal-Newsletter

Wissenswertes zu kommunalpolitischen Themen für Sie als Gemeinderat/Gemeinderätin mit einem wöchentlichen Newsletter direkt in Ihr E-Mail-Postfach. Abonnieren Sie jetzt den 
Kommunal-Newsletter.

Newsletter abonnieren